Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition)
Montceaux Pate standen bei der Taufe des Söhnchens von Madame de Sourdis und daß die Marquise, als sie das Kind übers Taufbecken hielt, klagte, es sei fast zu schwer für sie. Worauf ein Spaßvogel, der hinter der Marquise stand, sagte, was Wunder, wenn das Kind so schwer sei, habe es doch Siegel am Hintern hängen.«
»Und was sollte das nun wieder heißen?« Madame machte große Augen.
»Ja, daß der Herr Kanzler und Siegelbewahrer von Cheverny der Vater des Kindleins war.«
»Mein Gott!« sagte Madame errötend, »wie abscheulich! Ein Ehebrecher! Allerdings ist mein armer Bruder ja selbst …«
Sie ließ den Satz unvollendet und seufzte nur.
»Und das schlimmste ist«, fuhr sie fort, »es heißt, wenn er geschieden wird, heiratet er eine katholische Prinzessin.«
Worauf dieses »Schlimmste« ein halbes Lächeln auf Rosnys Lippen rief, Hugenotte hin oder her.
»Eure Hoheit«, sagte Luc, »bei allem Respekt, aber ich bin noch nicht am Ende.«
»So sprich denn weiter«, sagte Rosny.
»Ich weiß, wer bei Madame de Sourdis war und was der Maître in ihrem Haus machte.«
»Sankt Grises Bauch!« rief Rosny, der diesen Fluch von Henri übernommen hatte, »wie, zum Teufel, hast du das herausgefunden?«
»Nun«, sagte Luc scheinheilig, »ich bin mit der Zofe von Madame de Sourdis nicht unbekannt.«
»Und woher kennst du sie, mein Kind?« fragte Madame.
Ich warf Luc geschwind einen Blick zu, was aber unnötig war, der Schlingel sah durchaus, mit wem er es zu tun hatte.
»Eure Hoheit«, sagte er mit reizendem Kratzfuß, »das Mädchen diente früher in meiner Familie und hängt an mir.«
»Kurzum«, sagte Rosny.
»Kurzum, Herr Baron, ich erfuhr, daß Madame de Deuilly bei Madame de Sourdis war.«
»Haha!« lachte Rosny.
»Warum lacht Ihr, Monsieur?« fragte Madame.
»Weil Madame de Deuilly wiederum Monsieur de Fresnes nicht fernsteht.«
»Gott im Himmel!« sagte Madame, abermals errötend, »in was für einer Welt leben wir!«
»Weiter, Luc«, sagte Rosny.
»Laut dem Mädchen«, sagte Luc, »schenkte der Maître Madame de Sourdis einen großen Diamanten und Madame de Deuilly einen kleineren.«
»Und die nahmen sie?« fragte Rosny.
»Gewiß!« sagte Luc, »aber was sie dann redeten, verstand die Zofe nicht; der Maître sprach zu leise.«
»Herrgott!« sagte Madame, »hätte mir einer diese Geschichte vor acht Tagen erzählt, hätte ich sie nicht geglaubt, und ich würde sie noch heute nicht glauben, hätte ich diesen Robin und seine Steine nicht mit eigenen Augen gesehen.«
»Und morgen wird sich zeigen, welche Wirkungen seine Handschuhe bei anderen haben«, sagte Rosny mit der Miene eines, der einem Triumph entgegensieht.
Am nächsten Tag, als ich mit Rosny in seiner Wohnung erörterte, wie das von ihm angehäufte Gold am sichersten nach Amiens zu transportieren sei, ließ Kanzler Cheverny meinem Gastgeber durch einen Diener ausrichten, er möge doch gleich in den Rat kommen. Worauf Rosny sagte, er komme, und seelenruhig in unserer Besprechung fortfuhr.
»Geht Ihr nicht zum Rat?« fragte ich schließlich.
»Schnickschnack!« sagte Rosny mit spöttischem Lächeln, »sollen sie warten! Sie brauchen mich mehr als ich sie.«
Der Diener kam wieder und sagte, die Herren verlangtenaugenblicklich nach Rosny, es gehe um ein Geschäft, bei dem der König, wenn es zustande käme, fünfundsiebzigtausend Ecus gewinnen würde, worauf Rosny mir einen verschwörerischen Blick zuwarf, aufstand und mir ins Ohr raunte, er werde mir nachher seine Unterredung mit den Herren samt Salz, Saft und Würze wiedergeben, ich möge nur auf ihn warten.
Was ich tat, hatte ich doch gründlich nachzudenken über diesen Goldtransport nach Amiens, den wohl etliche Banden gern in die Pranken bekommen würden, bevor der König etwas davon sah. Doch konnte ich nicht lange grübeln, wie ich diesen Gefahren am besten begegnete, denn Rosny kam eine halbe Stunde später zurück, entschuldigte sich allerdings, er müsse erst noch einen Brief an den König schreiben, was er eigenhändig tat, ohne einen Sekretär zu rufen – es mußte demnach ein sehr geheimer Brief sein. Dann schob er mit breitem Lachen, das seine schönen Zähne entblößte und seine blauen Augen funkeln ließ, den Brief in sein Wams.
»Siorac«, sagte er, »nie habt Ihr einen Rat wie diesen erlebt, und ich schwöre Euch, es war der letzte, wo Cheverny und Fresnes versucht haben, mir dumm zu kommen. Sankt Grises Bauch, denen habe ich den Schnabel gestopft! Das
Weitere Kostenlose Bücher