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Der Tag, an dem das UFO vom Himmel fiel

Der Tag, an dem das UFO vom Himmel fiel

Titel: Der Tag, an dem das UFO vom Himmel fiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Halperin
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Scherben meiner Träume.
    Es war die Frau, die am See gesagt hatte: Trink vom Mond. In der Scheibe, im Strudel meines Schlafes, war sie nicht länger eine Stimme in meinem Inneren. Sie hatte Formen angenommen.
    Größtenteils menschlich. Wenn auch nicht ganz. Ihre Augen waren wie die einer Katze, senkrechte Schlitze als Pupillen. Ihre Haare waren weiß. Sie kam zu mir, leuchtend in der Dunkelheit, nackt wie ich, und ich versuchte, ihre Gestalt auszumachen, doch alles blieb vage und verschwommen. Haut strich über Haut. Sie lag auf mir. Bevor ich mich beherrschen konnte, war es schon vorbei.
    Sie legte eine Hand auf ihren Bauch und lächelte, vielleicht freundlich, vielleicht spöttisch. »Ist das jetzt die Samung?«, fragte ich. Sie schüttelte den Kopf.
    Noch nicht.
    Dann war sie fort.
     
    Jedes Mal, wenn ich vom See zurückkehrte, tippte ich meinen Zeigefinger in die Asche und machte ein Zeichen an die Innenwand der Scheibe. Als sie zum ersten Mal in der Scheibe aufgetaucht war, gab es dort zwanzig Aschezeichen. Inzwischen …
    Immer noch zwanzig.
    Manchmal ein paar mehr oder weniger. Aber stets ungefähr
zwanzig. Denn nach einer Weile trocknet die Asche, zerkrümelt zu Pulver und fällt von der Wand, spurlos. Und es gibt nichts, was ich dagegen unternehmen könnte. Also hat es keinen Sinn, dass ich diese Zeichen mache. Und doch tue ich es noch immer.
    Durst ist mein einziges Zeitmaß.
    Die neunte Klasse ist vorbei. Die zehnte. Mehr als die Hälfte der elften.
    Pickel sprießen in meinem Gesicht, platzen auf, blutig, auch ohne die Hilfe meines Vaters. Ich habe Stoppeln am Kinn, über meiner Oberlippe. Ich rasiere und schneide mich; noch mehr Blut. Alle kleinen Jungen schneiden sich , grinste mein Vater, wenn sie versuchen, sich zu rasieren …
    Mein Tagebuch ist außerhalb der Zeit gefangen, genau wie ich. Die Neujahrskugel fällt und explodiert ins Jahr 1964 … 1965 … 1966. Alles bleibt beim Alten. Der Frühling folgt dem Kalender, nicht dem Wind. Oder der inneren Kälte.
    Schneller als ein Weberschiffchen. Ohne Hoffnung.
    Auf der anderen Seite meiner Schlafzimmerwand wälzt sie sich hin und her. Sie atmet wie ein alter Hund. Sie wird sterben. Ich weiß es, wenn ich meinen Vater ansehe – er hat schon ihre Beerdigung geplant. Nur ich weigere mich, es einzusehen.
    Und sie natürlich …
     
    Doch in dieser Zeitlosigkeit wächst der Geist und auch seine Leistungsfähigkeit. Wie die Haare auf meinen Unterarmen. Zwischen meinen Beinen.
    Mit der Zeit konnte ich die Handschriften im Buch der Zigeuner entziffern. Ich habe das Geheimnis ihrer Zeichnungen hervorgekitzelt. Ihre Details zusammengefasst – grotesk, entbehrlich. Es bleiben Muster. Diese korrespondieren mit den Knöpfen, Schaltern und Lämpchen an der Schalttafel der
Flugscheibe. Ich bewege sie entsprechend dieser Muster. Mal sehen, was passiert.
    Manchmal fing die Scheibe an zu summen, zu beben. Einmal, als ich herumexperimentierte, spürte ich, wie sie ein Stück vom Boden abhob. Ich betrachtete meine Hand und stellte staunend fest, dass sie durchsichtig wurde, dass die Lichter der Schalttafel darunter zu sehen waren. Wenn ich sie vor die Kuppel der Scheibe hielt, sah ich, wie das Mondlicht durch Haut, Muskeln und Knochen schien.
    So ging das mit dem Fliegen. Und mit der Unsichtbarkeit. Wäre mir nicht der Mut ausgegangen, hätte ich weitergemacht. Ich wäre mit der Scheibe abgehoben, in den schwarzen Himmel aufgestiegen und über den See hinausgeschwebt, bis ich das Ende des Wassers gefunden hätte. Ich hätte die Ränder dieser Welt ausgelotet, ungehindert von meinem geschwollenen Fuß oder der Angst vor Händen, Tentakeln oder Beißzangen, die nach mir griffen. Wenn ich über die Ränder hinausgelangte  – an einen Ort weit weg von diesem fürchterlichen Mond, an einen Ort, an dem es wieder Farben gab –, würde ich mit der Scheibe landen, den UFOs gleich. Schwebend und taumelnd wie ein fallendes Blatt.
    Doch ich tat es nicht.
    Dabei zuzusehen, wie ich verschwand, wie ich unwirklich wurde, erfüllte mich mit Furcht. Ich hatte die Matrosen auf diesem Schiff der Navy nicht vergessen, die bei dem Experiment unsichtbar geworden waren. Was ihnen passiert war, passierte nun mir.
    Ich wich vor der Schalttafel zurück. Ich kauerte am Boden beim Altar, zitterte, kniff die Augen fest zusammen. Als ich sie öffnete, war die Scheibe wieder am Boden gelandet und ich ein fester Körper. Ich empfand Erleichterung. Und doch quälte es mich auch, als wäre

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