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Der Sucher (German Edition)

Der Sucher (German Edition)

Titel: Der Sucher (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Brandis
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ich fest, dass ich einen Riesenhunger hatte. Warum also nicht? Außerdem war ich neugierig darauf, wie die Leute der Luft-Gilde lebten.
    Schon bei meiner Flucht vor den Iltismenschen hatte ich festgestellt, dass man fürs Schwimmen und fürs Klettern die gleichen Muskeln braucht. Obwohl Wynn flink nach oben turnte, hatte ich keine Probleme, ihm über Strickleitern, Seile und eine Art freischwebender Wendeltreppe in die Höhe zu folgen. Schließlich kamen wir vor einer aus Gräsern geflochtenen Hütte an. Sie war auf der Höhe einer Baumkrone auf einem Mast verankert. Geflochtene Brücken verbanden den Rest des Bezirks.
    »So, da sind wir«, verkündete Wynn.
    Drinnen war es luftig und hell, es roch nach trockenem Gras. Alle Möbelstücke waren geflochten und bunt gefärbt; fasziniert probierte ich die Sitzgelegenheiten aus, die ein bisschen wie an einer Seite offene Glocken aussahen.
    Wynn hatte Recht gehabt, es machte seinen Eltern nichts aus, dass ich mitgekommen war. Sie luden mir einen Teller mit Gemüsepfannkuchen voll und taten so, als bemerkten sie gar nicht, dass ich so abgewrackt aussah wie ein Gildenloser. »Wir handeln viel mit Vanamee«, erklärte mir Wynns Vater ungefragt, »und ehrlich gesagt mögen wir deine Leute. Sie haben mir zwar schon zahllose Streiche auf meine Kosten gespielt, aber seit ich angefangen habe, mich zu revanchieren, kommen wir prima klar.«
    Ich grinste. Wasser-Leute sind für ihren Humor geradezu berüchtigt. »Das ist genau die richtige Einstellung. Habt Ihr Euch das Wetten auch schon angewöhnt?«
    »Wir arbeiten noch dran«, meinte seine Mutter, eine hochgewachsene Händlerin mit einer klugen, welterfahrenen Ausstrahlung. »Was führt dich eigentlich nach Ekaterin, Tjeri?«
    Natürlich durfte ich nicht die ganze Wahrheit sagen. Aber die halbe tat es auch. »Ich verkaufe Silberputzmittel. Genauer gesagt das beste der Welt. Kriegt auch die hartnäckigste Dreckschicht ab.«
    Ich erwartete, dass sie in schallendes Gelächter ausbrechen würden, aber Wynns Familie schien diese Beschäftigung nicht im Geringsten als merkwürdig zu empfinden. »Beim Nordwind, schade, dass du nicht schon vor ein paar Wintern hier vorbeigekommen bist«, sagte seine Mutter. »Ich hatte mal eine Schale, die ziemlich verbeult und nicht sauber zu kriegen war. Schließlich habe ich sie meinem Cousin Terryl gegeben, der wollte es noch mal bei sich daheim mit Abschleifen probieren.«
    Mit großer Mühe schaffte ich es, mir nichts anmerken zu lassen und halbwegs normal weiterzuessen. »Hatte sie zufällig ein Symbol drauf, das wie ein verschlungenes T aussah?«
    »Ja, woher weißt du das?«
    Einen Moment lang konnte ich nicht sprechen, so groß war der Schock. Konnte es sein, dass ich schon fast am Ziel meiner Suche war? »Könnte sein, dass es ein ... Erbstück aus meiner Familie ist, das irgendwann mal ... verloren gegangen ist«, stammelte ich. »Meint Ihr, Euer Cousin hat die Schale noch? Wo wohnt er denn?«
    »Seine Basis hat er im Norden von Nerada, in Kowanda, aber er ist viel unterwegs ...«
    »Das ist ja ein lustiger Zufall«, meinte ich fröhlich und änderte spontan meine Reiseroute. »Bei Kowanda wollte ich sowieso vorbei! Ich könnte ja mal bei ihm reinschauen ...«
    Wynn und seine Eltern sahen erschrocken aus.
    »Hm, jaaa«, sagte Wynns Mutter schließlich und versuchte ein Lächeln. »Ich glaube nicht, dass das eine so gute Idee ist. Mein Cousin ist ein etwas ungewöhnlicher Mensch, und seine Arbeit ...«
    »Apropos Arbeit«, unterbrach Wynn sichtlich erleichtert. »Da kommt gerade ein Wühler. Wahrscheinlich für dich, Pa.«
    Völlig erschöpft von der ungewohnten Kletterei versuchte gerade eines der kleinen braunen Tierchen, sich über den Fensterrahmen zu wuchten. Doch als Wynn es in die Hand nehmen und zu seinem Vater bringen wollte, wehrte es sich heftig und kroch stattdessen auf mich zu.
    Auf einmal fielen mir Joelle und Merwyn wieder ein, und einen Moment lang kehrte die scheußliche Erinnerung an die vorige Nacht zurück. Suchten mich meine Reisegefährten etwa, machten sie sich Sorgen um mich? War der Wühler von ihnen, vielleicht sogar von Joelle selbst? Oder war es endlich die Antwort von Joelles Eltern?
    »Gut gemacht, Kleiner«, sagte ich zu dem Wühler, dann entfaltete ich das kleine Stück Pergament hastig. Doch als ich die Schrift erkannte, stöhnte ich. Janor, schon wieder.
Sei gegrüßt, Tjeri,
so richtig eingelebt habe ich mich in der Felsenburg noch nicht. Aber bei den

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