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Der sueße Kuss der Luege

Der sueße Kuss der Luege

Titel: Der sueße Kuss der Luege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatrix Gurian
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dir alles zu erklären. Wenn du es dann noch willst, kannst du die Polizei rufen.«
    Ich glaube ihm nicht. Nie wieder glaube ich ihm. Das hier ist nur wieder eins seiner miesen Spiele, hinter dessen Sinn ich nicht komme.
    »Keine drei Minuten!«, schreie ich und versuche, mich nicht von der Angst überwältigen zu lassen, angesichts der Tatsache, dass ich nur mit einem Krankenhausnachthemd bekleidet bin und mit einem gefährlichen Entführer im Auto sitze. »Verrate mir endlich, wo Ida ist! Verdammt oder kannst du es nicht, weil sie längst tot ist?« Der Gedanke treibt mir Tränen ins Gesicht. »Dann sag mir, wo du ihre Leiche versteckt hast, damit wir sie beerdigen können. Ein Loch ausheben für das wundervollste kleine Mädchen der Welt…«
    Jetzt dreht Diego sich doch mit einem Ruck zu mir um, der ihn mehrere Büschel Haare kostet, greift nach meinen Händen und hält sie dann fest umklammert.
    Sein Geruch weckt Erinnerungen, die ich nicht haben will, die ich heute verabscheue, die mich mit Ekel anfüllen. Ich versuche, meine Hände wegzuziehen, aber er hält sie eisern gepackt.
    »Lu. Bitte. Lu, hör mir doch bitte zu!«
    »Ida?« Das ist alles, was ich rausbringe, Ida ist alles, was mich noch interessiert.
    »Drei Minuten, dann kannst du die Polizei rufen.« Er zeigt mir die Uhr auf dem Display des Handys, lässt meine Hände los und ich versetze ihm einen festen Schlag ins Gesicht und kratze ihn. Daraufhin packt er wieder meine Hände.
    Ich zwinge mich nachzudenken. Ich muss einen kühlen Kopf bewahren, das ist das Einzige, was ich tun kann. Körperlich bin ich ihm absolut unterlegen, zudem ich jetzt wieder die schmerzende Wunde auf meiner Brust spüre. Mir wird klar, dass ich nur eine Chance habe. Ich muss so tun, als ob ich mitspiele. Vielleicht fällt mir währenddessen etwas ein.
    »Drei Minuten! Und dann gibst du mir das Handy!«, verlange ich.
    Er nickt. Aus dem langen Kratzer an seiner Wange sickert dunkles Blut und nun fällt mir auf, wie blass er wirkt. Er hat sich seit mehreren Tagen nicht rasiert, die Ringe unter seinen türkisfarbenen Augen wirken wie Blutergüsse. Gut! Und offensichtlich hat er sich mit jemandem geprügelt, denn ein Auge ist leicht zugeschwollen. Besser!
    »Los, rede schon, die Uhr tickt.« Aber ich werde meine Ohren verschließen und mich nicht in ein Schwein verwandeln lassen, wie die Gefährten von Odysseus.
    »Es ist alles anders, als du denkst«, fängt er an.
    Natürlich. Das ist es ja immer! Verschließ deine Ohren, Lu, es kommen nur Lügen, Lügen, Lügen nichts als Lügen aus seinem Mund, Lügen wie Schlangenbisse, die dein Herz mit ihrem tödlichen Gift infizieren.
    »Lu, ich liebe dich, niemals würde ich etwas tun, das dir schadet.«
    Gift. Gift. Gift.
    »Dreißig Sekunden hast du mit diesem Gesülze schon verschwendet!«
    »Ich bin nicht sicher, wo Ida ist. Aber ich habe eine Idee und brauche deine Hilfe.«
    Lügen.
    »Ja, ich habe dich angelogen und du hast recht, wenn du mir nicht mehr über den Weg traust und mit mir nie wieder etwas zu tun haben willst. Aber vorher müssen wir Ida retten!«
    Der Obdachlose, der so wilde schwarze Haare gehabt hat.
    »Ich habe dich aus dem Krankenhaus geholt, um mit dir reden zu können«, fährt er hastig fort. »Und weil wir keine Zeit verlieren dürfen, bin ich sofort losgefahren.«
    »Geholt?« Ich hoffe, mein Ton lässt das Mittelmeer gefrieren. »So, wie du Ida geholt hast?«
    »Verdammt, Lu, sei doch mal still, wir haben keine Zeit dafür.« Er ballt seine Hände zusammen. »Ich habe im Radio gehört, dass Jan tot ist. Was bedeutet, dass Ida, wenn sie noch lebt, ganz allein ist.«
    »Was soll das heißen, dass sie ganz allein ist?« Meine Stimme ist ein einziges Zittern.
    »Ich habe dir nicht immer die Wahrheit gesagt, aber eins musst du mir jetzt einfach glauben. Jan hat das mit Ida allein ausbaldowert. Und er muss sie irgendwo versteckt haben. Lu, ich kenne Jan schon seit vielen Jahren. Und ich weiß Dinge über ihn, die niemand sonst weiß. Darin besteht unsere einzige Chance, Ida zu helfen.«
    Meine Fingernägel graben sich in meine Handballen.
    »Pass auf«, er holt tief Luft. »Es gibt da etwas, warum ich tief in Jans Schuld stand. Was das ist, das erklär ich dir später. Wichtig ist, ich hab seinetwegen Scheiß gebaut. Oder besser gesagt: Mit ihm zusammen. Mehrmals. Dieses Radarfallending war das eine. Dann ein Einbruch in einem Kiosk, bei dem ich Schmiere gestanden habe. Und eines Tages, nachdem ich dich

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