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Der Sumpf: Psychothriller (German Edition)

Der Sumpf: Psychothriller (German Edition)

Titel: Der Sumpf: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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Kerl im Trakt ein, fing er zu fressen an. Der futterte alles in sich hinein, was er kriegen konnte. War vorher schon ziemlich gut dabei und legte immer weiter zu. Aß Brot und Kartoffeln und Spaghetti, bis es ihm aus den Ohren rauskam. Stärke, verstehen Sie? Hoffte, er käme um den Stuhl herum, wenn er so dick würde, dass er nicht mehr draufpasst. Köstlich, was? Nur dass er es nicht ganz geschafft hat. War zwar knapp, aber, na ja, die Gurte im äußersten Loch. Und dann war er natürlich die Witzfigur. Bis sie mit ihm fertig waren, muss er wie ein Schweinebraten ausgesehen haben. Jetzt sagen Sie mir, wo da die Logik ist.«
    Wieder lachte er. »Es gibt keinen besseren Ort als den Todestrakt, um die Ironie des Schicksals zu verstehen.« Er starrte Cowart an, und wieder zuckte eins seiner Augenlider.
    »Lassen Sie hören, Cowart, sind Sie auch ein Mörder?«
    »Was?«
    »Ich meine, haben Sie schon mal jemanden umgebracht? Vielleicht in der Army? Sie sind alt genug für Vietnam. Waren Sie da? Nein, wohl eher nicht. Sie haben nicht diesen weggetretenen Blick der Veteranen, wenn ihnen die Erinnerungen hochkommen. Aber vielleicht sind Sie als Teenager jemandem mit Vollgas reingefahren. Haben Sie vielleicht eines Samstagabends Ihren besten Kumpel oder die Braut getötet, die Sie gerade gebumst haben? Oder haben Sie einem Arzt gesagt, er soll den Stecker ziehen, als Ihre Mom oder Ihr Dad so klapprig war, dass sie oder er nur noch mit künstlicher Beatmung am Leben blieb? Haben Sie das getan, Cowart? Oder wie steht’s damit? Schon mal Ihrer Frau oder Freundin gesagt, dass sie abtreiben soll? Weil Sie keine Gören gebrauchen können, die Ihrer Karriere in die Quere kommen? Das ist Ihnen vielleicht alles zu primitiv, Cowart, wie? Aber mal ehrlich. Sie wollen mir bestimmt nicht weismachen, dass Sie sich noch nie auf irgendeiner Party in Miami ein, zwei Pfeifchen Koks reingezogen hätten. Wissen Sie, wie viele arme Schweine wegen dieser einen Lieferung ins Gras beißen? Raten Sie mal, nennen Sie einfach eine Zahl. Na los, Cowart, sind Sie auch ein Mörder?«
    »Nein, ich bin kein Mörder«, erwiderte Cowart.
    Blair Sullivan schnaubte. »Sie irren sich. Jeder ist ein Mörder, sehen Sie nur genau hin. Legen Sie das Wort nicht zu eng aus. Haben Sie noch nie in einer Einkaufspassage gesehen, wie eine richtig miese Mutter auf ihr Kind losgeht und es vor aller Augen verdrischt? Was meinen Sie, was da gerade vor sich geht? Schauen Sie in die Augen des Kindes, und Sie stellen fest, die werden eiskalt, Sir. Und irgendwann wird aus dem Kleinen ein Mörder. Wieso werfen Sie dann nicht auch einen Blick in Ihr eigenes Innenleben? Sie haben nämlich auch diese eiskalten Augen, Cowart. Sie sind dazu fähig, so viel steht fest. Dazu brauche ich Sie nur anzusehen.«
    »Geniale Gabe.«
    »Nein, genial wäre übertrieben, nur eine besondere Fähigkeit. Gleich und Gleich … Sie wissen schon. Wenn man nur oft genug mit dem Tod zu tun gehabt hat, Cowart, dann erkennt man die Zeichen.«
    »Jedenfalls liegen Sie in diesem Fall daneben.«
    »Tatsächlich? Werden wir ja sehen. Warten wir’s ab.«
    Sullivan lümmelte sich auf den harten Metallstuhl, doch so entspannt er sich auch gab, er durchbohrte er Cowart mit seinem Blick. »Es wird immer leichter, wissen Sie?«
    »Was?«
    »Das Töten.«
    »Und wie kommt das?«
    »Gewöhnung. Man lernt sehr schnell, wie Menschen sterben. Manche sterben schwer, andere leicht. Die einen wehren sich wie der Teufel, die anderen lassen es einfach geschehen. Manche flehen um ihr Leben, andere spucken einem in die Augen. Die einen weinen, andere lachen. Manche rufen nach ihrer Mom, andere sagen dir: ›Wir sehen uns in der Hölle wieder.‹ Es gibt welche, die sich mit Zähnen und Klauen ans Leben klammern, und andere, die sich einfach fügen. Aber am Ende ist es bei allen gleich. Wir werden kalt und starr. Sie. Ich. Am Ende macht es keinen Unterschied.«
    »Am Ende vielleicht. Die Frage ist, wie wir dahin kommen. Da sehe ich – mit Verlaub – große Unterschiede.«
    Sullivan lachte. »Stimmt. Übrigens ein Klassiker hier im Todestrakt, Cowart. Genau das würde jemand sagen, der hier acht Jahre abgesessen hat und dessen Zeit nach hundert Revisionsanträgen und Gnadengesuchen abgelaufen ist. Man stirbt auf tausend verschiedene Arten.«
    Er nahm einen tiefen Zug an seiner Zigarette und blies den Rauch in die abgestandene Gefängnisluft. Sein Blick folgte der weißen Wolke, bis sie sich verflüchtigt hatte. »Wir sind

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