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Der Täter / Psychothriller

Der Täter / Psychothriller

Titel: Der Täter / Psychothriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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entgegensahst.
    Woher wusstest du eigentlich vom Rabbi?
    Winter nahm sich vor, der Frage nachzugehen. Finde es heraus, befahl er sich, denn wenn Herman Stein vom Rabbi erfahren kann, dann auch der Schattenmann.
    Da warst du also, und er hat dir im Flur eine Falle gestellt. Er hat dich gezwungen, gemeinsam mit ihm in die Wohnung zu gehen. Dann hat er dich an den Schreibtisch gesetzt. Hat er dich auch gezwungen, deinen Abschiedsbrief selbst zu schreiben? Ich denke schon, denn da kam dir die Idee, das h auszulassen. Hat dich das für einen Moment getröstet? Hat es dir wenigstens ein bisschen Kraft gegeben? Dir geholfen, dich zu der Waffe umzudrehen, als er sie dir an die Stirn hielt?
    Simon Winter dachte: Herman Stein, ich ziehe den Hut vor dir. Du warst ein tapferer Mann, und niemand außer mir weiß es.
    An dieser Stelle legte der alte Detective eine Pause ein, denn er hatte den Eingang zum Sunshine Arms erreicht.
    Hat er mit dir geredet, Herman Stein?
    Was hat er gesagt?
    Winter sah den alten Mann Sekunden vor seinem Tod mit aufgerissenen Augen starr an seinem Schreibtisch sitzen. Er spürte die Angst, die schwindelerregende Qual, die Herman Stein empfunden haben musste. So viele Jahre mit dem Leben davongekommen zu sein und am Ende doch seinem Alptraum gegenüberzustehen …
    Er verharrte auf dem Bürgersteig. Die Hitze des Tages flirrte immer noch in der Luft, doch er merkte nichts davon. Stattdessen verlieh er in dem Filmausschnitt, der vor seinem inneren Auge ablief, der nebulösen Gestalt, der sich Herman Stein gegenübersah, nacheinander die Gesichter der Mörder, mit denen er es in seiner Laufbahn zu tun bekommen hatte. Mühsam ging er den langen Katalog der Verbrechen durch: ein psychotischer Mann, der mit einem Schlachtermesser auf seine Frau und Kinder losgegangen war; ein Auftragskiller, der seiner Zielperson vorzugsweise eine kleinkalibrige Pistole an die Schädelbasis hielt; der brutale Anführer einer Gang, dessen favorisiertes Tatwerkzeug ein Baseballschläger war, mit dem er seinen Opfern am liebsten zuerst die Beine zerschlug, um sich mit zunehmender Rage systematisch nach oben vorzuarbeiten. Dieser Galerie gesellte er ein paar Serienmörder hinzu, ein junges Verbrecherpärchen, das für den Kick getötet hatte, mehrere Vergewaltiger, die eine noch abartigere, wirkungsvollere Art entdeckt hatten, sich aufzugeilen. Eine nach der anderen ließ er diese Gestalten aus seiner Erinnerung aufmarschieren und im selben Moment wieder in der Versenkung verschwinden.
    Er hob die Hand und wischte sich den feinen Schweißfilm von der Stirn, der sich direkt unter dem Rand seiner Baseballkappe gebildet hatte.
    Du warst nicht in der Reihe, stimmt’s, Schattenmann? Du passt nicht in die Erinnerungen eines Polizisten.
    Auf dem Weg zu seinem eigenen Domizil streifte Simon Winters Blick Sophie Millsteins leere Wohnung. Verrate mir etwas. Egal, was, forderte er stumm. Doch im Licht eines letzten Sonnenstrahls, der auf eine Wand fiel, wirkte das Apartment seltsam verwaist. Winter öffnete seine Tür und trat in den kühlen Luftzug, der ihm wie ein klarer Gedanke entgegenwehte. Er war froh, die Klimaanlage angelassen zu haben, und dachte nur einen Moment lang an die Rechnung von der Stromgesellschaft, die seine verschwenderischen Gewohnheiten widerspiegeln würde. Als er ins Wohnzimmer trat, sah er, dass er eine Nachricht auf dem Telefonbeantworter hatte. Plötzlich fühlte er sich ausgedörrt und brauchte dringend etwas zu trinken. Er glaubte, sich an eine Dose Limonade im Kühlschrank zu erinnern, und machte einen Schritt in die Richtung, blieb jedoch stehen und drehte sich zu dem Apparat um.
    Er drückte auf die Wiedergabetaste und hörte nach einigem Zischen und elektronischen Störgeräuschen die Stimme des Rabbi. Sie klang fern und blechern, doch voller Angst: »Mr.Winter? Bitte rufen Sie mich an, sobald Sie können …«
    Es trat eine kurze Pause ein, bevor der Rabbi hinzufügte:
    »Es geht um Irving Silver. Er ist verschwunden.«
    Wieder verstummte er, dann:
    »Ich habe mich geirrt. Oh, mein Gott. Wir hätten ihm nicht ausreden sollen, sich eine Waffe zu besorgen …« Damit schaltete sich der Apparat aus.

[home]
15
    Der verschwundene Mann
    I hnen stand eine Mischung aus Wut und Angst ins Gesicht geschrieben.
    Simon Winter winkte kurz, dann eilte er Frieda Kroner und Rabbi Rubinstein entgegen. Sie standen vor der langen Veranda des Columbus, eines alten Hotels für Dauergäste einen Häuserblock vom Meer

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