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Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Titel: Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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wie angekettete Doggen.
    »Kameraden, was soll das?« sagte ich. »Gehört euch das Portal allein? Habt Ihr den Schutz der Engel und Heiligen gepachtet? Lächelt der Engel Gabriel nur für euch? Beim Ochsenhorn, muß man sich mit euch schlagen, um eine Viertelstunde Obdachzu finden? In dem Fall gnade euch Gott!« setzte ich hinzu, indem ich unversehens nach meinen italienischen Dolchen griff, »wir stechen zu, wenn man uns ärgert.«
    Sogleich schälte sich der pfiffige Pissebœuf aus seinem Mantel und zeigte, indem er die Hände in die Hüften stemmte, die zwei Pistolen in seinem Gurt. Etwas langsamer tat Poussevent es ihm nach. Während Quéribus und seine Herren die Degen zogen, ein Zeichen, daß sie keinerlei Erfahrung im Handgemenge mit Banditen hatten, die nichts wie Tücken, Schliche und Konterfinten kennen. Ha! dachte ich, wäre mein Miroul doch hier mit seinen fabelhaften Messerkünsten!
    Als die Taugenichtse uns so unnachgiebig mit geschwollenem Kamm sahen, knurrten sie, in puncto Ehre und Männlichkeit genauso kitzlig wie unsere Edelherren, nur noch lauter, und ich glaubte schon, jetzt ginge es los auf Hauen und Stechen, und man werde vielleicht Federn lassen. Aber nachdem beide Seiten eine Zeitlang gegeneinander die Zähne gefletscht hatten, beschwichtigte der Anführer, eine Art langes, rothaariges Skelett, seine Meute mit beiden Händen.
    »Beim heiligen Rémi, Ihr Herren«, sagte er mit schleppender Stimme, »man sieht, Ihr seid nicht von hier, sonst würdet Ihr uns dieses Portal nicht streitig machen, das uns gehört, uns allein, jedesmal nach der Vesper. Aber heute abend haben wir Besseres vor, als über Euch herzufallen, und erweisen Euch die Huld, unser kleines Scharmützel auf später zu verschieben.«
    Hiermit lüftete er spöttisch den löcherigen Hut und verzog sich samt seinen fünf Spießgesellen, deren keiner den Strick zum Hängen wert schien, rückwärts gehend und auf Katzensohlen.
    »Meine Herren«, fügte er zum Schluß hinzu, »ich wünsch Euch schön heiße Kaldaunen, solang Ihr sie noch im Wanste habt.«
    »Und dir«, rief Pissebœuf, »zwei Kugeln in deine mageren Arschbacken, solang wir dich nicht umgelegt haben.«
    Nach so liebreichem Wortwechsel – aber drückten sich die Helden der
Ilias
, große Fürsten immerhin, soviel besser aus? – , nach diesem Wortwechsel, sage ich, verschwanden der Rotschopf und seine Männer im Seitenportal rechts von uns und überließen uns den Platz. Ich hieß meinen Pissebœuf, am Außenrand nächst ihnen mit gezogenen und entsicherten Pistolenzu wachen, um einem Überraschungsangriff ihrerseits vorzubeugen, und machte mich auf eine lange und unruhige Wartezeit gefaßt, denn es wurde dunkler und die Passanten seltener, so daß ich mir sagte, wenn es völlig finster würde, könnte ich eine Guise-Livree nicht einmal mehr erkennen, falls überhaupt eine kam.
    Indessen verharrten die Banditen, von denen wir nur durch den rechten Mauerbogen unseres Portals getrennt waren, so vollkommen still in ihrem Winkel, daß mir der Gedanke kam, auch sie seien auf der Lauer, doch auf wen oder was, wer weiß? Wenn ich mich freilich ihrer Mienen entsann, schienen sie auf irgendeinen reichen Kaufmann zu warten, um ihn auszurauben. Worin ich irrte.
    Unser Warten dauerte eine reichliche Stunde, und weil es dunkler und dunkler wurde, begannen wir einzudösen, als auf dem Platz rechter Hand von uns der schwankende Schein einer Fackel auftauchte, dann die Fackel selbst, am Arm eines Lakaien in den Guise-Farben, welcher einem Edelmann voranleuchtete, der hinter ihm in raschem Schritt und mit gezogenem Degen gegangen kam, gefolgt von zwei Soldaten, die ebenfalls blankgezogen hatten. Was mich belehrte, daß die Reimser Gassen nach Sonnenuntergang auch nicht sicherer waren als die in Paris. Das Gesicht des Edelmannes blieb mir zuerst durch den weißlichen Dunst verhüllt, der über dem Platz lagerte, doch als dieser in seinem eiligen Gang immer näher kam, sah ich es deutlicher und erkannte zu meiner Verwunderung Péricard. Nicht, daß es so verwunderlich war, ihn hier zu erblicken, denn nachdem er Heinrich von Guise treu gedient hatte, war es keine Überraschung, daß er nun dessen Sohn als Sekretär diente, aber ich hatte ihn das letztemal in Blois gesehen, und zwar in jener Morgenfrühe vor der Ermordung seines Herrn.
    Im selben Augenblick, da ich ihn erkannte und sehr froh war bei der Idee, daß keiner uns besser zum Prinzen von Joinville führen konnte, tippte Quéribus

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