Der Sumpf: Psychothriller (German Edition)
noch bevor er auf die Matte prallte, blitzschnell entschieden hatte, dass er den Angriff am besten konterte, indem er sich zur Seite rollte und sich so dem Griff seines Gegners entzog. Er blinzelte ein paar Mal und stellte mit Staunen fest, dass er erneut weiter rannte, obwohl er von seinem Sturz noch verwirrt war und nicht recht wusste, was er tat. Wilde Wut und Ungeduld trieben ihn voran.
Mitten im Lauf sah er, wie Ferguson plötzlich quer über die Straße auf eine dunkle Baulücke zuhastete. Für einen Moment erfassten ihn die Scheinwerfer eines nahenden Fahrzeugs. Auf das laute Quietschen der Reifen folgte energisches Hupen.
Detective Shaeffer, dachte er. »Gut so! Schneiden Sie dem Bastard den Weg ab!«
Dann sah er, dass er sich getäuscht hatte, und in einer Aufwallung von Wut dachte er: Wo zum Teufel steckt die bloß? Zugleich wich er dem Wagen aus und hörte hinter sich die Flüche des Fahrers wegen der zwei nächtlichen Gestalten, die vor seiner Kühlerhaube aufgetaucht waren und sich ebenso schnell in Luft aufgelöst hatten.
Er kletterte über Schutt und Geröll, verfing sich mit den Füßen in den Spalten wie in den Schlinggewächsen eines Sumpfs. Immer wieder tauchte Fergusons Schatten vor ihm auf, der sich genauso mühsam durch den Müll der Großstadt wühlte. Für eine Sekunde richtete Ferguson sich auf einem Haufen Kisten und Kartons sowie einem alten Kühlschrank im Schimmer einer fernen Straßenlaterne auf. Zum zweiten Mal kreuzten sich ihre Blicke, und Wilcox brüllte: »Stehen bleiben! Polizei!« Er glaubte, ein ungläubiges Blitzen in Fergusons Augen zu sehen, als dieser seinen Widersacher erkannte, doch im nächsten Moment war der Flüchtige wie vom Erdboden verschluckt, und Wilcox manövrierte sich unter Verwünschungen und Flüchen weiter über das Gelände.
Er sprang über einen Backsteinhaufen, verfing sich jedoch in der obersten Schicht und merkte, wie das fragile Gebilde unter seinem Gewicht zusammenstürzte. Er fiel nach vorne und versuchte, den Aufprall mit den Händen abzufangen. Immerhin brach er sich nicht das Genick – dafür traf er mit der Rechten auf ein gezacktes, rostiges Stück Metall. Eine scharfe Kante schnitt ihm durch die Handfläche, drei Finger knickten brutal nach hinten weg, und das Handgelenk hielt der Wucht des Aufpralls nur mit Mühe stand. Er stieß einen qualvollen Schrei aus, kam mit letzter Kraft erneut auf die Beine und packte die schwer verletzte Hand mit der Linken. Er tastete über die klaffende Wunde und das herausquellende Blut. Seine Finger und sein Handgelenk sendeten einen glühenden Schmerz aus. Gebrochen, dachte er und verwünschte sich: Scheiße, Scheiße, Scheiße. Er ballte die Hand zu einer Faust, hielt sie fest an die Brust und quälte sich weiter voran. Vor ihm türmte sich der nächste Schutthaufen auf, von dem aus er den flüchtigen Mann vielleicht wieder entdeckte.
So gut er konnte, ignorierte er die Schmerzen, und als er oben war, beugte er sich in der Taille nach vorn, um Luft zu holen. Ein wenig schwankend versuchte er, auf diesem Berg aus Schutt und Schrott das Gleichgewicht zu halten. Als er aufblickte, sah er, wie Ferguson über einen verbogenen, eingerissenen Maschendrahtzaun am hinteren Ende des Grundstücks sprang. Er sah, wie der Flüchtige mit wenigen Sätzen eine schmale Straße überquerte, einen Moment stehen blieb, eine Eingangstreppe hinaufhechtete und in dem leerstehenden Gebäude verschwand.
Na schön, du bist auch am Ende deiner Kräfte, du Miststück. Von mir aus leg da drinnen eine Verschnaufpause ein, aber glaub ja nicht, dass du mir entwischst.
Er achtete nicht auf den pochenden Schmerz in seiner aufgeschlitzten, gebrochenen Hand, schleppte sich über die letzten Meter des Grundstücks und kletterte über den Zaun. Dann lief er zu dem verlassenen Gebäude und starrte keuchend auf die Haustür.
Na schön. Er zog ein Taschentuch heraus und verband damit notdürftig die Wunde. Im Dunkeln konnte er nicht viel sehen, doch er vermutete, dass der Schnitt genäht werden musste. Er schüttelte den Kopf. Außerdem war wohl eine Tetanusspritze fällig. Während der dürftige Baumwollfetzen das Blut aufsaugte, das ihm immer noch aus der Handfläche pulsierte, versuchte er, die Finger und das Handgelenk zu bewegen. Ein heißer, stechender Schmerz fuhr durch seinen Arm. Behutsam tastete er die Haut nach Knochenbrüchen ab. Hand und Gelenk waren schon jetzt geschwollen, und für einen Moment fragte er sich, ob die
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