Der Sumpf: Psychothriller (German Edition)
dass Sie während Ihres Aufenthalts als Geisel genommen werden, den Bundesstaat Florida nicht verklagen und auch keine außergewöhnlichen Schritte von staatlicher Seite zu Ihrer Befreiung erwarten.«
»Außergewöhnliche Schritte?«
Der Mann lachte und strich sich mit der Hand durch den Bürstenkopf. »Im Klartext: Sie verlangen nicht, dass wir unseren Arsch riskieren, um Ihren zu retten.«
Cowart lächelte süßsäuerlich. »Klingt, als hätte ich dabei die schlechteren Karten.«
Sergeant Rogers grinste. »Das sehen Sie richtig. Natürlich ist Gefängnis für jeden ein schlechtes Blatt, außer für diejenigen von uns, die abends nach Hause können.«
Cowart nahm das Formular entgegen und setzte einen spöttisch übertriebenen Schnörkel darunter. »Ich kann nicht gerade behaupten, dass Sie mir besonderes Vertrauen einflößen.«
»Nein, nein, Sie haben nichts zu befürchten, nicht wenn Sie Robert Earl besuchen. Er ist ein Gentleman, und er ist nicht verrückt.« Während er das sagte, durchsuchte der Sergeant systematisch Cowarts Aktentasche. Danach öffnete er das Aufnahmegerät und klappte das Batteriefach auf, um sich davon zu überzeugen, dass darin nur Batterien steckten. »Sie kommen schließlich nicht auf einen Plausch mit Willie Arthur oder Specs Wilson – diese beiden Biker aus Fort Lauderdale, denen ein kleiner Spaß mit dieser Anhalterin außer Kontrolle geraten ist – oder Jose Salazar – Sie wissen schon, der Kerl, der zwei Undercover-Cops bei einem Drogendeal umgebracht hat. Wissen Sie, wozu er sie gezwungen hat? Was sie sich gegenseitig antun mussten, bevor er sie getötet hat? Finden Sie’s raus. Das öffnet Ihnen die Augen dafür, wie böse Menschen sein können, wenn sie’s darauf abgesehen haben. Oder ein paar von den anderen reizenden Herren, die wir hier drinnen haben. Die übelsten kommen größtenteils aus dem Süden, aus Ihrer Heimatstadt. Was treiben Sie da unten eigentlich alle, dass manche sich derart abschlachten müssen?«
»Sergeant, ich wünschte, ich könnte Ihnen die Frage beantworten …«
Sie mussten beide grinsen. Sergeant Rogers stellte Cowarts Aktentasche ab und forderte ihn mit einer stummen Geste auf, die Hände zu heben. »Schon hilfreich, sich hier drinnen ein bisschen Sinn für Humor zu bewahren«, sagte der Sergeant, während seine Hände Cowarts Körper abtasteten.
»Also«, sagte Rogers schließlich, »und jetzt zu den Regeln. Sie sind mit ihm alleine. Ich bin nur zur Sicherheit da. Draußen vor der Tür. Falls Sie Hilfe brauchen, rufen Sie. Aber dazu wird es nicht kommen, weil wir es mit einem der wenigen Männer im Trakt zu tun haben, die nicht irre oder übergeschnappt sind. Was sag ich, Sie bekommen sogar die Präsidentensuite …«
»Die was?«
»Die Präsidentensuite, so nennen wir den Besucherraum für unsere Gäste mit den besten Manieren. Hat zwar auch nicht mehr als einen Tisch und Stühle, also im Prinzip nichts Besonderes, aber wir haben andere Räume mit höheren Sicherheitsvorkehrungen. Außerdem wird Robert Earl keine Fesseln tragen, nicht einmal Fußketten. Ich meine, Sie können ihm eine Zigarette anbieten …«
»Ich rauche nicht.«
»Gut. Kluge Entscheidung. Sie dürfen Papiere von ihm entgegennehmen, falls er Ihnen welche übergibt. Sollten Sie allerdings ihm irgendetwas aushändigen wollen, geht das nur über mich.«
»Was zum Beispiel?«
»Na ja, vielleicht eine Feile und eine Säge. Und eine Straßenkarte.«
Cowart sah ihn verblüfft an.
»He, war nur ein Witz«, sagte der Sergeant. »Hier drinnen machen wir so was selten. Also: Witze über Flucht. Nicht lustig. Dabei gibt es natürlich die verschiedensten Möglichkeiten, aus dem Gefängnis rauszukommen. Sogar aus dem Todestrakt. Viele der Insassen meinen, mit einem Reporter zu reden, gehöre dazu.«
»Als Fluchthilfe, meinen Sie?«
»Als Hilfe, rauszukommen. Die träumen alle davon, die Presse für ihren Fall zu interessieren. Die sind alle fest davon überzeugt, sie hätten keine faire Chance gehabt und bekämen einen neuen Prozess, wenn sie nur genug Staub aufwirbeln. Passiert auch ab und zu. Deshalb gefallen uns, die wir hier arbeiten, die Besuche von Reportern eher nicht. Diese Notizblöckchen, die Scheinwerfer, die Kamerateams. Stachelt nur alle grundlos auf. Die meisten glauben, der Verlust der Freiheit sei im Gefängnis das größte Problem. Aber das ist ein Irrtum. Viel schlimmer ist es, wenn Hoffnungen geweckt und dann enttäuscht werden. Für euch geht es nur um
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