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Der Sucher (German Edition)

Der Sucher (German Edition)

Titel: Der Sucher (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Brandis
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an.
    Vielleicht würde es ihm die Angst nehmen, wenn ich die Bündnisformel sagte. » Der Klang der Wellen, der Ruf der Tiefe verbindet uns«, flüsterte ich und fügte lauter hinzu: »Ich versuche bloß, dir zu helfen. Wart‘s nur ab, bald kannst du wieder zurückschwimmen zu deinem Nest.«
    Er konnte noch nicht sprechen, aber er sah mich die ganze Zeit an, während ich mich um seine Verletzungen kümmerte. Ich ließ ihn nur ungern auf der Insel liegen, doch am Abend musste ich zurück, und zum Mitnehmen war er zu schwer.
    »Du hast einen neuen Schützling«, sagte mir Udiko auf den Kopf zu, als ich in der Luftkuppel auftauchte und eilig begann, ihm bei den Vorbereitungen des Nachtmahls zu helfen. Ich prüfte schnell meine Hände und meine Schwimmhaut, aber ich hatte nirgendwo Blutspuren und roch auch nicht nach Kröte. Verlegen streichelte ich den Salamander, der sich an meinen Hals schmiegte. »Ja, einen verletzten Krötenmenschen. Ähm ... Wie hast du das gemerkt?«
    Udiko grinste. »Du hast dann einen sehr beschäftigten Blick. So, so, ein Krötenmensch. Ein Treck-Opfer, was? Es bringt nichts, sie retten zu wollen. Die Skagaroks erwischen sie schließlich doch. Außerdem werden jedes Mal so viele verletzt, dass es fast keinen Unterschied macht, ob du ein paar durchkriegst.«
    »Für den einen, den ich rette, macht es einen großen Unterschied«, widersprach ich. Ich hoffte, dass er sich irrte mit seiner Vorhersage. Zu meinen kleinen Geheimnissen gehörte, dass mir hin und wieder mein zahmer Ska folgte. Das einstige Küken war inzwischen fast ausgewachsen; seine in prächtigem Blauschwarz schimmernden Flügel waren so lang wie meine ausgebreiteten Arme. Manchmal zwickte er mich spielerisch mit den Zähnen und flog Scheinangriffe auf mich, aber er versuchte nicht, mich mit den Krallen zu packen – richtig wehgetan hatte er mir noch nie. Er hatte gesehen, dass ich mich um den Krötenmenschen kümmerte, und würde mit etwas Glück dafür sorgen, dass sich seine Artgenossen nicht an ihm vergriffen.
    Am nächsten Tag schaffte ich es wieder, bei dem Krötenmenschen vorbeizuschauen. Diesmal hatte ich zwei Hand voll saftige Wasserkäferlarven dabei, einen Heiltrank und eine Salbe für seine Wunden. Hoffentlich lebte mein neuster Schützling noch!
    Ich fand den Halbmenschen im Flachwasser, wo ich ihn zurückgelassen hatte; mein Ska saß auf einem Uferfelsen und wachte über ihn. Misstrauisch beobachtete der Krötenmensch abwechselnd den großen, wolfsköpfigen Vogel und mich.
    »Alles klar? Fühlst du dich besser?«, fragte ich den Halbmenschen, während ich ihm behutsam die Larven in den breiten Mund schob. Noch wirkte er sehr apathisch, aber ich fand erstaunlich, wie schnell seine Knochenbrüche heilten.
    Auf meine Frage bekam ich keine Antwort. Noch traute er mir nicht. Erst am dritten Tag machte er plötzlich den Mund auf. »Ska guuut«, sagte er und deutete mit dem Kopf auf meinen geflügelten Freund, der wieder mal auf dem Uferfelsen hockte, sich gelangweilt mit der Zunge das Gefieder putzte und darauf wartete, dass ich mich mit ihm beschäftigte.
    Freude durchströmte mich. Endlich redete er! »Ja, der ist ein Freund von mir. Sag mal, wie heißt du eigentlich? Und in welchem Nest bist du zu Hause?«
    »Uu‘war«, sagte er. »Uu‘war, dus ich bün.«
    Sein Daresi war längst nicht so gut wie das von Ri‘naldus. Aber ich verstand so ungefähr, was er meinte. Mir fiel auf, dass ich mich ihm bisher nicht vorgestellt hatte. »Ich bin Tjeri. Sucher-Lehrling vom Xanthu-See.«
    Doch zu meiner Überraschung schüttelte der Krötenmensch den Kopf. »Jedurfrund«, sagte er und sah mich mit seinen goldenen Augen unverwandt an.
    Jederfreund? Es dauerte ein paar Atemzüge, bis ich begriff und mich freute. Das war mein neuer Name, unter dem ich in Zukunft bei den Halbmenschen bekannt sein würde! Ich hatte zwar davon gehört, dass sie den Leuten, mit denen sie zu tun hatten, Namen gaben; aber die Storchenmenschen auf Durchreise in Uskali hatten mich immer nur »Dörfling« gerufen oder sich über mich lustig gemacht; sie spotteten für ihr Leben gern.
    Uu‘war beobachtete mich, wartete auf meine Reaktion.
    »Danke – es ist ein guter Name«, sagte ich, und unsere Blicke trafen sich. In diesem Moment verstanden wir uns, obwohl wir so unterschiedlich waren wie Winter und Sommer.
    Bei meinem nächsten Besuch war der Krötenmensch verschwunden; er war wohl stark genug gewesen, um zu seinem Nest zurückzuschwimmen. An diesem

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