Der süße Hauch von Gefahr

in Verlegenheit gebracht, und wenn er dich bestrafen kann, dann wird er das tun.« Sie sah nach draußen in die Nacht, in Gedanken ganz weit weg.
    »Obwohl sie hier geboren und aufgewachsen sind, sind Libby Birrel und Edmund Kirkwood zu jung, um sich an das Gerede nach Vincents Tod zu erinnern. Der Vikar hat damals noch nicht hier gelebt, daher hat er auch nichts über die Angelegenheit gehört, aber ich kann dir verraten, dass man hinter vorgehaltener Hand darüber sprach, ob nicht Bertram mit dem Tod seines Bruders zu tun hatte.«
    Asher runzelte sie Stirn:
    »Du meinst, die Leute hier dachten, dass Ormsby ihn umgebracht hat?«
    Sie nickte.
    »Ja. Ich hielt das auch für möglich, und mehr als einmal habe ich gehört, wie vom Vater des Squire, dem damaligen Vikar und Dennings Vater der Verdacht geäußert wurde. Alle in der Gegend wussten, dass Bertram eifersüchtig auf Vincent war, neidisch, dass sein älterer Bruder den Titel und alles, was dazugehörte, erben würde.« Sie seufzte.
    »Wir hatten ernstlich Zweifel wegen Vincents Tod, aber niemand konnte etwas beweisen … Es sah nach einem tragischen Unfall aus.«
    »Was war mit ihrem Vater? Was dachte er?«
    »Arthur Beverley war ein arroganter Despot, aber um gerecht zu bleiben, die Vorstellung, dass eines seiner Kinder das andere tötet, ist etwas, das alle Eltern von sich weisen würden.« Sie verzog das Gesicht.
    »Arthur hatte immer schon Bertram bevorzugt und hat keine Kritik an ihm geduldet – gleichgültig, wie sehr er es verdient hatte. Wahrscheinlich hätte er die Idee wütend von sich gewiesen, wenn jemand gewagt hätte, es ihm zu erzählen.«
    Sie wirkte nachdenklich.
    »Arthur hat kein Geheimnis daraus gemacht, dass er an seinem Erben die Züge schmerzlich vermisste, die er hoch schätzte, Züge, die Bertram im Überfluss besaß. Ich bezweifle, dass er den Tod seines ältesten Sohnes überhaupt betrauert hat. Es hat ihn zu sehr entzückt, dass Bertram ihm nachfolgen würde.«
    »Wie der Vater so der Sohn?«
    »Genau. Es hat immer schon Gerüchte um die Beverleys gegeben – entweder bekamen sie ihren Willen, oder schreckliche Sachen geschahen den Unseligen, die ihren Wünschen im Wege standen. Wie das, was Captain zugestoßen ist«, sagte sie mit leicht stockender Stimme.
    »Nur waren es manchmal keine Tiere, die starben, sondern auch mal ein Mann oder gar eine Frau. Die Beverleys hatten immer das Gefühl, ihnen stünde stets nur das Beste von allem zu … dass es ihr gottgegebenes Recht sei, das schnellste Pferd zu besitzen, den größten Edelstein oder die schönste Frau in ihr Bett zu holen.« Müde fügte sie hinzu:
    »Und sie tun, was auch immer nötig ist, um das zu bekommen.«
    Asher runzelte die Stirn.
    »Warum hast du nie vorher etwas von all dem erwähnt?«
    Ihre Finger schlossen sich fester um seinen Arm.
    »Solange keine Gefahr für dich bestand, habe ich keinen Grund gesehen, Warnungen zu äußern, wie eine alte Hexe, die ihren Kessel umrührt.« In der Dunkelheit konnte er spüren, dass ihre Augen auf ihm ruhten.
    »Aber nach heute Abend habe ich Angst um dich. Ob du ihn vorhin nun absichtlich beleidigt hast oder nicht, er wird deine Worte so auffassen und nach einem Weg suchen, sich für deine Unverfrorenheit zu rächen.«
    »Und was ist mit dir?«, fragte er grimmig.
    »Wird er nicht auch dich strafen wollen?«
    Sie seufzte.
    »Das könnte er, aber ich bin eine alte Frau, und es würde ihm bestimmt nicht dieselbe Genugtuung verschaffen, mir etwas anzutun, wie wenn er gegen dich vorgeht.« Drängend fügte sie hinzu:
    »Asher, du musst stets auf der Hut sein, ja?«
    Seine warme Hand ruhte auf ihrer.
    »Großmutter, ich habe keine Angst vor Ormsby.«
    »Das solltest du aber«, entgegnete sie scharf.
    »Was soll ich deiner Meinung nach denn tun? Weglaufen und mich vor ihm verstecken?«, wollte er ironisch wissen.
    Sie lachte, aber ohne echte Erheiterung.
    »Als ob du das je tätest. Aber ich bitte dich nur, vorsichtig zu sein und immer hinter dich zu schauen.«
    In Gedanken versunken fuhr Asher langsam nach Fox Hollow. Die Warnungen seiner Großmutter vor Ormsby klangen noch in ihm nach, sodass er unwillkürlich mehr auf die Landschaft achtete, durch die er kam, mit den Augen die Dunkelheit absuchte, angestrengt auf irgendetwas lauschte, das ihn vor einer drohenden Gefahr gewarnt hätte.
    Als er zu Hause angekommen war und die Zügel dem wartenden Stallburschen zugeworfen hatte, kam er sich albern vor. Was erwartete er? Dass Ormsby