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Der Täter / Psychothriller

Der Täter / Psychothriller

Titel: Der Täter / Psychothriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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in die gewiesene Richtung, so dass ihre Absätze im Stakkato auf dem blankpolierten Linoleumboden klackten.
    Der Fahrstuhl schwebte geräuschlos in der Mitte des Gebäudes nach oben. Als sich die Türen rasselnd öffneten, trat sie hinaus und hielt nach Walter Robinson Ausschau, begegnete jedoch nur einem Detective aus dem Dezernat für Eigentumsdelikte, der vor Monaten bei einem Fall ihr Hauptzeuge gewesen war. Er sah von seinem Notizblock auf und lächelte. »Hey, Espy! Zu den Kapitalverbrechen aufgestiegen, was?« Zur Antwort zuckte sie nur mit den Achseln, und er fügte hinzu: »Die Show findet da drüben statt. Sie nehmen gerade die Kleine in die Mangel.«
    Sie brauchte nicht lange, um zu begreifen, was er meinte, und bei der Aussicht musste sie grinsen. Sie folgte dem Finger des Detective und betrat einen schmalen, neonbeleuchteten Flur, der sie zu dem von der gnadenlosen Sommerhitze abgeschirmten Kern des Präsidiums brachte. Die Klimaanlage blies eisige Luft in den engen Gang, so dass sie unwillkürlich zitterte. Sie registrierte, dass in diesem Bereich ein grauer Teppichboden das Geräusch ihrer Schritte schluckte, so dass sie nur noch ihren Atem hörte. Für einen Augenblick fühlte sie sich vollkommen allein, und sie begriff, dass diese Empfindung bei den Tatverdächtigen bewusst herbeigeführt wurde.
    Etwa in der Mitte des Flurs lagen zwei Türen einander gegenüber. Auf je einem Plastikschild stand VERHÖRZIMMER 1 und VERHÖRZIMMER 2. Beide Räume hatten Fenster zum Flur, so dass man die Vorgänge im Innern vom Korridor aus beobachten konnte. Espy Martinez war klar, dass es sich um Einwegglas handelte, durch das sie hinein-, die Verhörten jedoch nicht hinaussehen konnten. Ihr fiel eine kleine Sprechanlage neben dem Fenster ins Auge.
    Sie blieb stehen und entdeckte in einem der Zimmer Walter Robinson. Er saß einer jungen, auffällig attraktiven schwarzen Frau gegenüber, die offenbar geweint hatte. Espy Martinez drehte sich um und sah im gegenüberliegenden Raum einen stämmigen schwarzen Mann am Tisch sitzen. Er trommelte mit den Fingern auf die Plastikfläche und starrte wütend zwei uniformierte Beamte der Kripo Miami an, die ihn geflissentlich ignorierten. Sie beobachtete, wie der Mann sich eine Zigarette anzündete und das verkohlte Streichholz wütend in einen von ausgedrückten Kippen überquellenden Aschenbecher warf. Der Mann zappelte ungeduldig auf seinem Stuhl, bis beide Polizisten ihn mit gezielten, missbilligenden Blicken dazu brachten, stillzusitzen. Danach ignorierten sie ihn wieder. Sie sah, wie er mit den Lippen einen Kraftausdruck formte, den er vermutlich in die abgestandene Luft des Raumes spuckte. Die beiden Beamten zeigten sich wenig beeindruckt.
    Sie wandte sich wieder dem Zimmer mit Robinson zu und trat ein.
    Als sie in der Tür erschien, stand er augenblicklich auf. »Ah, Ms. Martinez, wie schön, dass Sie kommen konnten.«
    »Detective«, erwiderte sie betont förmlich.
    Mit einem mäßig freundlichen Lächeln wandte sich Walter Robinson wieder der Frau zu. »Yolanda, schauen Sie sich diese Frau hier genau an.«
    Die Schöne richtete den verweinten Blick auf Espy Martinez.
    »Sehen Sie dieses gepflegte Kostüm, Yolanda? Und schauen Sie sich diese Absätze an. Ganz schön scharf, nicht wahr? Und die Aktentasche! Das ist echtes Leder. Kein Ramsch. Sehen Sie das alles, Yolanda?«
    »Ja«, antwortete Yolanda mürrisch.
    »Dann erkennen Sie auch, dass sie keine Polizistin ist, hab ich recht, Yolanda? Das sieht man doch auf den ersten Blick, nicht wahr?«
    »Sie wirkt kein bisschen wie ein Cop.«
    »Messerscharf kombiniert, Yolanda. Das ist nämlich die stellvertretende Staatsanwältin Esperanza Martinez. Ms. Martinez, Yolanda Wilson.«
    Espy Martinez nickte der jungen Frau zu, in deren Augen nichts als Angst zu erkennen war.
    »Yolanda«, fuhr Robinson in einer wohldosierten Mischung aus Drohung und Überredung fort, »Sie sollten versuchen, einen möglichst guten Eindruck zu machen, denn, na ja, wissen Sie, womit diese Dame, Ms. Martinez, ihren Lebensunterhalt verdient? Wissen Sie, was sie Tag für Tag macht? Jede Stunde, solange die Sonne scheint, Yolanda? Soll ich Ihnen verraten, was sie macht?«
    »Wenn Sie wollen«, erwiderte die junge Frau und blickte zwischen Espy Martinez und dem Detective hin und her. Ab und zu betupfte sie sich die Augen mit einem zerrissenen Papiertaschentuch.
    »Sie bringt Leute wie Sie hinter Gitter«, erklärte Robinson barsch. Er stand auf und deutete

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