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Der Tag, an dem das UFO vom Himmel fiel

Der Tag, an dem das UFO vom Himmel fiel

Titel: Der Tag, an dem das UFO vom Himmel fiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Halperin
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Gesicht im Spiegelbild des Mondes.
    Wellen kräuselten sich. Das Gesicht verschwand.
    Bestimmt sah ich Gespenster. Trotzdem hatte ich das Gefühl, ich sollte dort verschwinden. Da wurde mir bewusst: Ich hatte meinen Schuh verloren. Ohne ihn war ich wehrlos. Ich schloss die Augen, hielt die Luft an und tauchte ins Wasser. Dann tastete ich mit der Hand den Boden ab.
    Spürte die unzähligen Beine, die sich um meinen Körper schlangen.

    Fühlte die spitzen Nägel, die sich mir in den Rücken bohrten.
    Schreiend kam ich hoch, spuckte Wasser. Das Ding, das mich festhielt, tauchte mit mir auf. Beißzangen fuhren kreuz und quer über meinen Rücken. Sie zerfetzten mein Hemd, meine Haut. Die dunkle Pfeilspitze eines Gesichts – hart und feucht wie eine Hummerschere – presste gegen meines. Seine Augen versuchten, sich in meine Augen zu drücken, durch das gesprungene Brillenglas, das uns voneinander trennte. Tief in beiden Augen war ein senkrechter Schlitz, eine Kluft, die in einen Abgrund führte. Die Beine schienen mir zahllos.
    »Lass mich los!«
    Das Gesicht wich zurück. Das oberste Beinpaar – dürr, mehrgliedrig, zerbrechlich – wedelte um meinen Kopf herum. Die Kreatur hatte einen lehmigen Geruch an sich, wie von frisch umgegrabener Erde. Bevor ich merkte, was ich tat, hatte ich dem Ding meine Hände um den Hals gelegt.
    Der lippenlose Mund bewegte sich kaum. Eine seltsame, gutturale Sprache drang daraus hervor, die hauptsächlich aus der Silbe kha, kha, kha in diversen Variationen zu bestehen schien. Ich verstand kein Wort. Und doch summte deren Bedeutung wie eine Stimmgabel in meinem Kopf.
    Bis zur Samung.
    »Was? Was sagst du?«
    Ich drückte die Kehle zusammen, fest. Ich sah das Bein zuschlagen und spürte einen brennenden Schmerz an meiner Stirn, der Treffer reichte bis über beide Augen. Ohne Brille hätte ich mein Augenlicht verloren. Ich schrie auf und ließ den Hals los. Ich holte mit der Hand aus, packte erneut zu. Diesmal bekam ich ein Bein zu fassen.
    »Rede mit mir, verdammt noch mal!«
    Mit seinen freien Beinen strampelte das Vieh auf dem Wasser.
Unwillkürlich tat mein Arm einen Ruck und riss ihm das Bein aus. Es zappelte mit seinen verbliebenen Gliedmaßen und huschte wie ein Wasserläufer über den See hinweg.
     
    Wie angewurzelt stand ich da und schnappte nach Luft. Ich dachte, mein Herz würde platzen, und ich müsste ertrinken, am Blut ersticken. Ich vergaß meinen Schuh. Ich stellte mir vor, das Wasser wäre voll von diesen Kreaturen. Ich wartete darauf, dass ich ihre Beißzangen spürte. Halb schwimmend, halb laufend schleppte ich mich zum Ufer, schwerfällig und träge wie in meinen schlimmsten Albträumen.
    Endlich reichte mir das Wasser nur noch bis zu den Knien, dann bis zu den Knöcheln. Ich marschierte vorwärts. Ich hob das glitschige Bein der Kreatur an und schwenkte es über meinem Kopf. »Jaaaaa!«, schrie ich, so laut ich konnte. Ich würde das Bein nicht als Knüppel benutzen, dafür war es zu leicht. Wer mir auch zusehen mochte – ich wollte ihm damit sagen: Das habe ich mit deinem Freund gemacht! Das kann ich auch mit dir machen!
    Es kam Leben in das stille Ufer. Es summte. Es brummte. Schmale Gestalten, grau und schwarz, glitten zitternd in die Asche, eingesaugt wie von einem Vakuum. Wie Präriehunde in ihre Löcher. Wie Trichterspinnen in ihre Schlupfwinkel. Es raschelte in den Büschen. Dann war es plötzlich wieder still. Ich grub meine Fingernägel in die Handfläche, um das Wasser nicht wieder zu erbrechen, das ich getrunken hatte. Langsam, ganz vorsichtig, setzte ich mich in Bewegung.
     
    Als ich wieder in der Scheibe war, untersuchte ich meine Trophäe. Ein ausgerissenes Bein, einen halben Meter lang – das Bein eines monströsen Insekts oder Spinnentiers. Ein Außenskelett, das am See fast schwarz ausgesehen hatte, doch im
Licht der Scheibe war es grau. Ein spitzes Gelenk, wohl ein Ellbogen. Dort, wo ich das Bein abgerissen hatte, sickerte dicke, schwarze Flüssigkeit hervor. Doch am anderen Ende befand sich keine Gliederfüßerzange – genau wie ich erwartet hatte …
    Eine Hand, mit sechs Fingern.
    Am Ende jedes Fingers eine Klaue, größtenteils in die krustenähnliche Haut zurückgezogen.
    Ich hielt die Hand gegen den Abdruck auf meinem Hemd. Sie passte genau.
     
    Blut von meinem nackten Rücken verschmierte die Seite des Altars, während ich dort saß und überlegte, nachdachte, vor mich hin starrte. Den Arm der Kreatur betrachtete, der neben meinem

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