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Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Titel: Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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ich recht verstehe«, meinte Rosny mit unmerklichem Lächeln, »seht Ihr in mir das Haupthindernis für Eure Pläne. Nun denn, Robin!« fuhr er fort, »da Ihr, scheint es, nicht unbemittelt seid, sagt, wie Ihr dieses Hindernis aus Eurem Weg zu räumen gedenkt?«
    »Herr Baron«, sagte Robin, indem er sich ein wenig wand und aufs neue die Augen senkte, »ich wünschte, daß Madame und Ihr, Monsieur, mir die außerordentliche Ehre erweisen wolltet, als Unterpfand meines Respekts diese bescheidenen Präsente von mir anzunehmen.«
    Hiermit zog er aus seinem Wams zwei Diamanten und legte sie auf die Tafel, und zwar, wie es der Zufall wollte, vor mich.
    »Was ist das, Siorac?« fragte Madame, die etwas kurzsichtig war.
    »Zwei Diamanten, Eure Hoheit.«
    »Und welcher ist für wen, Robin?« fragte Rosny, der angesichts einer so unverfrorenen Schamlosigkeit sichtlich zwischen Entrüstung und Lachen schwankte.
    »Der kleinere«, sagte Robin, »im Wert von zweitausend Ecus ist für Ihre Hoheit, und der größere, im Wert von sechstausend Ecus, ist für Euch, Herr Baron.«
    »Robin«, sagte Rosny, der sich diesmal das Lachen knapp verbiß, »Ihr seid aber nicht sehr galant: Ihr hättet den größeren Ihrer Hoheit anbieten müssen.«
    »Herr Baron«, sagte Robin bedächtig, »bei allem Ihrer Hoheit geschuldeten Respekt ist Ihre Hoheit doch nicht mit den königlichen Finanzen betraut.«
    Worauf Madame und Rosny einen Blick wechselten, in Lachen ausbrachen, aber kurz und frostig und weit mehr aus Spott denn aus Vergnügen.
    »Robin«, sagte Rosny in schneidendem Ton, »merkt Euch: Hier werden keine Handschuhe genommen.«
    Ein kurioser Ausdruck, der mich aus seinem Mund verwunderte, denn er stammte aus Spanien und bedeutete »Trinkgeld nehmen«.
    »Wahrhaftig«, fuhr er in strengem Ton fort, »der König würde bei Eurem Handel viel einbüßen. Und merkt Euch weiter, Maître Robin, daß ich die Hälfte der Ämter von Tours und Orléans bereits für sechzigtausend Ecus an verschiedene Personen verkauft habe und hoffe, die andere Hälfte für dieselbe Summe zu verkaufen, was insgesamt hundertzwanzigtausend Ecus ausmacht und nicht fünfundsiebzigtausend, die Ihr für die Pacht anbietet. Eine stattliche Differenz! Und mir ist es lieber, sie dient dazu, die königliche Armee vor Amiens mit Nahrung und Pulver zu versorgen, als Eure Taschen zu füllen! Steckt Eure Diamanten ein, Maître Robin«, fuhr er zornig fort, »und bringt sie denen, die Handschuhe nehmen. Auf, Maître Robin! Wir hier nehmen Geschenke nur vom König!«
    Mit gesenktem Kopf und scheelem Blick zog Robin seine Diamanten mit einer Behendigkeit zurück, die zeigte, daß er im Einsacken gewandter war als im Auspacken. Und Respektsbekundungen stammelnd, wich er rückwärts, mit so vielen halben Bücklingen, als sein Humpelbein erlaubte. Trotzdem glaube ich, hätte man in dem Moment unter seine Schädeldecke sehen können, hätte man in seinem Hirn weder Verlegenheit noch Beschämung entdeckt, sondern nur Verachtung für diese verfluchten Hugenotten, die an der Spitze des Staates mit Ehrbarkeit handelten.
    Ich entschuldigte mich rasch bei Madame, eilte Robin nach und hieß Luc, dem Maître unauffällig zu folgen und zu sehen, was er jetzt tun und wohin er sich wenden werde. Worauf ich zu Madame zurückkehrte und Rosny, der sich verabschieden wollte, bat, die Meldung meines Pagen abzuwarten. Wir mochten wohl ein Stündchen geplaudert haben, als mein Luc atemlos, aber mit blitzenden Augen wiederkam.
    »Mein Kind«, sagte Madame, als er loszusprudeln begann, »atmet erst einmal durch, und dann sprecht klar und deutlich, und haltet Euch gerade.«
    Auch wenn Luc blonde Locken und blaue Augen hatte, mußte man schon kurzsichtig wie die Prinzessin sein, um ihn»mein Kind« anzusprechen, was Luc zugleich schmeichelte und ergötzte, denn er ging in sein sechzehntes Jahr und hielt sich schon für einen Mann.
    »Eure Hoheit«, erwiderte er mit graziöser und tiefer Verneigung, »ich bin Euer gehorsamster Diener …«
    »Kurzum«, ermahnte Rosny, der kein Mann von Geduld war.
    »Der Maître«, sagte Luc, »eilte von hier direkt zu Madame de Sourdis.«
    »Sieh einer an!« sagte Rosny, mir einen Blick zuwerfend.
    »Was heißt dieses ›sieh einer an‹?« fragte Madame.
    »Daß Madame de Sourdis dem Kanzler Cheverny nicht fernsteht.«
    »Nicht fernsteht?« fragte Madame.
    »Madame«, sagte Rosny, »Eure Hoheit wird sich gewiß erinnern, daß vor drei Jahren der König und die Marquise von

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