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Der Sucher (German Edition)

Der Sucher (German Edition)

Titel: Der Sucher (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Brandis
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quirlige Handelsstadt, die für ihre Glasbläserzunft bekannt war. Auf einem großen Glasmarkt in der Stadtmitte boten sie ihre zerbrechliche Ware an, und in manchen Hütten sahen wir Öfen glühen und geschmolzenes Glas blubbern.
    Der größte Teil der Stadt bestand aus einstöckigen Gebäuden, deren Wände aus geflochtenem Gras angefertigt waren. Die meisten waren von kleinen Sanddünen umgeben, und überall sahen wir Menschen, die mit Schaufeln dabei waren, ihre Hütten wieder frei zu räumen. Manche siebten den feinen, hellen Sand sofort durch und füllten ihn in große Trommeln.
    »Ich glaube, daraus wird das Glas gemacht«, sagte Joelle, und wir staunten.
    Neben Luft-Gilden-Menschen hatten sich hier auch einige Erd-Leute niedergelassen. Sie hatten Steine aus dem nahen Provinzen gebracht und sich in ihrem Bezirk feste, kuppelförmige Häuser gebaut, wie es sie anderswo in Nerada nicht gab. In ihrer Sehnsucht nach ein wenig Grün hatten sie in jeder freien Ecke getöpferte Behälter mit Pflanzen aufgestellt, doch die meisten sahen arg mickrig aus und mussten wohl täglich gehätschelt und bewässert werden.
    Wasser-Leute schien es in der Stadt außer uns keine zu geben. Kein Wunder – wir befanden uns mittlerweile in der Vanamee entgegengesetzten Ecke Dareshs. Wir waren so weit von daheim entfernt, wie es nur ging!
    »Ich gehe uns auf dem Markt ein paar Umhänge kaufen, damit wir uns ein bisschen tarnen können«, bot Joelle tapfer an. »Ich sehe noch am ehesten nach Luft-Gilde aus, wenn ich mein Amulett unter der Tunika verstecke.«
    Das stimmte. Sie war blond wie viele Menschen in Nerada. Ich dagegen mit meinen dunklen Haaren und Augen fiel hier in der Gegend auf wie ein grünes Dhatla.
    Kurze Zeit später waren wir im Besitz von drei weiten, sandfarbenen Umhängen mit Kapuzen. Sie rochen staubig, waren zu dick für die Jahreszeit und kratzten auf der Haut, aber man konnte uns nicht mehr auf den ersten Blick als Fremde erkennen. Neugierig machten wir uns auf die Suche nach dem Tempel. Nicht zu dritt, sondern zu viert – hoch über uns erkannte ich die Silhouette meines Skagarok. Er hatte sich nicht zu uns getraut, während wir bei der Karawane gewesen waren, aber nun war er zurück.
    Wir fanden den Tempel in einem ruhigen Bezirk am Stadtrand, etwas außerhalb des Getümmels, das auf den Märkten herrschte. Der Tempel war ein riesiges Steingebäude und geformt wie ein flaches Schneckengehäuse, rund und spiralig nach innen gedreht. Ich legte die Hand auf den hellbraunen, porösen Stein und fühlte, wie kühl und rau er war. Den Eingang bildete ein hohes Portal mit einer in eigenartigen Mustern geflochtenen Grastür. Sehr stabil sah sie nicht aus, und sie hatte kein Schloss – sollte dieses Ding etwa verhindern, dass sich Lehrlinge und Fremde in den Tempel einschlichen?
    Niemand schien in der Nähe zu sein. Joelle ging ungeduldig voran und wollte die Tür öffnen. Doch ihr erster Versuch, in den Tempel hineinzukommen, wäre beinahe ihr letzter gewesen. Aus dem Nichts fegte ein heftiger Sturm heran, warf sie um und riss sie davon. Der Umhang wurde ihr vom Hals gezerrt und flatterte davon wie ein riesiger Vogel. Verzweifelt packten wir sie und schafften es, sie so lange festzuhalten, bis der Sturm sich genauso plötzlich gelegt hatte, wie er aufgekommen war.
    »Der Eingang ist durch eine Formel gesichert«, keuchte Merwyn. Schnell zogen wir uns in einen Hauseingang in der Nähe zurück, aber es schien, als hätte niemand den Zwischenfall beobachtet. Ich überzeugte mich rasch, dass Joelle in Ordnung war, dann rannte ich in die Richtung, in die ihr Umhang geflogen war. Er lag eine Straße weiter.
    Als ich zurückkam, wischte sich Joelle gerade den Sand aus dem Gesicht und glättete ihre Haare. »Tut mir Leid. Das hat man davon, wenn man‘s eilig hat. Was machen wir jetzt? Glaubt ihr, es gibt einen Hintereingang oder so was?«
    Es gab keinen, wie wir bald feststellten. Und auch kein Fenster.
    »Warten wir erstmal ab«, schlug ich vor. Verborgen in einer Nische gegenüber dem Tempel beobachteten wir das Kommen und Gehen – bis sich eine etwa zehnköpfige Gruppe von Männern und Frauen dem Tempel näherte. Sie trugen die Gewänder von Händlern aus Alaak, waren also selbst fremd hier. Gut! Wir schlenderten quer über den Platz und blieben der Gruppe so dicht auf den Fersen, dass der Sturm auch sie erfasst hätte, wenn er uns angegriffen hätte. Doch er tat es nicht, was vielleicht daran lag, dass die Frau an der

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