Der Sumpf: Psychothriller (German Edition)
machen will. Also hatten sie es auf mich abgesehen.«
Ferguson schien sich warm zu laufen, doch Cowart fiel ihm ins Wort. »Also gut, nehmen wir mal an, das alles wäre wahr und ich würde meinen Artikel schreiben: dürftige Beweislage. Fragwürdige Identifizierung. Schlechter Anwalt. Herausgeprügeltes Geständnis. Das ist allerdings erst die Hälfte von dem, was Sie mir versprochen haben.« Jetzt hatte er Fergusons volle Aufmerksamkeit. »Ich will den Namen. Den Namen des wahren Mörders, haben Sie gesagt. Reden wir also nicht länger um den heißen Brei herum.«
»Und was versprechen Sie mir …«
»Nichts. Nur meinen Artikel, die ganze Geschichte aus meiner Sicht.«
»Schon verstanden, aber es geht um mein Leben. Vielleicht um meinen Tod.«
»Keine Versprechen.«
Ferguson setzte sich und sah Cowart an. »Was wissen Sie wirklich über mich?«, fragte er.
Die Frage brachte Cowart aus dem Konzept. Was wusste er? »Was Sie mir erzählt haben. Was andere mir erzählt haben.«
»Glauben Sie, dass Sie mich kennen?«
»Ein bisschen vielleicht.«
Ferguson schnaubte. »Da liegen Sie falsch.« Er schien zu zögern, als wollte er das, was er gerade gesagt hatte, noch einmal überdenken. »Was Sie vor sich sehen, das bin ich unter anderem. Ich hab meine Fehler, ich hab vielleicht Sachen gesagt, die ich besser für mich behalten hätte. Vielleicht hätte ich nicht dieser ganzen Stadt ans Bein pinkeln sollen. Dann hätten sie sich vielleicht nicht gleich auf mich eingeschossen, als auf der Straße gewaltiger Ärger auf sie zukam und sie den Wagen, ohne es auch nur zu wissen, einfach vorbeifahren ließen.«
»Ich kann nicht folgen.«
»Werden Sie noch.« Ferguson schloss die Augen. »Ich weiß, dass ich manchmal ein bisschen auftrumpfe, aber man ist nun mal so, wie man ist, nicht wahr?«
»Vermutlich.«
»Sehen Sie, genau das ist in Pachoula passiert. Es kam Ärger in die Stadt. Ist ein paar Minuten dageblieben und weitergezogen. Hat mich und den ganzen anderen Scherbenhaufen zurückgelassen.« Er lachte über Cowarts Gesichtsausdruck. »Noch mal von vorne. Nehmen wir mal an, ein Mann – ein wirklich böser Mann – fährt in einem Wagen Richtung Süden und macht einen Abstecher nach Pachoula. Nicht weit von der Schule hält er unter einem Baum, um sich vielleicht einen Burger und Fritten zu besorgen. Entdeckt ein junges Mädchen. Beschwatzt sie, bei ihm einzusteigen, weil er vielleicht einigermaßen nett aussieht. Sie haben die Stelle gesehen. Ist wirklich nicht schwer, in wenigen Minuten aus der Stadt raus in den Sumpf zu kommen, wo man ganz allein und ungestört ist. Genau da treibt er es mit ihr und bringt sie um. Verlässt den Ort für immer und denkt keine drei Minuten mehr darüber nach, was er getan hat, und auch das nur, um sich daran zu erinnern, wie gut es sich angefühlt hat, dieses kleine Mädchen umzubringen.«
»Fahren Sie fort.«
»Der Mann tingelt kreuz und quer durch den Bundesstaat. Ein bisschen Ärger in Bay City, ein bisschen in Tallahassee. Orlando. Lakeland. Tampa. Bis runter nach Miami. Schulmädchen. Ein Touristenpaar. ’ne Kellnerin in einer Bar. Dumm für ihn, dass er, als er in die Großstadt kommt, ein bisschen leichtsinnig wird, und er macht Fehler, wird im großen Stil verhaftet. Vorsätzlicher Mord. Dämmert es bei Ihnen?«
»Ja, so allmählich. Ich bin ganz Ohr.«
»Der Prozess dauert Jahre, am Ende landet der Kerl hier im Trakt. Und was stellt sich raus, als er bei uns eintrifft? Ein echter Brüller. Der größte Brüller, den Sie sich vorstellen können. Der Mann in der Zelle neben ihm wartet auf seinen Hinrichtungstermin für ein Verbrechen, das er begangen und inzwischen schon fast vergessen hat, weil es so viele sind, dass er sie im Kopf nicht mehr ganz auseinanderhalten kann. Kriegt sich nicht mehr ein vor Lachen. Nur dass es für den Mann in der Zelle nebenan nicht ganz so komisch ist, nicht wahr?«
»Wollen Sie damit sagen …«
»Genau das, Mr. Cowart. Der Mann, der Joanie Shriver ermordet hat, sitzt hier im Todestrakt ein. Kennen Sie einen Mann namens Sullivan?«
Cowart schnappte ein wenig nach Luft. Der Name explodierte wie ein Schrapnell in seinem Kopf. »Allerdings.«
»Jeder kennt Blair Sullivan, richtig, Mr. Reporter?«
»Richtig.«
»Nun ja, der hat sie umgebracht.«
Cowarts Gesicht glühte. Er hätte am liebsten seine Krawatte gelockert, den Kopf zu einem Fenster hinausgehalten oder irgendwo in einer Brise gestanden, Hauptsache, Luft. »Woher wissen Sie
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