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Der Sucher (German Edition)

Der Sucher (German Edition)

Titel: Der Sucher (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Brandis
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finden, mich zu töten.«
    Ich nickte. Wenn zwei versuchen wollten, hier rauszukommen, ging es sicher auch zu dritt.
    Unsere Flucht hatte begonnen.

Yneas Geheimnis
    Die Halbmenschen machten mir keine Vorwürfe wegen der Experimente mit der Schale. Dafür war sowieso keine Zeit. Noch war ich nicht draußen aus der Burg. Fast lautlos huschten sie voran, führten mich durch entlegene Gänge, und ich und Jini stolperten hinter ihnen her. Ich hatte keine Ahnung, wohin sie uns führten.
    »Versuch es am besten über die Berge, Jederfreund«, knurrte Cchrando. »Dort sind weniger Soldaten, weniger. Vielleicht schaffen sie es dort nicht, dich wieder einzufangen.«
    Über die Berge im Norden von Alaak gelangte man sogar bis nach Vanamee. Aber würde ich das schaffen? Ohne Ausrüstung und ziemlich angeschlagen?
    »Leider können meine Brüder dir in der Nähe der Burg nicht helfen, wegen der Quelle «, sagte Cchrando, als hätte er meine Gedanken gelesen. »Aber wir haben ein paar Störche gebeten, nach euch zu schauen.«
    »Weißt du, wo – äh – Kleine Welle und Lilienmann zur Zeit sind?«
    »Unsere Brüder haben ihnen die Nachricht gebracht, und sie sind aus Nerada zurückgekommen. Sie sind jetzt nah im Weißen Wald.«
    Ich schöpfte Hoffnung. Meine Reisegefährten, meine Freunde, waren in der Nähe! Wir würden uns schon irgendwie finden. Und gemeinsam ging alles leichter.
    Mi‘raela sagte nichts. Ich merkte, dass sie gegen den Einfluss der Quelle ankämpfen musste. Hoffentlich musste sie den Fluchtversuch nicht im letzten Moment abbrechen.
    Gemeinsam führten die Halbmenschen uns tief hinein in die Burg, in Regionen, in denen die Gänge nicht mehr mit Reliefs verziert waren, sondern aus rohem Stein oder aus Erde bestanden. Schließlich kamen wir zum Eingang eines kleinen Tunnels. »Wenn du hier durchkriechst, kommst du raus. Den Weg haben unsere Vorfahren gegraben, vor langer Zeit. Niemand darf wissen, dass es ihn gibt, niemand!«
    »Niemand wird es erfahren«, versprach ich. Dann wandte ich mich Mi‘raela zu. »Es wird Zeit, Schwester. Hast du die betäubenden Kräuter?«
    »Ja. Es war sehr schwer, sie zu bekommen.« Mi‘raelas Pfotenhand zitterte, als sie mir das Fläschchen gab. Ich setzte es ihr an die Lippen, sie selbst konnte es wegen der Quelle nicht. Zweimal zehn Atemzüge später sank sie ohnmächtig zu Boden. Besorgt beugte ich mich über sie, aber sie atmete noch.
    Der Tunnel war so niedrig, dass ich mich auf den Bauch werfen und hineinrobben musste. Es roch nach feuchter Erde und Moder. Mühsam drehte ich mich um und packte Mi‘raela an einem Bein. Gemeinsam zogen und zerrten Jini und ich die Katzenfrau durch den schmalen Tunnel. Schon nach zwei Menschenlängen blieben wir stecken. Nichts ging mehr voran. Jini schluchzte vor Verzweiflung.
    Verbissen kratzte ich mit der gesunden Hand Erde und Kiesel weg, um uns mehr Platz zu verschaffen. Trotzdem blieben wir bald darauf wieder stecken. Ich war fast am Ende meiner Kraft, hätte mich am liebsten einfach hingelegt und aufgegeben. Oder die Katzenfrau liegen lassen, um so schnell wie möglichst allein nach draußen zu kriechen. Aber das ging nicht. Schließlich hatte ich Mi‘raela etwas versprochen, und ein verdammter Sucher hält seine verdammten Versprechen. Auch wenn er sonst alle um sich herum ins Unglück stürzt.
    In völliger Dunkelheit krochen wir voran, eine Fingerbreite, dann noch eine. Nach einer kleinen Ewigkeit spürte ich endlich einen Luftzug. Ein paar Atemzüge später waren wir draußen. Von außen hätte man den Eingang für den Bau eines Tiers halten können, und er war mit Dornengestrüpp getarnt.
    Gierig sog ich die frische, reine Luft ein. Frei! Aber wie lange? Durch das Gestrüpp konnte ich grau und düster die rechte Flanke der Burg aufragen sehen. Nichts wie weg!
    Jini wirkte verunsichert, blinzelte wie ein Maulwurf, den man ans Licht gezerrt hatte, und kauerte sich zusammen. Anscheinend war sie lange nicht mehr außerhalb der Burg gewesen. »Los, pack mit an!«, fuhr ich sie an, um sie aus ihrer Starre zu reißen. Gemeinsam trugen wir die noch immer schlafende Mi‘raela weiter in Richtung der Berge.
    Ich blickte mich um, sah hoch zum Himmel. Wo war mein Ska? War er in der Nähe geblieben? Zum ersten Mal benutzte ich meine neue Gabe bewusst, versuchte, ihn wortlos zu rufen, seinen Gedanken nachzuspüren. Es klappte. Ich fand ihn hoch über den Bergen, wo er unruhig Ausschau hielt. Als er mich spürte, nahm er sofort Kurs auf mich.

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