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Der suendige Engel

Der suendige Engel

Titel: Der suendige Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vampira VA
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erleide sie unsagbare Qual. Gleichzeitig schien etwas mit seinem Körper zu passieren. Ihre Haut wurde grau und faltig. Die zuvor so aufreizenden Formen unter ihrem Gewand fielen in sich zusammen, als hätte jemand die Luft herausgelassen.
    Innerhalb von Sekunden alterte sie um Jahrzehnte. Ihre ebenen Gesichtszüge waren plötzlich die einer uralten Frau, und im nächsten Moment bohrten sich Knochen durch zerfallendes Fleisch. So, als holte sich die Natur innerhalb von wenigen Augenblicken das zurück, was die Vampirin ihr all die Jahrhunderte über abgetrotzt hatte.
    Salea wandte den Blick von der Kristallkugel, einem Geschenk Rank'Nors, das in den letzten Jahrzehnten eines ihrer Lieblingsspielzeuge geworden war. Sie hatte es genossen, mit ihrer Hilfe den Szenarien hautnah beizuwohnen. Doch nicht solchem Schrecken!
    Was im Labyrinth geschehen war, hatte sie bis in ihr Innerstes getroffen. Sie mußte wissen, was Calaras Verfall ausgelöst hatte.
    »Hercante! Anaris!« Sie rief die Namen ihrer Zofen. Normalerweise hätte ein Flüstern genügt, und die beiden Vampirinnen, die sie als ihre engsten Dienerinnen auserkoren hatte, wären im Zimmer erschienen.
    Jetzt jedoch tat sich gar nichts. Ein weiterer Hinweis darauf, daß etwas nicht stimmte.
    Salea erhob sich von ihrem Lager und begab sich selbst zur Tür. Auf dem Korridor machte sie eine weitere schreckliche Entdeckung:
    Ihre beiden Dienerinnen krümmten sich vor Schmerz auf dem Boden. Doch im Gegensatz zu Calara alterten sie nicht. Im Gegenteil: Als sie die Herrscherin auf sich zukommen sahen, schien so etwas wie ein neuer Lebensfunke in ihnen aufzuglimmen. Sie rafften sich auf und wollten nach ihr greifen.
    »Durst!« stöhnte Anaris auf. In ihren Augen flackerte nackte Gier. »Gib uns Blut!«
    Instinktiv wich Salea vor den beiden zurück.
    »Wagt es nicht, mich anzurühren!« rief sie. Die Vampirinnen hörten nicht auf sie, sondern krochen langsam näher. Salea hatte die beiden einst ob ihrer Häßlichkeit ausgewählt. Das war eine ihrer vielen Launen gewesen: Die Häßlichkeit ihrer Zofen sollte ihre eigene Schönheit noch unterstützen.
    Jetzt machte die Gier aus ihren Gesichtern wahre Dämonenfratzen. Die Augäpfel quollen ihnen aus den Höhlen, und Speichel troff aus ihren Mündern. Ihre Haut schien brüchig wie Pergament zu sein.
    Salea wich noch weiter zurück. Ein Instinkt hielt sie davor zurück, die beiden zu berühren.
    Was geschah hier? Was hatte all der Schrecken zu bedeuten?
    Um eine Antwort zu finden, verwandelte sich Salea kurzerhand in eine Fledermaus und flog mit wenigen kräftigen Flügelschlägen über die beiden Vampirinnen hinweg. Diese stießen krächzende Laute der Enttäuschung aus. Der Durst schien sie wahnsinnig zu machen - und hier, im Inneren des Palastes, würden sie ihn auch kaum stillen können.
    Menschen durften diesen Bereich nicht betreten - ausgenommen jene, die der Herrscherin als Mahl dargebracht wurden. Bis sie diese Aufgabe erfüllen mußten, hielten sie sich in den Stallungen vor dem Palast auf.
    Und dorthin schienen sämtliche ihrer Getreuen und Bediensteten unterwegs zu sein, wie Salea erkannte, als sie die Gänge des Palastes durchquerte. Fast überall bot sich ihr das gleiche Bild des Schreckens:
    Manche der Vampire wanden sich unter furchtbaren Schmerzen. Andere irrten mit Wahnsinn in den Augen umher und murmelten unverständliche Worte. Wieder andere schrien ihren Durst lauthals heraus und liefen in Richtung der Stallungen. Und kaum jemand von ihnen war ansprechbar.
    Innerhalb kürzester Zeit hatte sich Saleas prächtiger Palast in einen Ort schieren Grauens verwandelt.
    Und ihr fiel nur einer ein, der dafür verantwortlich sein konnte: Rank'Nor! So also hielt er sich an ihren fast tausend Jahre alten Pakt!
    Salea landete am Eingang zum Labyrinth und verwandelte sich in ihre vampirische Gestalt zurück. Ihre Reißzähne blitzen gefährlich über den vollen roten Lippen; ihre Finger bogen sich zu gefährlichen Klauen. Rank'Nor mochte ein starker Gegner sein, aber auch sie hatte in den vergangenen Jahrhunderten an Kräften gewonnen .
    Ihre Wut verpuffte, als sie Rank'Nor auf sich zueilen sah. Er hatte wieder die Gestalt eines kräftigen jungen Mannes angenommen, und in seinem Gesicht konnte Salea dieselbe Ratlosigkeit lesen, die auch sie selbst empfand.
    »Was geht hier vor?« fragte sie.
    Rank'Nor zuckte die Schultern. »Ich weiß es nicht«, entgegnete er. »Ich wollte gerade die Seele des Mädchens an mich reißen,

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