Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der sueße Kuss der Luege

Der sueße Kuss der Luege

Titel: Der sueße Kuss der Luege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatrix Gurian
Vom Netzwerk:
Unrechtes getan hatte. Verdienten die zwei nicht mehr als gut an ihnen? Und was für einen Fraß mussten sie essen? Nur die Mädchen bekamen ab und zu neue Klamotten, während sie uralte Jeans vom kik anziehen sollten. Und was für einen Scheiß ihnen der Alte andauernd predigte, über das Leben und die Wichtigkeit der Arbeit, dabei verdiente der Alte sein Geld schon seit Jahren nicht mehr als Schreiner.
    Jo seufzte und sah auf die Uhr in seinem Handy. Es war schon halb elf, Jan war noch nicht zu Hause, obwohl morgen Schule war. Aber bei ihm traute sich keiner, etwas zu sagen.
    Endlich rauschte die untere Klospülung, sein Pflegevater. Er gähnte hörbar und schlurfte dann nach oben. Danach klappte sehr leise eine Kühlschranktür, das war seine Pflegemutter, die noch einen Schokoriegel naschte, bevor sie ins Bett ging. Sie versteckte die Riegel im Kühlschrank hinter den Einmachgläsern von roter Beete und süßem Kürbis vor den Kindern.
    Dann ächzten die Treppenstufen unter ihrem Gewicht und schließlich hatte Jo freie Bahn.
    Er öffnete seine Zimmertür und schlich über die Kellertreppe hinunter in den Arbeitsraum, in dem sein Pflegevater auch die Werkzeuge aus der Zeit aufbewahrte, als er noch als Schreiner gearbeitet hatte. Es gab einen kleinen Rollschrank mit Aktenordnern und einen Schreibtisch mit dem Computer. Ein vorsintflutliches, laut brummendes Ding, das sogar älter und dicker war als die Modelle in Jos Schule.
    Er zögerte einen Moment, spürte, wie sein Mund trocken wurde. Wenn der Alte ihn erwischte, dann war ihm eine saftige Tracht Prügel sicher.
    Er war überrascht, dass der Computer nicht ausgeschaltet war. Bedeutete das, sein Pflegevater würde wieder runterkommen, wenn er dachte, alle schliefen? Dann musste er sich beeilen. Immerhin sparte er sich so Zeit, weil er kein Passwort brauchte.
    Jo klickte sich durch eine Menge Dateien, die tatsächlich alle Informationen über die Pflegekinder enthielten, Anträge für Winterschuhe, für Schulausflüge, für eine neue Matratze, für eine kieferorthopädische Behandlung und so weiter und so fort. Fast bekam er ein schlechtes Gewissen, weil ihm klar wurde, dass es doch nicht so einfach war, sich um Pflegekinder zu kümmern, wie er sich das gedacht hatte.
    Dann fand er Fotoalben. Harmlose spießige Fotos von Ausflügen, von Weihnachtsfesten, von Klassenaufführungen. Nichts weiter. Außerdem runtergeladene Filme, alles Klassiker wie Effi Briest von Fassbinder, Frühstück bei Tiffany oder Ninotschka mit Marlene Dietrich. Die Auswahl verblüffte Jo, im Fernsehen sah sein Vater nur Navy-CIS oder Sport. Fassbinder und Lubitsch, die Dietrich und Audrey Hepburn? Er klickte Frühstück bei Tiffany an und der Film lief an. Als der Vorspann mit allen Namen der Darsteller abgelaufen war, wollte Jo gerade auf Stopp drücken, doch in dem Moment ruckte der Film und wurde leicht unscharf. Ein Schnitt, das Bild zeigte zwei nackte Mädchen, höchstens vierzehn Jahre, die sich auf einem Bett räkelten. Gleich darauf gesellte sich ein bärtiger Typ von mindestens vierzig dazu. Jo hielt es gerade mal fünf Minuten aus, bevor sich sein Hals zuschnürte und er den Film wegklickte. Das war ein Sexstreifen übelster Sorte.
    Er klickte die anderen Filme an und fand heraus, dass es immer nach dem gleichen Schema ablief. Erst kam zur Tarnung der richtige Vorspann, danach begann der eigentliche Film. Ausnahmslos Hardcore-Pornos mit sehr jungen Mädchen.
    Aber keine Videos aus dem Badezimmer. Wo waren diese Filme? Ohne die hätte die Kamera im Badezimmer nicht die Beweiskraft, die er für das Jugendamt brauchte. Wenn alles schiefging, würde sein Stiefvater die Sache sogar Jan oder ihm anhängen können.
    Was sollte er jetzt tun? Wie sollte er vorgehen? Die Beweise mussten so bombensicher sein, dass sich der elende Dreckskerl da nicht mehr rauswinden konnte.
    Jo war so darin vertieft, sich durch weitere Dateien zu klicken, dass er die Schritte erst hörte, als es zu spät war.
    »Was machst du hier?« Sein Pflegevater packte ihn am Genick wie eine Katze. Er zerrte ihn am Shirt hoch, würgte Jo damit, zerrte noch heftiger.
    Jo wusste, dass es besser wäre, wenn er den Mund hielt, aber er schaffte es nicht. »Du widerlicher Sack!«, platzte es aus ihm raus. »Ich werde dich anzeigen!«
    »Anzeigen?«, höhnte sein Pflegevater, packte Jo, schlug ihm mit der Faust ins Gesicht, sodass Jos Kopf mit einem Knacken nach hinten flog.
    Die Welt fing an, sich zu drehen, da schlug der

Weitere Kostenlose Bücher