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Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Titel: Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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wolltet, worin.«
    »Frau Herzogin«, sagte ich, indem ich dieses Angebot, so entgegenkommend es auch war, doch nur als höfisches Weihwasser nahm, »ich habe den König um nichts zu bitten, als daß er mir weiterhin die große Freude vergönnen wolle, ihm nützlich zu sein.«
    »Was!« sagte sie mit einem kleinen hellen Lachen, »Ihr habt den König um nichts zu bitten? Da wärt Ihr ja der einzige am Hof! Forscht nur in Eurem Gedächtnis, Monsieur! Nun?« setzte sie hinzu, als sie mich verwundert und verwirrt über ihr Beharren sah. »Gut, dann will ich Euch helfen. Hat Seine Majestät Euch vor zwei Jahren nicht zehntausend Ecus versprochen, als Ihr von Rom zurückkamt?«
    »Madame«, sagte ich baß erstaunt, »das ist wahr! Aber woher wißt Ihr das?«
    »Woher?« sagte sie, neuerlich lachend, »ja, von der Herzogin von Guise! Sie schrieb es mir beiläufig in einem Brief, worin sie ihre Freude um meinethalben bekundet, daß der König mein Beaufort zum Herzogtum erhoben hat. Ha, Monsieur!« fuhr sie fort, »man kann wohl sagen, daß Ihr an ihr eine sehr gute Freundin habt, die Euch wirklich liebt.«
    Und ihr kleines Lächeln, als sie dies sagte, gab mir den Gedanken ein, daß der König meine Beziehung zur Herzogin vor seiner Favoritin wohl nicht so gut verschwiegen hatte, wie er hätte sollen. Doch Gabrielle sagte nichts weiter, und da ihr gemeldet wurde, daß der König sie in einer Viertelstunde besuchen werde, erhob ich mich, und an der Eile, mit der sie mich beurlaubte, ohne daß etwas entschieden war, merkte ich, daß diese Viertelstunde ihr viel zu kurz erschien, um sich schön zu machen.
    Ich erzählte diese Begegnung meinem Miroul, und er platzte vor Lachen.
    »Meiner Treu!« rief er, »da bist du also quasi zum Favoriten der Favoritin avanciert! Allerdings, was das Geld angeht, beim Ochsenhorn, das käme uns sehr gelegen! Ich erhielt nämlich gestern ein Sendschreiben deines Majordomus, der mir mitteilt, daß ein schönes Stück Land, genau zwischen meinem Gut La Surie und deinem Chêne Rogneux, für zwölftausend Ecus zum Verkauf steht. Und ich denke, daß wir es auf zehntausend herunterhandeln können, weil der Besitzer sich durchs Würfelspiel ruiniert und bankrott gemacht hat. Du könntest also deinen Besitz, anstatt ihn zu verscherbeln, wie du es Teresa zuliebe in Rom vorhattest, sogar vergrößern. Sankt Antons Bauch! Das nenne ich Gerechtigkeit! Da hätte ein Weib dich fast an den Abgrund gebracht, und ein anderes haut dich heraus!«
    Dieses Gespräch hatte am vierzehnten September statt, und am nächsten Tag, wider alle Erwartung des Königs und seiner Heerführer, erschien Kardinal Albert in schönster Ordnung vor Amiens, und zwar mit einer stattlichen Armee, achtzehn Kanonen und vielen Karren, die, durch eiserne Ketten verbunden, sein Feldlager umschlossen und beladen waren mit Kähnen und Pontons, um eine Brücke über die Somme zu schlagen. Er umging unsere Befestigungswerke auf der Nordseite von Amiens, zog auf die südliche Seite und besetzte eine Höhe auf dem Weg nach dem Dorf Long Pré. Was uns natürlich in helle Aufregung versetzte, weil besagtes Dorf aus den genannten Gründen in keiner Weise gesichert worden war und obendrein flußauf über eine Holzbrücke verfügte, die wir selbst über die Somme geworfen hatten. So stand denn zu fürchten, daß der Kardinal, wenn er Long Pré einnähme, nicht nur den Fluß ohne Gegenwehr überqueren könnte, sondern auch auf kein nennenswertes Hindernis zwischen Long Pré und der Stadt treffen würde, sodaß er diese ohne weiteres mit jeglichem Entsatz versorgen und unsere Belagerung zu einer ewigen, uns gänzlich erschöpfenden Angelegenheit machen konnte.
    Dies also waren unsere Ängste, und wir entsannen uns der Wahrheit einer militärischen Maxime, die Monsieur de Thou einmal formuliert hatte: Wenn jede der beiden gegnerischen Parteien die Dispositionen der anderen kennt, können sie einander schwersten Schaden zufügen. Tatsächlich aber zeigte sich, daß Kardinal Albert von seinen Aufklärern mangelhaft unterrichtet worden war und nicht wußte, daß Long Pré überhaupt nicht befestigt war. Er glaubte in Wahrheit das Gegenteil, denn anstatt seinen Marsch trotz des königlichen Kanonenfeuers kühn bis zu besagtem Dorf fortzusetzen – das er mühelos eingenommen hätte –, hielt er zur Vesperzeit auf besagter Anhöhe und dachte nur mehr daran, für die Nacht Schutz vor unserer Artillerie zu suchen.
    Und diese Nacht wurde seiner Unternehmung

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