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Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Titel: Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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verstehe, könnten Eure Bürgermilizen dem Herzog von Guise gegebenenfalls zur Hand gehen gegen den Unterdrücker?«
    »Herr Marquis«, sagte Rousselet schulterzuckend und mit nußbraunem Blick gen Himmel, »meine lieben Mitbürger taugen zwar, um, geborgen hinter guten Mauern, zu schießen, aber nicht, um gegen kastilische Infanterie zu bestehen.«
    »Trotzdem«, sagte ich nach einer Weile Schweigen, »wenn die Eskorte von Monsieur de Quéribus die seines Cousins Guise verstärken würde … vierzig Arkebusiere immerhin, sehr kriegserfahrene Leute, und zusammen mit den sechzig Herzoglichen …«
    »Ha! Monsieur«, sagte Rousselet kopfschüttelnd, »Eure vierzig Soldaten kommen leider nicht in Betracht. Laut ausdrücklichem Befehl von Monsieur de Saint-Paul erhalten sie gar keinen Zutritt zur Stadt. Hier darf ein für allemal nur herein, was spanisch ist. Mit Mühe und Not wird Monsieur de Saint-Paul erlauben, Herrn von Quéribus, Euch und zwei oder drei Eurer Leute die Fußgängerpforte zu öffnen.«
    »Beim Ochsenhorn!« rief ich, »was für eine Tyrannei!«
    Doch weiter kam ich nicht, denn an der Tür klopfte es, und der Sergeant, der mich hergeführt hatte, steckte den Kopf herein.
    »Herr Leutnant, gleich kommt der Baron de La Tour!«
    »Schon!« rief Rousselet, indem er erschrocken aufsprang. »Herr Marquis«, fuhr er leise fort, »nehmt Euch in acht vor diesem La Tour. Er ist tatsächlich Baron, aber Saint-Paul trotzdem völlig ergeben. Und ebenso spanisch, obwohl er Franzose ist.«
    Kaum hatte er ausgesprochen, trat, ohne anzuklopfen, auch schon dieser La Tour herein, hochfahrend die Miene, der Blick argwöhnisch; er behielt den Hut auf dem Kopf, als wir, Rousselet und ich, ihn grüßten. Abgesehen von seinem huldreichen Empfang, mißfiel mir der unwirsche Kerl total; nicht, daß er häßlich war, aber sein Gesicht trug jenen unleidlichen Dünkel zur Schau, den sich einige unserer Erzligisten von ihren spanischen Herren abgeguckt hatten, zu deren Knechten sie sich machten.
    »Herr Baron«, sagte Rousselet, »dieser Edelmann gehört zum Gefolge des Marquis von Quéribus, welcher ein Cousin des Herrn Herzogs von Guise ist und Eintritt für sich, seine Edelleute und seine Eskorte verlangt.«
    »Monsieur«, sagte der Baron mit hochmütigem Blick auf mich, »ich hoffe, Ihr könnt mir erklären, warum Ihr, von Paris her kommend, die Stadt erst umrundet habt, um Euch am Westtor einzustellen anstatt am Marstor, wie es der kürzeste Weg gewesen wäre.«
    »Aber, Monsieur«, sagte ich, indem ich mich naiv stellte und abermals grüßte, »wir sahen, daß das Marstor von spanischen Soldaten besetzt ist, und weil keiner von uns ihre Sprache spricht, dachten wir, wir könnten uns besser mit Franzosen verständigen, und wählten ein anderes Tor.«
    Obwohl der Baron seine hochnäsige Miene wahrte, sah ich doch, daß meine Antwort ihn aus dem Konzept gebracht hatte und daß er nicht wußte, war sie Widerwort und Spott, oder sollte er sie meiner Einfalt zuschreiben. Unschlüssig, was er denken solle, schluckte er seinen Ärger.
    »Monsieur«, sagte er in rauhem Ton, »der Befehl des Herzogs von Rethel (wahrhaftig, so nannte der Laffe diesen Saint-Paul!) duldet keine Ausnahme. Die Eskorte des Marquis von Quéribus darf unsere Mauern nicht betreten. Und besagter Marquis wird nur mit vier seiner Leute eingelassen. Sergeant«, setzte er herrisch hinzu, »begleitet diesen Edelmann zur Pforte, damit er Herrn von Quéribus die Entscheidung mitteilt.«
    Das wurde in einem Ton gesprochen, für den ich bei jeder anderen Gelegenheit Rechenschaft gefordert hätte. Doch ging es jetzt nur darum, zum Herzog von Guise vorzudringen, was mir angesichts der Dinge fraglich zu werden begann.
    Mein Quéribus, schon überdrüssig, den Reiher am Grabenrand zu spielen, brauste auf wie wild, als er aus meinem Mund hörte, daß seine Eskorte nicht eingelassen werde, dünkte es ihn doch unerträglich, sich seinem Cousin dem Herzog mit so kärglicher Suite zu präsentieren, daß sogar ein Bürgersmann sich geschämt hätte. Ich betrachtete die Sache mit anderem Auge. Ohne unsere Männer sah Quéribus sich nackt und bloß. Ich sah uns ohne sie wehrlos. Doch schließlich konnte ich ihn beschwichtigen, und als ich meine inständige Bitte wiederholte, den Umgang mit unseren Feinden mir zu überlassen,willigte er ein, unsere Arkebusiere vor den Mauern von Reims biwakieren zu lassen und mit vier unserer Leute einzutreten. Er wählte sich zwei Edelmänner. Ich

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