Der Sumpf: Psychothriller (German Edition)
alle Staub und Rauch, nicht wahr? Unterm Strich. Das hab ich auch diesen Seelenklempnern gesagt, obwohl sie, glaube ich, was anderes hören wollten.«
»Was für Seelenklempner?«
»Die vom FBI. Sie haben diese spezielle Abteilung für Verhaltensforschung, wo sie sich mächtig ins Zeug legen, um rauszufinden, was einen zum Massenmörder macht, damit sie gegen dieses amerikanische Freizeitvergnügen etwas unternehmen können …« Er grinste. »Natürlich ist ihre Erfolgsquote bis jetzt eher bescheiden, denn schließlich hat jeder von uns seine eigenen Gründe, die sie nicht unbedingt auf die anderen übertragen können. Trotzdem, richtig nette Kerle. Kommen ganz gerne, machen mit mir diesen Minnesota Multiphasic Personality Inventory, dann Thematische Auffassungstests, Rorschach-Tests, IQ-Tests und Gott weiß, was noch alles, das nächste Mal besteh ich bei denen wahrscheinlich das College-Examen. Am liebsten haben sie es, wenn ich mit ihnen viel über meine Mutter rede und wie ich die alte Hexe gehasst habe, von meinem Stiefvater ganz zu schweigen. Er hat mich verprügelt, wissen Sie. Übel verprügelt. Ich brauchte nur den Mund aufzumachen. Hat mich mit den Fäusten, dem Gürtel, dem Schwanz traktiert. Verprügelt und gefickt, verprügelt und gefickt, tagein, tagaus, so regelmäßig, dass man die Uhr danach stellen konnte. Mann, hab ich die gehasst. Tu ich bis heute, können Sie schriftlich haben. Sind jetzt über siebzig, wohnen immer noch in einem kleinen Bungalow in den Upper Keys, mit einem Kruzifix an der Wand und einem knallbunten Bild von Jesus. Und bilden sich immer noch ein, ihr Heiland würde eines Tages zur Tür reinmarschieren, und sie kämen geradewegs in den Himmel. Wenn sie meinen Namen hören, bekreuzigen sie sich und sagen so Sachen wie: ›Der Junge war schon immer vom Teufel besessen.‹ Da hängen die Jungs vom FBI mir an den Lippen. Sie auch, Mr. Cowart? Oder wollen Sie nur wissen, wieso ich all diese Leute umgebracht habe, auch solche, die ich kaum kannte?«
»Ja.«
Er stieß ein zynisches Lachen aus. »Also, die Antwort ist furchtbar einfach. Ich war auf dem Weg nach Hause und hab mich irgendwie ablenken lassen. Und dann hab ich es nicht mehr bis nach Hause geschafft. Verstehen Sie, was ich meine?«
»Nicht ganz.«
Sullivan grinste und verdrehte die Augen. »Das Leben ist ein Mysterium, nicht wahr?«
»Wenn Sie’s sagen.«
»Richtig. Wenn ich’s sage. Sie interessieren sich nicht für all diese Leute, die ich umgebracht habe, richtig? Deshalb sind Sie nicht gekommen.«
»Nein.«
»Dann lassen Sie mal hören, wieso Sie mit einem bösen alten Mann wie mir reden wollen?«
»Robert Earl Ferguson und Pachoula, Florida.«
Soweit es ihm die Fesseln erlaubten, warf Blair Sullivan den Kopf zurück und brach in ein brüllendes Gelächter aus, das von den Gefängniswänden widerhallte. Cowart sah, dass für einen Moment einige Wachmänner herumfuhren, bevor sie sich wieder ihren Aufgaben zuwandten.
»Nun ja, Cowart, allerdings ein interessantes Thema. Sogar sehr interessant. Aber ich fürchte, das muss noch ein bisschen warten.«
»Wie Sie wollen. Und weshalb?«
Blair Sullivan beugte sich blitzschnell über den Tisch. Die Kette, die ihn mit dem Ring verband, rasselte, an Sullivans Hals trat eine Vene hervor, und sein Gesicht war puterrot. »Weil Sie mich noch nicht gut genug kennen.« Dann lehnte er sich ebenso unerwartet zurück und griff nach einer weiteren Zigarette, die er am Stummel der ersten anzündete. »Reden wir ein bisschen über Sie, Cowart, dann beantworte ich vielleicht Ihre Fragen. Ich weiß gerne, mit wem ich es zu tun habe.«
»Was wollen Sie wissen?«
»Verheiratet?«
»Geschieden.«
Der Häftling johlte. »Kinder?«
Matthew Cowart zögerte, bevor er antwortete: »Nein.«
»Lügner. Leben Sie allein oder haben Sie eine Freundin?«
»Allein.«
»Wohnung oder Haus?«
»In einer kleinen Wohnung.«
»Irgendwelche engen Freunde?«
Wieder zögerte er. »Sicher.«
»Lügner. Das ist das zweite Mal. Ich zähle mit. Was machen Sie so nach Feierabend?«
»Rumsitzen. Lesen. Oder ich sehe Sport.«
»Die meiste Zeit allein, he?«
»Stimmt.«
Wieder zuckte er mit dem Augenlid. »Schlafprobleme?«
»Nein.«
»Lügner. Das dritte Mal. Sie sollten sich was schämen, einen Todeskandidaten anzulügen. Genau wie Petrus, ehe denn der Hahn kräht. Träumen Sie nachts?«
»Was zum Teufel …«
»Spielen Sie mit, Cowart, oder ich marschier hier raus und beantworte keine
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