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Der Sumpf: Psychothriller (German Edition)

Der Sumpf: Psychothriller (German Edition)

Titel: Der Sumpf: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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Haar sorgfältig so frisiert, dass es ihr Gesicht umspielte. Sie trug ein schlichtes, beiges Hauskleid und Sandalen. Sie hatte hellblaue Augen, und einen Moment lang sah Cowart im Gesicht der Mutter, die ihm erwartungsvoll entgegenblickte, das Kinn, die Wangen und die Nase des kleinen Mädchens.
    Er schluckte, verbannte das Bild und sagte: »Mrs. Shriver? Ich bin Matthew Cowart, vom Miami Journal. Sie haben wohl schon von Lieutenant Brown erfahren …«
    Sie nickte und unterbrach ihn. »Ja, ja, bitte kommen Sie herein, Mr. Cowart. Und sagen Sie Betty. Tanny hat uns Bescheid gegeben, Detective Wilcox käme heute Vormittag mit Ihnen vorbei. Wir wissen, dass Sie an einem Artikel über Ferguson arbeiten. Mein Mann ist auch hier. Wir würden gerne mit Ihnen reden.«
    Mit ihrer munteren, freundlichen Begrüßung konnte sie ihre Beklemmung nicht verbergen. Sie sprach, so schien es ihm, ein wenig abgehackt, um nicht schon jetzt die Kontrolle über ihre Gefühle zu verlieren. Während er ihr ins Haus folgte, dachte er: Lange schafft sie das nicht.
    Die Mutter des ermordeten Mädchens führte Cowart durch eine kleine Eingangsdiele ins Wohnzimmer. Er hörte, dass Wilcox ihm folgte, ignorierte ihn jedoch. Als er den Raum betrat, erhob sich ein stämmiger Mann mit großem Bauch und schütterem Haar etwas unbeholfen aus einem Sessel, kam Cowart entgegen und schüttelte ihm die Hand. »Ich bin George Shriver«, sagte er. »Freut mich, Sie kennenzulernen.«
    Cowart nickte und sah sich unauffällig um, während er versuchte, sich Einzelheiten einzuprägen. Das Zimmer war gepflegt und modern eingerichtet, mit einfachem Mobiliar und farbenfrohen Drucken an den Wänden. Die zwanglose Mischung wirkte, als hätten die beiden jedes Stück gekauft, weil sie es mochten, ohne dass es unbedingt zur übrigen Einrichtung passte. Alles in allem verbreitete die zusammengewürfelte Mixtur, eine ungezwungene Behaglichkeit. Eine Wand war Familienfotos gewidmet, die sofort Cowarts Aufmerksamkeit erregten. Dasselbe Bild von Joanie, das er in der Schule gesehen hatte, hing in der Mitte zwischen anderen Schnappschüssen. Er registrierte einen älteren Bruder und eine ältere Schwester.
    George Shriver folgte seinem Blick. »Unsere beiden älteren Kinder, George junior und Anne, studieren inzwischen. Beide an der University of Florida. Sie wären jetzt sicher gerne dabei«, sagte er.
    »Joanie war das Nesthäkchen«, erklärte Betty Shriver. »Kurz vor der Highschool.« Die Frau holte tief Luft, und ihre Lippen zitterten. Cowart sah, wie sie um Haltung rang und sich von den Fotos abwandte. Ihr Mann streckte eine riesige, klobige Hand aus und zog sie sanft zum Sofa, wo sie sich setzte, aber sofort wieder aufsprang. »Mr. Cowart, wo habe ich nur meine Manieren gelassen? Kann ich Ihnen etwas zu trinken anbieten?«
    »Ein Glas Eiswasser wäre nett«, erwiderte Cowart, während er sich von den Fotos abwandte und neben einen der Sessel trat. Die Frau verschwand einen Moment. Cowart nutzte die Gelegenheit für eine harmlose Frage, um die bleierne Schwere, die sich über den Raum gelegt hatte, zu vertreiben.
    »Sie sind Stadtrat?«
    »War«, antwortete George Shriver. »Jetzt arbeite ich nur noch im Laden. Mir gehören ein paar Baumärkte, einer hier in Pachoula, dann noch einer auf dem Weg nach Pensacola. Auf die Weise hab ich was zu tun, das hält mich auf Trab.«
    Er legte eine Pause ein, bevor er fortfuhr: »Ehemaliger Stadtrat. Früher hab ich mich für all diese Dinge interessiert, aber als Joanie von uns ging, hab ich damit aufgehört, dann die ganze Zeit beim Prozess, irgendwie wurde alles zu viel, und danach bin ich nie wieder zurück. Das ging die ganze Zeit so. Hätten wir nicht die anderen beiden gehabt, George junior und Anne, hätten wir vielleicht gar nichts mehr gemacht. Keine Ahnung, was aus uns geworden wäre.«
    Mrs. Shriver kehrte zurück und reichte Cowart ein Glas Wasser. Er sah, dass sie ihre Abwesenheit genutzt hatte, um sich zu fassen.
    »Es tut mir wirklich leid, das muss schwer für Sie sein«, sagte er.
    »Nein, es ist besser, seine Gefühle zum Ausdruck zu bringen, als sie zu verbergen«, antwortete George Shriver. Er setzte sich neben seine Frau aufs Sofa und legte den Arm um sie. »Den Schmerz wird man nie mehr los«, sagte er. »Vielleicht wird er ein bisschen dumpfer, weniger stechend, aber es gehört nicht viel dazu, und schon ist er wieder da. Ich brauche nur hier im Sessel zu sitzen und irgendwo in der Nachbarschaft eine

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