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Der Tag, an dem du stirbst

Der Tag, an dem du stirbst

Titel: Der Tag, an dem du stirbst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Gardner
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Mauszeiger verfehlte. Der Brief war von Helmet Hippo. Er enthielt ein Smiley und das Bild eines Baseballhandschuhs.
    «Hey, Kumpel. Ich bin online und könnte gleich loslegen. Gib mir Bescheid, wenn du so weit bist. Dein Freund, Helmet Hippo.»
    Jetzt schossen Jesse doch Tränen in die Augen. Er war so erleichtert! Helmet Hippo war nicht sauer auf ihn. Er wollte mit ihm spielen.
    Helmet Hippo war immer noch sein Freund.

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    13. Kapitel
    Genau eine Minute nach halb fünf legte ich mit Phase eins meiner Mission los. Als Erstes musste ich mich passend ausstaffieren. Ich entschied mich für schwarze Jeans, einen schwarzen Rollkragenpullover, feste Laufschuhe und eine schwarze Wolljacke – alles aus dem Laden der Heilsarmee.
    Um die Schuhe tat’s mir leid. In Phase vier würde ich mich von allen Sachen trennen und sie in den Müll werfen müssen. Auch wenn die Polizei sie dort fände, hätte sie nichts davon. Die Sachen waren aus zweiter Hand und würden nicht mit mir in Verbindung gebracht werden können. Eine Vorsichtsmaßnahme, eingebaut in eine aus Vorsichtsmaßnahmen zusammengesetzte Vorsichtsmaßnahme.
    Diese Strategie war bis jetzt aufgegangen.
    Als ich das Haus verließ, trug ich einen leuchtend türkisen Schal, eine dazu passende Mütze und übergroße Handschuhe. Ich hatte einmal gelesen, dass die beste Verkleidung auffällige Merkmale zur Schau stellt. Zeugen würden mich später mit einem knalligen Schal und verrückten Handschuhen in Verbindung bringen, nicht mit einer ganz in Schwarz gekleideten Verdachtsperson. Ich hatte schließlich Türkis getragen.
    In meiner Schultertasche steckte zusammengeknülltes Zeitungspapier, damit es aussah, als sei sie gefüllt. Später würde ich das Papier herausnehmen und stattdessen Schal, Mütze und Handschuhe hineinpacken. Fürs Erste verbarg die Ledertasche ein anderes, verräterisches Requisit – meine 22er Taurus, die an einem Holstergurt hing, der von meinem Trainer J.T. Dillon entworfen worden war und sechsundzwanzig Ersatzpatronen enthielt.
    Morgen würde ich J.T. das letzte Mal sehen. Ich hatte das Gefühl, dass er ahnte, was in der kommenden Nacht steigen sollte. Aber er hatte es sich verkniffen, Fragen zu stellen, also war ich ihm auch keine Antwort schuldig geblieben. Unser Gespräch vor zwei Wochen verlief ungefähr wie folgt:
    «Wenn ich mir – rein hypothetisch – eine neue Identität zulegen müsste … also angenommen, ich bräuchte neue Papiere. Wüsstest du, an wen ich mich wenden könnte?»
    J.T. lud seine 45er durch. «Wie kommt’s eigentlich, dass mir diese Frage auffällig häufig gestellt wird?»
    «Ist es dir lieber, wenn man dich nach deinem Sternzeichen fragt?»
    J.T. schaute mich endlich an. Ich gab mein Bestes, um seinem Blick standzuhalten. Bevor J.T. einen Serienkiller zur Strecke gebracht, in halb Massachusetts mächtig herumgeballert und schließlich eine Frau gefunden hatte, war er mit einer für Fernaufklärung zuständigen Marineeinheit zur See gefahren. Mit seinen graumelierten Haaren, dem ledrig braunen Gesicht und den tiefen Falten rechts und links der Augen erinnerte er mich an einen alten Revolverhelden, der die meiste Zeit seines Lebens auf den Horizont gestarrt und sich nie über das, was er dort sah, gewundert hatte.
    «Ich wüsste da eine Adresse, aber die ist nicht billig», antwortete er schließlich.
    «Ich habe eine Rücklage für Regentage. Hey, es regnet.»
    «Meine Frau mag dich», sagte er, als wäre damit die Sache für ihn entschieden. Vielleicht war sie das auch. Seine Frau und ich waren uns bisher nur einmal begegnet. Sie hatte mich eine halbe Sekunde lang gemustert und dann plötzlich in den Arm genommen. Vermutlich war Tess ebenso stark wie ihr Mann, und wir hätten uns wohl eine Menge zu sagen gehabt, wenn ich jemals ihrer Einladung zum Abendessen gefolgt wäre.
    J.T. nannte mir einen Namen und sagte, ich solle vierundzwanzig Stunden warten, damit er vorher ein Wort für mich einlegen könne. Das hatte er offenbar getan, denn als ich zwei Tage später anrief, antwortete eine Frau, die meinen Anruf anscheinend schon erwartet hatte. Sie stellte Fragen mit scharfer Stimme. Ich antwortete. Drei Tage später erstand ich für den absoluten Dumpingpreis von tausend Dollar brandneue, blütenreine Ausweispapiere in dreifacher Ausfertigung: drei Geburtsurkunden, drei Sozialversicherungskarten und einen Führerschein.
    Das war im Grunde schon alles, was eine Frau brauchte, die für den Rest ihres

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