Der Sumpf: Psychothriller (German Edition)
draußen. »Da drüben. Haben Sie da Ihren Wagen stehen, Detective?«
Sie biss die Zähne zusammen.
Er drehte sich zu ihr um. »Bis jetzt haben sie noch keinen Verdächtigen. Die Kleine ist noch im Krankenhaus. Ist das zu fassen, Detective? Das muss man sich mal reinziehen, nicht mal auf dem Campus ist man sicher. Auf dem kurzen Weg zum Wagen. Im Motelzimmer vermutlich auch nicht. Beunruhigt Sie das nicht ein wenig? Selbst mit dieser alten Knarre in Ihrer Tasche, aus der Sie sie nicht schnell genug herausziehen können.«
Ferguson trat von der Tür zurück. Er drehte sich um und blickte an Shaeffer vorbei.
Erst jetzt hörte sie die Stimmen, die in ihre Richtung kamen. Dabei ließ sie Ferguson, der eine schnatternde Schar Studenten beobachtete, nicht aus den Augen. Von einem Moment auf den anderen waren sie von dem Schwarm umringt. Sie sah, wie Ferguson einem der jungen Männer in der Gruppe zunickte, und hörte, wie eine junge Frau rief: »Gott! Seht euch den Regen an!« Die Meute holte Jacken, Mäntel und Regenschirme aus den Spints und drängte in den Hof. Als die Tür auf- und wieder zuschwang, schlug Shaeffer ein kalter Schwall entgegen.
»Also, Detective, sind Sie dann hier fertig? Hat sich der Flug hierher gelohnt?«
»Ich weiß genug«, erwiderte sie.
Er lächelte. »Klare Antworten auf klare Fragen sind nicht Ihr Ding«, stellte er fest. »Uralte Masche, wahrscheinlich irgendwo in den Lehrbüchern hier in meiner Tasche beschrieben.«
»Sie sind ein guter Student, Mr. Ferguson.«
»Ja, ich weiß«, sagte er. »Erkenntnis ist wichtig. Die Wahrheit macht frei.«
»Wo haben Sie das gelernt, Mr. Ferguson?«, fragte sie.
»Im Todestrakt natürlich. Da hab ich eine Menge gelernt. Vor allem, wie wichtig Bildung ist, wenn ich eine Zukunft haben will. Sonst würde ich wie all die anderen armen Schweine dort warten, bis das Todeskommando kommt und mir den Schädel kahl schert, bevor sie mich auf den Grill schubsen.«
»Also sind Sie an die Uni gegangen.«
Er nickte. »Und? Lassen Sie mich jetzt endlich in Ruhe?«
»Wieso sollte ich?«, konterte sie.
»Weil ich nichts getan hab.«
»Nun ja, diese Auffassung kann ich, glaube ich, nicht teilen. Bislang jedenfalls nicht.«
Er kniff die Augen zusammen, während er mit monotoner Stimme sagte: »Die Auffassung kann gefährlich für Sie werden.« Sie antwortete nicht. »Besonders, wenn Sie allein sind.«
Er sah sie an und deutete mit einem Lächeln auf die Tür. »Ich vermute, Sie wollen jetzt gehen? Bevor es richtig dunkel wird, so in zwanzig Minuten. Schließlich wollen Sie sich nicht da draußen auf der Suche nach Ihrem Leihwagen verirren, nicht wahr? Was hat er für eine Farbe? Silbergrau? An einem dunklen, verregneten Abend schwer zu finden. Also, verirren Sie sich nicht, Detective, da laufen ein paar üble Burschen rum, selbst auf einem College-Campus.«
Sie zuckte unmerklich zusammen. Er hatte die richtige Farbe getroffen. Zufall, dachte sie.
Ferguson machte einen Schritt zurück, um sie hinauszulassen.
»Geben Sie gut auf sich Acht«, hörte sie ihn spotten, bevor er seine Tasche nahm und auf dem Weg in die Tiefen des Lehrgebäudes in einem Flur verschwand. Einen Moment lang blieb sie stehen und horchte, ob sie seine Schritte noch hören konnte, doch es war still. Sie blickte in den Regen, der auf die Bürgersteige und die Bäume niederging. Dann schlug sie den Kragen ihres Trenchcoats hoch und befahl ihren Füßen, durch die Tür ins Freie zu treten.
Im selben Moment hatte sie das Gefühl, dass ihr die Nässe und die Kälte bis in die Knochen drangen. Sie lief zügig und verfluchte ihre Schuhe, mit denen sie auf dem glitschigen Pflaster ins Rutschen geriet. Ständig fuhr sie mit dem Kopf herum, spähte hinter und neben sich in alle Winkel, um sicherzugehen, dass Ferguson ihr nicht folgte. An ihrem Leihwagen angekommen, überprüfte sie den Rücksitz, bevor sie ihre Sachen nach hinten warf, sich auf den Fahrersitz stürzte und augenblicklich die Türen verriegelte. Mit zitternder Hand steckte sie den Schlüssel ins Zündschloss. Erst als sie den Gang eingelegt hatte und sich in Bewegung setzte, fühlte sie sich ein wenig besser. Sie fuhr vom Parkplatz und bog in eine zweispurige Straße ein. Aus dem Augenwinkel heraus glaubte sie – für den Bruchteil einer Sekunde – eine gebückte Gestalt in einer olivgrünen Armeejacke zu erkennen, doch als sie versuchte, sich danach umzudrehen und genauer hinzusehen, war die Gestalt in einer Gruppe Studenten,
Weitere Kostenlose Bücher