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Der Tag, an dem meine Frau Gott spielte

Der Tag, an dem meine Frau Gott spielte

Titel: Der Tag, an dem meine Frau Gott spielte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Steen
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darauf ab. Ihr Stöhnen und die Art, wie sie mit den Händen über seinen Rücken strich und dabei immer fordernder wurde, törnten ihn noch mehr an. Sie schaffte es doch immer wieder, ihm das Gefühl zu geben, der größte Adonis auf der Welt zu sein.
    Irgendwann befreite sie sich aus seiner Umarmung, lehnte sich aus dem Bett und angelte auf dem Fußboden nach ihrer Handtasche. Die beherbergte ein wahres Survivalpaket: Von Aktenordnern und Auto- und Hausschlüsseln über Pflasterstrips und Tampons bis hin zu Pfefferminzdrops und Empfängnisverhütungsmitteln war alles darin zu finden. Im Prinzip hätte sogar noch ein kleiner Einkauf in sie hineingepasst.
    Als Claudi ein Kondom zur Hand nahm und die Hülle mit den Zähnen aufreißen wollte, umschloss René ihr Handgelenk mit den Fingern und hielt es sanft fest. Sie sah ihn erstaunt an, wollte aber an ihrem Vorhaben festhalten und machte sich wieder frei. Nach einem zärtlichen Ringkampf, der mit einem Unentschieden endete, rückte sie schließlich ein Stück von ihm ab und sagte: „Nein, René, ich will das nicht. Es ist zwar unwahrscheinlich, dass ich im Moment schwanger werde, aber ganz ausgeschlossen ist es nicht.“
    Er schluckte. Dann nahm er all seinen Mut zusammen und sagte: „Ich weiß, wir haben noch nie über Kinder gesprochen, Claudi, aber ich würde wirklich gern eins mit dir haben oder besser noch zwei.“
    Sie sah ihn entgeistert an.
    „Ich hatte nur noch nicht den Mut, mit dir darüber zu reden“, fuhr er fort. „Und ehrlich gesagt hab ich auch Angst, dass ich schon in der Urne liege, bevor das Baby auf die Welt kommt, aber … wäre das nicht schön? Kinder sind doch das Glück der Welt.“
    Sie blickte ihn weiter an. Dann sagte sie: „Ich möchte aber keine haben.“
    Rumms, das saß! Danach herrschte einen Augenblick lang die Stille, die jeder Erschütterung folgt.
    René konnte es nicht glauben. Die Möglichkeit, dass Claudi keine Kinder haben wollte, hatte er bisher überhaupt noch nicht in Erwägung gezogen, und sie passte auch nicht zu ihr. Sie, die sonst immer bereit war, alles für ihn zu geben, die stets mit ihm verschmelzen wollte und ganz versessen darauf war, sich für ihn eine Leberhälfte aus dem Leib reißen zu lassen, wollte kein Baby mit ihm!? Sie wollte kein Leben mit ihm erschaffen!? Das konnte nicht sein.
    „Können wir nicht der Natur ihren Lauf lassen und die Dinge so nehmen, wie sie kommen?“, fragte er.
    „Tut mir leid, René, aber ich hab noch nie Kinder gewollt“, sagte sie und versuchte seinem Blick standzuhalten. Doch dann drehte sie den Kopf weg und sah nach unten auf ihre Finger, die nervös mit dem Kondom herumspielten. Schließlich warf sie es in die Handtasche zurück.
    Jetzt war René nicht nur fassungslos, nein, jetzt war er auch noch tief verletzt. Du oder keiner. Alles oder nichts. Ganz oder gar nicht. Das war doch immer ihr Reden gewesen. Und nun sollte das plötzlich nicht mehr gelten? Sie schien ja nicht mal innerlich zerrissen zu sein. Ihr Entschluss schien festzustehen, und offensichtlich gab es nichts, was er dagegen tun konnte.
    Sie schwiegen sich eine Weile an.
    René wartete die ganze Zeit darauf, dass sie sagte: Das mit dem Kinderkriegen hättest du dir früher überlegen müssen, mein Lieber, zum Beispiel, als wir uns kennengelernt haben. Da hätten wir noch darüber reden können. Aber jetzt ist es zu spät. Ich lass mir kein Baby von dir machen, nur damit du das Gefühl hast, ich wäre nicht so allein, wenn du eines Tages nicht mehr da bist. Ein Baby als Sinnstifter? Nicht mit mir! Oder meinte sie, dann zwei Kinder versorgen zu müssen, und mindestens eins davon war schwer krank?
    Das hast du nun davon, dachte er.
    Doch dann kam ihm ein anderer, noch viel schrecklicherer Verdacht, und er fragte: „Kannst du vielleicht keine Kinder bekommen, Claudi? Ist es das?“
    „Nein, ich will einfach keine haben“, sagte sie mit einem Schulterzucken. „Das war schon immer so. Wahrscheinlich fehlt mir da ein Gen, das Muttergen oder so. Außerdem bin ich zu alt dafür.“
    „Mach dich nicht lächerlich. Du bist 38 und strahlend jung. Hast du Angst vor der Geburt? Du könntest ja einen Kaiserschnitt machen lassen.“
    „Ach, das ist ja interessant. Und in der Beziehung hast du plötzlich nichts mehr dagegen, dass irgend so ein Metzger in mir herumstümpert!? Ein Kind darf ich mir für dich aus dem Leib schneiden lassen, aber eine Leberhälfte nicht? Reichlich inkonsequent, findest du nicht

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