Der Tag an dem ich cool wurde
deine Mutter wüssten, warum wir in dieses blöde Freibad eingebrochen sind, wären sie vielleicht nicht ganz so sauer auf uns und wir müssten hier nicht wie die Sklaven schuften«, sagte ich.
»Vergiss es«, sagte Karli. »Ich mach mich vor denen nicht zum Deppen.«
Wir hatten uns fest vorgenommen, niemandem den wahren Grund für unseren nächtlichen Ausflug zu erzählen. Keiner sollte wissen, dass das die Rache für die vielen Gemeinheiten war, die Karli und ich in der Schule abbekommen hatten. Vielleicht hätten unsere Eltern uns sogar verstanden, aber höchstwahrscheinlich hätten sie Mitleid mit uns gehabt, und das war das Allerschlimmste, was ich mir vorstellen konnte.
Karli befürchtete, seine Mutter würde sagen, seine Ohren seien doch schön, er müsse stolz darauf sein, etwas Besonderes zu haben. Und die piepsige Stimme sei nur so eine Phase und ein richtig nettes Mädchen interessiere sich sowieso nicht für solche Typen wie Lucas. So einen Kram erzählt sie nämlich immer ihren Patienten, weil die sich sonst umbringen wollen.
Und wie meine Mutter reagieren würde, konnte ich mir lebhaft vorstellen. Wahrscheinlich würde sie so was sagen wie: Ich habe dir ja gesagt, dass du dich mehr bewegen musst und nicht nur zu Hause am Computer sitzen, und die Brille ist doch topmodern! Sie würde am Ende wahrscheinlich noch Opa und Papa und höchstwahrscheinlich sogar Rosi die Schuld daran geben, dass ich mit mir nicht zufrieden war.
Nein danke, dann hörten Karli und ich uns lieber an, dass wir missratene Bengel seien, die ruhig mal eine Hecke stutzen könnten. Und wir würden uns was einfallen lassen, wie wir um dieses dämliche Pfadfinderbeschäftigungsprogramm herumkommen konnten.
Ich betrachtete unsere Arbeit. Die Hecke war schon zu fast drei Vierteln fertig geschnitten.
»Komm, wir machen eine Pause«, sagte Karli.
Ich war mehr als einverstanden. Wir wollten uns gerade auf den Boden setzen und uns ausruhen, als ich zwei Mädchen sah, eine mit langen blonden Haaren und eine Dunkelhaarige mit Pferdeschwanz. Sie kamen den Schotterweg entlang, gerade auf uns zu!
»Hey«, rief ich und schubste Karli an. »Guck mal, wer da kommt!«
Karli wurde blass. Nur seine Ohren leuchteten unter den Haarbüscheln hervor.
»Scheiße«, sagte Karli. »So, wie wir aussehen!«
Unsere Arme waren so verkratzt, dass meine jetzt aussahen wie Grillcurrywürste, in die jemand herzhaft mit einer Gabel hineingestochen hatte, und Karlis, als wäre eine wild gewordene Katzenhorde über ihn hergefallen. Und auf seiner Nasenspitze hatte er einen Sonnenbrand.
»Oh Mann«, sagte ich. »Wir sind so was von uncool! Warte mal... so!«
Ich lehnte mich lässig an die Hecke.
Karli machte es mir nach.
Da schlenderten die Mädchen auch schon heran.
»Hi«, sagte die Blonde.
»Hi«, sagte die Dunkelhaarige.
»Hi«, sagten Karli und ich gleichzeitig.
»Und, habt ihr eure Brötchen bekommen?«, fragte die Blonde.
»Mmmmh«, murmelte Karli und nickte.
»Und ihr?«, fragte ich. »Ihr geht wohl an den See?«
»Ja«, sagte die Dunkelhaarige. »Tschüs dann.«
Und schon waren sie wieder weg.
»Die haben mit uns geredet«, quietschte Karli.
Ich konnte es auch nicht fassen.
»Gib mir fünf«, sagte ich und hielt Karli die Hand hin. Der schlug ein und strahlte.
»Ich hab was gesagt!«, rief er.
»Du hast Mmmmh gemacht«, sagte ich. »Aber immerhin.«
Wir grinsten vor uns hin. Auf einmal ging das Heckeschneiden viel leichter.
»Vorsicht«, zischte Karli plötzlich. »Die kommen zurück!« Wir versuchten, möglichst lässig zu schneiden. Karli warf den Kopf zurück, damit die Haare aus der Stirn fielen, wie Lucas es manchmal tat.
»Äh, hi noch mal«, sagte die Dunkelhaarige. »Wir wollten euch was fragen.«
»Klar«, sagte ich und guckte gelangweilt. »Kein Problem. Was gibt’s denn?«
»Ihr kennt euch doch bestimmt mit Computerspielen aus, oder?«
»Logisch«, sagte Karli lässig. Ich hörte, dass er seine Stimme ein bisschen verstellte.
»Siehste«, sagte die Dunkelhaarige zu der Blonden. »Ich hab’s dir doch gesagt!«
»Cool«, sagte die Blonde. »Vielleicht könnt ihr uns sagen, wie man bei Feast of the Dragon ins achte Level kommt?«
»Ihr spielt Feast of the Dragon?«, fragte ich.
Das erstaunte mich doch sehr. Das ist ein echtes Jungsspiel.
»Äh, ja«, sagte die Dunkelhaarige.
»Äh, nein«, sagte die Blonde im selben Moment.
Die Dunkelhaarige stupste sie an.
»Wenn ihr es nicht spielt, wieso wollt ihr es dann
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