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Der Täuscher

Der Täuscher

Titel: Der Täuscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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oder eine Einkaufstüte für sie tragen. Sachs vermutete, das Mädchen hatte in seinem Leben schon so viele Verluste hinnehmen müssen, dass es nun festhielt, was immer es konnte.
    »Also. Was gibt's?«
    Amelia fiel keine Möglichkeit ein, das Thema schonend zur Sprache zu bringen. »Ich habe mit deinem Freund geredet.« »Freund?«, fragte Pam.
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    »Stuart.«
    »Du hast was?« Durch die Blätter eines Ginkgobaumes fiel Licht auf einen Teil ihrer bestürzten Miene. »Ich musste.« »Nein, musstest du nicht.«
    »Pam. . ich hab mir Sorgen um dich gemacht. Ein Freund beim Department, der auf Sicherheitsüberprüfungen spezialisiert ist, hat ihn für mich durchleuchtet.«
    »Nein!«
    »Ich wollte herausfinden, ob er irgendwelche Leichen im Keller hat.«
    »Du hattest kein Recht, das zu tun!«
    »Stimmt. Aber ich hab es trotzdem gemacht. Und vorhin habe ich per E-Mail eine Antwort erhalten.« Sachs spürte, wie ihr Magen sich zusammenzog. Einem Mörder von Angesicht zu Angesicht zu begegnen, mit zweihundertsiebzig Kilometern pro Stunde zu fahren. . das alles war gar nichts im Vergleich zu dem, was sie hier tat. Ihre Knie wurden weich.

»Und jetzt willst du mir erzählen, er sei ein Verbrecher?«, herrschte Pam sie an. »Ein Serienkiller? Ein Terrorist?«
    Sachs zögerte. Sie wollte das Mädchen am Arm berühren. Und tat es nicht. »Nein, Kleines. Aber. . er ist verheiratet.«
    Sachs sah, wie Pam sie in dem Spiel aus Licht und Schatten verständnislos anstarrte.
    »Er ist. . verheiratet?«

    »Es tut mir leid. Seine Frau ist auch Lehrerin. An einer Privatschule auf Long Island.
    Und er hat zwei Kinder.«
    »Nein! Das ist nicht wahr.« Pam hatte die freie Hand dermaßen fest zu einer Faust geballt, dass es sich um einen Muskelkrampf handeln musste. Ihr Blick zeugte von Zorn, aber kaum von Überraschung. Sachs fragte sich, ob Pam gerade ihre Erinnerungen Revue passieren ließ. Vielleicht hatte Stuart gesagt, er habe keinen Festnetzanschluss, nur ein Mobiltelefon. Oder er hatte sie gebeten, nicht seine übliche EMail-Adresse zu benutzen, sondern eine andere.
    Bei mir zu Hause herrscht das blanke Chaos. Es wäre mir peinlich, wenn du das siehst. Du weißt doch, ich bin Lehrer. Wir sind
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    immer so zerstreut. . Ich muss mir unbedingt eine Haushaltshilfe besorgen. .
    »Du irrst dich«, rief Pam. »Du verwechselst ihn mit jemand anderem.«
    »Ich bin gerade bei ihm gewesen. Ich habe ihn gefragt, und er hat es mir gesagt.«
    »Nein, das bist du nicht! Du denkst dir das bloß aus!« Die Augen des Mädchens funkelten, und sein kaltes Lächeln traf Sachs wie ein Messer ins Herz. »Du machst genau das Gleiche wie meine Mutter! Wenn der etwas an mir nicht gepasst hat, hat sie mich angelogen! So wie du.«
    »Pam, ich würde nie. .«
    »Andauernd will man mir etwas wegnehmen! Aber das wird dir nicht gelingen! Ich liebe ihn, und er liebt mich, und du wirst ihn mir nicht ausreden!« Sie fuhr herum und lief mit ihrem Hund zurück zum Haus.
    »Pam!«, rief Sachs mit erstickter Stimme. »Bitte, Kleines. .«
    Als das Mädchen hineinging, drehte es sich noch einmal kurz um, mit wirbelndem Haar und stocksteifer Haltung. Amelia war froh, dass sie dank des Lichts im Hintergrund Pams Gesicht nicht erkennen konnte. Sie hätte es nicht ertragen, den Hass zu sehen, der, wie sie wusste, in diesem Moment auf Pams Zügen lag.
    Die Schmierenkomödie auf dem Friedhof brennt immer noch wie Feuer.
    Miguel 5465 hätte sterben müssen. Hätte auf ein Stück samtene Pappe gespießt und von der Polizei begutachtet werden sollen. Dann hätten diese Leute den Fall für abgeschlossen erklärt, und alles wäre gut gewesen.
    Aber so war es nicht gekommen. Der Schmetterling war entwischt. Nun kann ich nicht noch einmal versuchen, jemandes Selbstmord vorzutäuschen. Diese Leute haben etwas über mich erfahren. Diese Leute haben ihr Wissen vergrößert. .
    Ich hasse diese Leute, hasse diese Leute, hasse diese Leute, hasse diese Leute..
    Ich stehe so kurz davor, mein Rasiermesser zu nehmen und nach draußen zu laufen und...
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    Be. . ruhige. . dich. Aber das fällt mir immer schwerer, je mehr Jahre ins Land ziehen.
    Ich habe heute Abend auf gewisse Transaktionen verzichtet -ich wollte eigentlich den Selbstmord feiern - und betrete nun mein Refugium. Es hilft, von meinen Schätzen umgeben zu sein. Ich schlendere durch die wohlriechenden Räume und drücke mehrere Gegenstände fest an mich. Trophäen der verschiedenen Transaktionen des letzten Jahres. Das

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