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Der Sumpf: Psychothriller (German Edition)

Der Sumpf: Psychothriller (German Edition)

Titel: Der Sumpf: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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es irgendwo im Kopf zu verstauen, einen Schlussstrich zu ziehen und mit dem, was einem vom Leben noch geblieben ist, neu anzufangen, auch wenn man mit diesem Schmerz klarkommen muss.«
    Er seufzte und schüttelte den Kopf. »Es ist fast so, als hätten sie uns gleich mit eingesperrt.«
    Cowart wartete ein paar Sekunden, bevor er fragte: »Aber Sie wissen, was ich mache?«
    »Ja«, antworteten beide Eltern wie aus einem Mund.
    »Sagen Sie, was Sie wissen«, forderte Cowart sie auf.
    Betty Shriver beugte sich vor. »Wir wissen, dass Sie Nachforschungen zum Fall anstellen, um rauszubekommen, ob es irgendwo unfair zugegangen ist, nicht wahr?«
    »Das trifft es ziemlich genau.«
    »Was war Ihrer Meinung nach unfair?«, fragte George Shriver in freundlich-neugierigem Ton, ohne eine Spur von Ärger.
    »Nun, das wollte ich gerade von Ihnen erfahren. Wie ist der Prozess Ihrer Meinung nach gelaufen?«
    »Für mich zählt nur, dass der Scheißkerl verurteilt wurde. Alles andere …«, fing George Shriver an und erhob dabei die Stimme, doch seine Frau legte ihm die Hand aufs Bein, und er schien sich augenblicklich zu beruhigen.
    »Wir waren jeden Tag da, Mr. Cowart«, sagte Betty Shriver. »Jede Minute. Wir haben ihn da sitzen sehen. Die Angst in seinen Augen war unverkennbar, Sir, eine verzweifelte Wut auf alle dort im Saal, während der Prozess lief. Ich hab gehört, er hasste Pachoula und alle Bewohner, Schwarze wie Weiße. Diesen Hass konnten Sie sehen, wenn er sich auf seinem Stuhl hin und her wand. Ich denke, die Geschworenen haben es auch gesehen.«
    »Und die Beweise?«
    »Sie haben ihn gefragt, ob er es gewesen ist, und er hat ja gesagt. Wer würde so was zugeben, wenn es nicht stimmt? Er hat gesagt, er wäre es gewesen. Mit seinen eigenen Worten. Verflucht, mit seinen eigenen Worten.«
    Wieder trat Stille ein, dann fügte George Shriver hinzu: »Natürlich war ich besorgt, dass sie nicht mehr gegen ihn in der Hand hatten. Wir haben stundenlang mit Tanny und Detective Wilcox darüber gesprochen. Tanny saß genau da, wo Sie jetzt sitzen, Abend für Abend. Sie haben uns erklärt, was da passierte. Sie haben uns erklärt, dass die Anklage von Anfang an auf wackeligen Füßen stand. Es sei eine reine Glückssache gewesen, dass sie ihn vor Gericht bringen konnten. Mein Gott, gut möglich, dass sie Joanie nie gefunden hätten, allein das schon sei reine Glückssache gewesen. Ich hätte mir gewünscht, sie hätten mehr Beweise gehabt, das können Sie mir glauben. Aber sie hatten genug. Sie hatten die Worte des Jungen, für mich war das genug.«
    Und genau das ist das Problem, dachte Cowart.
    Nach einer Weile fragte Betty Shriver ruhig: »Werden Sie einen Artikel schreiben?«
    Cowart nickte und antwortete: »Nur dass ich bis jetzt noch nicht weiß, was drinstehen wird.«
    »Was wird dann passieren?«
    »Ich weiß es nicht.«
    Sie runzelte die Stirn und hakte nach. »Es wird ihm helfen, nicht wahr?«
    »Auch das kann ich nicht sagen«, antwortete er.
    »Jedenfalls wird es ihm nicht schaden, oder?«
    Wieder nickte er. »Das stimmt. Schließlich sitzt er im Todestrakt. Was hat er zu verlieren?«
    »Ich möchte, dass er da bleibt«, sagte sie, stand auf und machte ihm Zeichen, ihr zu folgen. Sie gingen durch einen Flur. Vor der Tür blieb sie stehen, legte die Hand auf den Knauf, öffnete jedoch nicht. »Ich hatte gehofft, er würde dort bleiben, bis er vor seinen Schöpfer tritt. Dann wird er sich wirklich für all seinen Hass verantworten müssen, der uns unser Kind genommen hat. Ich möchte wahrlich nicht mit ihm tauschen, ganz bestimmt nicht, schon gar nicht so sterben wie er. Aber was sein muss, das muss eben sein, Mr. Cowart. Vergessen Sie das nicht.«
    Sie öffnete die Tür.
    Er sah hinein und hatte ein Mädchenzimmer vor sich. Die Tapete war weiß-rosa, die Tagesdecke auf dem Bett mit Rüschen besetzt. Er sah Stofftiere mit großen traurigen Augen und zwei leuchtend bunte Mobiles, die von der Decke hingen. Die Wände waren mit Bildern von Ballerinas und einem großen Poster von der Kunstturnerin Mary Lou Retton dekoriert. Ein Bücherregal quoll über, einige Titel konnte er auf die Entfernung lesen: Misty of Chincoteague, Black Beauty und Betty und ihre Schwestern. Auf ihrem Schreibtisch entdeckte er ein lustiges Foto von Joanie Shriver, geschminkt und verkleidet wie ein Glamour-Girl der Goldenen Zwanziger. Daneben stand ein randvoll mit buntem Modeschmuck gefülltes Kästchen. Eine Zimmerecke nahm eine große Puppenstube

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