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Der Tag, an dem das UFO vom Himmel fiel

Der Tag, an dem das UFO vom Himmel fiel

Titel: Der Tag, an dem das UFO vom Himmel fiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Halperin
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das eben eine Gelegenheit gewesen,
und ich hätte sie verpasst und wüsste nicht, wann oder ob sie jemals wiederkehren würde.
     
    Ich saß über das Buch gebeugt und sog die Worte in mich auf. Fast alles, was die Zigeuner geschrieben hatten, konnte ich entziffern, sofern ich lange genug dabeiblieb. Was es bedeutete, war allerdings eine andere Sache. Aber so ist das nun mal mit heiligen Schriften – oft genug soll man sie gar nicht verstehen.
    Doch was soll dieser Mann tun, wenn das Kind aus seiner Samung ihm bei Nacht geboren wird, in den Straßen einer fernen Stadt? Wie soll er seine Tochter nähren? Wie soll er sie vor dem Tode bewahren? Und gnade ihm, wenn sie sterben sollte! Er soll brennen, bis sein Fleisch nicht mehr als Asche ist.
    Die Samung … die Asche … Dahinter verbargen sich Hinweise  – wenn ich sie doch nur entschlüsseln könnte, um herauszufinden, was um mich herum geschah. Vielleicht eine Prophezeiung meiner eigenen Zukunft? Und diese »ferne Stadt«, wo sie auch sein mochte – hatte man mir nicht davon erzählt, an diesem Abend, als ich zum ersten Mal von dem Navy-Schiff hörte? Ich zermarterte mir das Gehirn. Vergebens. Und der Kontext half mir auch nicht weiter. Als ich umblätterte, hatte der Verfasser das Interesse am Thema verloren und war zu einem anderen übergegangen:
    Welch Narren sind die Gaiyars! Sie nennen uns Fremde, Aliens, stellen sich uns als Gnome oder Ungeheuer vor, suchen unsere Heimat auf dem Grund des Meeres, an den Enden unserer Galaxie. Ha! Als könnten wir ihnen je fremd sein! Von jeher sind wir Teil von ihnen, Bein von ihrem Bein,
Fleisch von ihrem Fleisch. Doch sie werden nie begreifen, kein Gaiyar wird es je begreifen.
    Ich kannte »Gaiyar« – ein Zigeunerwort für Außenseiter, so wie meine Mutter und meine Oma manchmal von »Gojim« oder »Schicksen« sprachen. Der Rest des Absatzes ergab keinen Sinn. Ich las weiter, hoffte auf eine Erklärung. Unten auf der Seite fand ich ein paar Zeilen in anderer Handschrift, einer anderen Tinte, offenbar eine Antwort.
    Aber Jemi, mein Bruder.
    Es liegt eine Wahrheit in dem, was die Gaiyars sagen. Es stimmt, wir sind ein Teil von ihnen, in sie eingebettet, in Geist und Fleisch, vom Tage ihrer Geburt an. UND DENNOCH …
    Vom Grund des Meeres zu den Enden der Sterne,
    inmitten aller Galaxien, die auf der Großen Scheibe verstreut sind,
    von einem Ende des Universums zum anderen und auf allen seinen zahllosen Planeten und ungezählten Monden …
    Es gibt niemanden, der fremder ist als wir.

KAPITEL 21
    Ich döste, mitten in einem Traum – von dem ich schon wusste, dass er mehr als nur ein Traum war –, und spürte eine Berührung an meinem Fuß.
    Ich liege in den Armen meiner Mutter, und sie sind fleischig und kräftig wie die einer gesunden Frau. Ihr Gesicht ist voll und rund, nicht spitz und welk, wie ich es von jeher kannte. Sie lächelt auf mich herab, ohne eine Spur von Angst, wie sie es stets tat, bevor
sie krank wurde und als sie und mein Vater noch Freude aneinander hatten.
    Sie bringt mir das Alphabet bei.
    »Aa-bee- cee -dee-ee-eff- gee«
    Plötzlich hört sie auf zu singen. Wie der Himmel bewölkt sich ihr Gesicht und wird ganz leer … Und die Finger berührten mich, leicht und sanft, und ich wachte auf, laut weinend.
    Im nächsten Moment stand ich auf den Beinen, mit dem Schuh in der Hand, bereit zuzuschlagen. Die silbrige Gestalt, die vor mir stand, bewegte sich nicht, weder auf mich zu noch von mir weg. Ich merkte, dass ich keinen Schuh brauchte, und ließ ihn fallen.
    »Rosa«, sagte ich.
    Ich bin nicht Rosa.
    Ich wiederholte »Rosa«, obwohl ich ihr geglaubt hatte, als sie sagte, sie sei es nicht. Sie war größer als Rosa, und ihr silberblondes Haar war länger. Ihre Augen zwinkerten nicht. Es waren zwei breite Schlitze, die von den hohen Wangenknochen aus schräg aufwärtsliefen. Sie leuchteten gelb wie Kerzenschein, und mittendrin war ein Oval von feurigem Schwarz.
    Warum nennst du mich Rosa?
    »Weil hier ein Ort ist, an dem Namen in Vergessenheit geraten. Besonders mein eigener.«
    Sie nickte, als verstünde sie. Ich wartete darauf, dass sie mich beim Namen nannte, damit ich real sein konnte. Das grelle Neonlicht im Inneren der Scheibe war aus, als hätte irgendwer endlich den Schalter gefunden. Das einzige Licht kam vom Mond und schimmerte auf ihrer Haut.
    »Ich kannte mal ein Mädchen namens Rosa«, sagte ich. »Vor langer Zeit.«

    Sie sah tatsächlich ein bisschen aus wie Rosa. Ihre Lippen

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