Der Täter / Psychothriller
Streifenwagen postiert.«
»Nein, die müssen Sie abziehen. Wir dürfen ihn nicht noch misstrauischer machen, als er es gewiss ohnehin schon ist.«
»Aber wenn er …«
»Sie sind sich über das Risiko im Klaren. Sie sind der Köder, und das wissen sie.«
»Das gefällt mir nicht.«
»Machen Sie einen besseren Vorschlag.«
Walter Robinson schwieg. »Trotzdem gefällt es mir nicht«, sagte er schließlich.
Winter schmunzelte. »Sehen Sie? Da bin ich Ihnen gegenüber im Vorteil. Ich arbeite für niemanden. Bin nicht mehr bei den Stadtvätern von Miami in Lohn und Brot. Ich muss mir um gar nichts Gedanken machen, außer darum, die Sache erfolgreich zu Ende zu bringen. Kann mir auch völlig egal sein, was die Zeitungen dazu sagen; mir redet kein Vorgesetzter rein. Als ich sagte, wir können ihm eine Falle stellen, war es so gemeint, wie ich es gesagt habe. Und für eine Falle braucht man nun mal einen Köder. Er muss frisch und verlockend sein, und er läuft immer Gefahr, gefressen zu werden, nicht wahr? Vielleicht schnappen die Federn nicht genau im richtigen Moment ein und die Beute rennt weg, nachdem sie sich den Köder geschnappt hat. Meine Empfehlung an Sie, Detective, wäre also, sich absolut bedeckt zu halten, Sie und Ihre Freundin, Miss Martinez. Falls es schiefgehen sollte, können Sie mir die Schuld geben.«
»Das würde ich nicht tun.«
»Natürlich würden Sie das, und ich hätte nichts dagegen. Ich bin nur ein verrückter alter ehemaliger Polizist, und es würde mir nicht das Geringste ausmachen. Was sage ich, wahrscheinlich würde es ein bisschen Abwechslung in mein Leben bringen.«
»Ich würd’s trotzdem nicht tun.«
»Wieso nicht? Ich bin alt, Detective Robinson. Und wissen Sie was? Mir macht nichts mehr Angst. Begreifen Sie das? Nichts. Außer vielleicht, diesen Hurensohn nicht zu schnappen.«
Simon Winter lächelte und klatschte für einen guten Wurf auf dem Spielfeld Applaus. »Ich glaube, ich will nicht, dass mich dieser Kerl überlebt.«
»Ich denke, Sie haben noch ein paar gute Jährchen vor sich.«
Der alte Mann lachte laut. »Na ja, einigen wir uns auf Jährchen, ob ich sie deswegen gleich als
gut
bezeichnen würde …«
»Einverstanden. Ich zieh die Streifenwagen ab. Und dann?«
Winters Stimme klang unvermittelt frostig, als er die Frage beantwortete:
»Dann zwingen wir ihn, den nächsten Zug zu machen.«
»Und wie hatten Sie sich das vorgestellt?«
»Also, normalerweise würden Sie, wenn Sie ein Bild vom Tatverdächtigen haben, damit hausieren gehen. Sie würden es in die Fernsehnachrichten bringen, dafür sorgen, dass es der
Herald
auf der Titelseite bringt. Die ganze Gegend damit zupflastern, richtig? Und dann hoffen, dass jemand anruft.«
»Das ist die übliche Vorgehensweise, ja.«
»Aber bei unserem Mann wird es nicht funktionieren, richtig?«
»Nein«, antwortete Robinson. »Nach allem, was ich vermute, nicht. Er würde abhauen, weiter nichts.«
»Wenn wir ihn verschrecken, retten wir immerhin vielleicht Frieda Kroner und Rabbi Rubinstein das Leben. Wir vergraulen ihn, und sie leben möglicherweise friedlich bis ans Ende ihrer Tage.«
»Und schauen dabei unentwegt über die Schulter, weil er jeden Moment zurückkommen könnte.«
»Aber sie leben.«
»Das ist wahr, sie leben.«
Beide Männer schwiegen eine Weile. Sie horchten auf die Geräusche vom Spiel, die erhobenen Stimmen, das Klatschen, wenn zwei Körper zusammenprallten, das Rasseln des Korbnetzes, wenn ein Ball durchrutschte.
»Wir pfeifen also auf die übliche Vorgehensweise«, stellte Robinson fest. »Was machen wir stattdessen?«
Winter grinste. »Mir ist da so eine Idee gekommen«, begann er. »Sehen Sie,
er
wird nicht wissen, dass wir sein Foto haben, und er wird nicht wissen, dass wir auf ihn warten. Wir tun also etwas sehr Subtiles. Wir
suggerieren
etwas. Wir tun nur gerade mal so viel, dass wir ihn zu einer übereilten Reaktion provozieren, wenn er eigentlich noch nicht so weit ist.«
»Verstehe. Was suggerieren wir ihm?«
»Na ja, zum Beispiel könnten die hiesigen Rabbiner eines Abends im Gottesdienst erwähnen, dass ein Schatten über die Gemeinde gefallen ist. Im Holocaust Center könnten wir einen Handzettel anbringen, auf dem jeder, der Erkenntnisse über das Berlin der Kriegsjahre beizusteuern hätte, gebeten wird, sich mit Rabbi Rubinstein in Verbindung zu setzen. Derselbe Zettel könnte auch bei ein paar Wohnungseigentümer-Versammlungen aushängen. Nur so viel, dass ihn die
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