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Der Symmetrielehrer

Der Symmetrielehrer

Titel: Der Symmetrielehrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Bitow
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unbedachterweise einst die Wege seiner Macht gekreuzt hatte, einem gewissen Herrn Poluschan. Und das an einem solchen Tag! Wo steckte bloß der verdammte Pantoffel?! Der böse Geist der Gereiztheit bemächtigte sich seiner endgültig, da entdeckte er auch den Pantoffel auf dem Nachttisch. Schon im
Halbschlaf hatte er, weil er nicht wusste, wie er den Wecker zum Gehen bringen sollte und sonst nichts zur Hand hatte, den Pantoffel daruntergeschoben, um endlich den gesuchten Neigungswinkel zu erlangen – die Erinnerung heiterte ihn auf, die Gereiztheit klang leicht ab, und er brachte es fertig, ungereizt, mit der nötigen Sohnesehrerbietigkeit, bei der Königinmutter die Bettpfanne wegzuholen.
    Als er mit der Bettpfanne den Flur entlangging, hörte er noch andere merkwürdige Geräusche, die aus der Küche kamen, so etwas wie ein Schluchzen. Wer mochte da weinen? An Badezimmer und Toilette vorbei, immer noch die schwappende Bettpfanne in der Hand und bekleidet nur mit der Unterhose, schaute König Bartholomäus natürlich zur Küche hinein, wo er ein zottelhaariges, barfüßiges Mädel erblickte, das nur ein kurzes Hemdchen anhatte und unter gierigem Geschluchze und sich bekleckernd direkt aus der Flasche kalte Milch in sich hineingoss (die Tür des Kühlschranks stand offen). Das Mädel quiekte wie ein Rättchen, verspritzte Milch und wischte über den Flur zum Zimmer des Erbprinzen (Bartholomäus' des Jüngeren oder Mittleren, denn es gab noch einen Bartholomäus, jünger als der Jüngere, genannt Bartholomäus der Allerjüngste … aber der war gerade nicht da, er und die Herzogin waren nach Opatija gereist, um den herzoglichen Rücken zu kurieren) – König Bartholomäus seufzte der Favoritin des Prinzen Bartholomäus hinterdrein, einer von unzähligen, die er nicht mehr auseinanderhalten konnte. Ahndungsvoll sog der König die Luft ein und erschnupperte jenen würzigen Geruch, dessentwegen er auch mit Alexander dem Großen noch eine Rechnung zu begleichen hatte; insgesamt brachte er ihm zwar Sympathie entgegen, doch in gewissem Maß beschuldigte er gerade ihn, Alexander, dass er in seinen Kriegen, entartet während des Nomadenlebens, auf den Geschmack von Drogen gekommen sei und dem Stoff den direkten Weg nach Europa gebahnt habe. Der Prinz begeisterte sich in letzter Zeit oberflächlich für den Orient, und tagtäglich dröhnte er sich, auf Teufel komm raus, bis zur Bewusstlosigkeit zu. Es fiel Bartholomäus wieder ein, was für ein Tag heute war, und weil er sich,
zum Schaden der großen Sache, durch seine Nächsten gestört fühlte, stieg der böse Geist der Gereiztheit mit neuer Wucht in ihm hoch. Jedoch – wieviel Uhr war es? Auch die Uhr in Form des trojanischen Pferdes, ein Familienerbstück seiner Frau noch aus vornapoleonischer Zeit, der Blütezeit der Herzöge de Eau, eine Uhr, um deren akkurates Schlagwerk über viele Generationen ein fortwährender, unaufhörlicher Erbkampf geführt worden war – diese Uhr stand ebenfalls.
    Er stieß wütend dagegen, und da schlug sie, lange stehengeblieben, mit ihren kleinen Hufen für die gesamte Nacht auf einmal. Siebenunddreißig Schläge zählte Bartholomäus, das konnte keine Zeit sein. Bartholomäus musste lachen; komme, was da wolle, aber seinen Humor ließ sich der König nicht nehmen. Er schaute zum Fenster hinaus; dort war es leicht grau, und das bedeutete – nach neun! Der Morgen des großen Tages war angebrochen, und Bartholomäus war längst zu spät dran.
    Als er die Morgentoilette der Königinmutter beendet und sie mit Kaffee und Armen Rittern versorgt hatte, setzte er sie fürsorglich auf ihren Rollstuhl-Thron und hüllte sie in ihre Hermelin-Mantille, die derart abgewetzt war, schon ohne Schwänze und Pfoten, dass sie sogar wie eine aus Kaninchenfell aussah, doch wärmte sie noch immer; er rollte, genauer gesagt, schleifte (der Rollstuhl hatte keine Räder mehr, statt dessen eine Kufe aus einem abgebrochenen halben Ski) den Thron auf die offene Terrasse, wo in der Ecke in einem Kübel eine Birke kümmerte und sich der Blick auf die nassen Dächer von Paris auftat, der Hauptstadt von Bartholomäus' französischer Provinz und der Heimat seiner Frau, woselbst seine Residenz derzeit beherbergt war. ›Ach, dieses Emigrantendasein …‹, seufzte Bartholomäus. Er mochte die Stadt nicht. ›Wenn nicht die Heirat …‹, seufzte er und pustete ein Dampfwölkchen in den feuchten Nebel, in Richtung seiner Heimat, dorthin, wo ein nebliges Albion

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