Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition)
habe ich genau über mir einquartiert, so daß sie dieselbe Wendeltreppe benutzen kann, eine Annehmlichkeit, die wir teilen wie manchmal auch unseren Schlaf.
Hinter dem Haus liegt ein ziemlich großer Garten (groß für Pariser Verhältnisse, versteht sich), umgeben von Mauern, von denen ich jene zur Rue du Chantre hin aus genanntem Grund ebenfalls hatte erhöhen lassen. Was die kleine Fußgängertür betrifft, die dort hinausführt, so besteht sie aus massiver Eiche und ist mit Eisen beschlagen, so daß es mindestens eines Sprengsatzes bedürfte, um sie zu aufzubrechen.
Im Garten bauen wir Gemüse an, und unten an der Südmauer befinden sich ein Hühnerhof, Kaninchenställe, ein Holzstoß, ein Geräteschuppen und das Gärtnerhaus. Zunächst dem Wohnhaus befindet sich ein Brunnen, der unerschöpflich ist und klares, sehr gutes Wasser gibt, sonst hätte ich das Haus nicht gekauft, denn ich halte das Wasser der Seine für gefährlich und verseucht, weil die Anwohner all ihren Unrat in den Fluß kippen, ganz zu schweigen von den Leichen meuchlings Ermordeter, die man dort täglich treiben sieht.
Herr über den Garten wie auch über die Feuerstätten im Haus, die er im Winter mit Scheiten bestückt, am Brennen hält und reinigt – dieser gute Geist, sage ich, ist der »arme Faujanet«, der auf Mespech unser Faßbinder war. Mein Vater überließ ihn mir, als das Alter ihm die Ausübung seines Gewerbes zu erschweren begann, und ich bilde mir ein, daß er glücklich bei uns ist, nur daß er nie den Fuß vor die Tür setzt, so sehr ängstigt ihn die große, lärmende Stadt. Das »armer« in der Benennung »mein armer Faujanet« entstammt okzitanischem Brauch und hat einen Beiklang von Zuneigung, auf den der Betreffende empfindlich hält, und als ich ihn einmal versehentlich einfach mit »Faujanet« ansprach, fragte mich der »Arme« mit Unruhe im Blick und bebenden Lippen: »Moussu, habe ich Euch in irgend etwas beleidigt?«
Faujanet kann sich schwerlich rühmen, schön zu sein, so dunkelhäutig und weißhäuptig, wie er ist, dazu klein, hohlbrüstig und auf einem Bein hinkend, weil eine Kugel in Cérisolles schneller war als er. Dennoch genießt er als alter Heeressoldat Franz’ I. trotz seiner Jahre nicht geringe Achtung bei Pissebœuf und Poussevent, die auch okzitanisch sprechen, nur ein wenig anders, weil sie Gascogner sind, und oft sieht man sie im Garten in der Runde sitzen, lange schwarze Pfeifen schmauchen und epische Erinnerungsberichte tauschen.
Faujanet ist liebenswürdig, wie man es nur im Périgord sein kann, und kommt eine Jungfer zum Brunnen, um ihre Eimer zu füllen, humpelt er eilends herbei, setzt mit der rechten die Pumpe in Gang und tätschelt der Kleinen mit der linken die Hinterseite – was die Mädchen ohne Murren geschehen lassen, dünkt es sie doch nicht ehrenrührig, eine kleine Freiheit zu genehmigen, wo man ihnen schwere Arbeit abnimmt.
Ich hatte zuerst gezaudert, ihm die Hühnerhaltung zu genehmigen, wie sie fast alle Pariser betreiben, weil ich fürchtete, in aller Herrgottsfrühe vom Hahnenschrei geweckt zu werden. Doch als ich sah, daß die Nachbarhähne das ohnehin besorgen und daß ab sechs Uhr obendrein alle Kirchenglocken ringsum ein höllisches Getöse anstimmen, gab ich seiner Bitte statt, unter der Bedingung freilich, daß Hühner- und Kaninchenställe am äußersten Ende des Gartens gebaut werden.
Obwohl ich Hunde liebe, hätte ich wegen ihres unaufhörlichen Gebells lieber auf deren Anschaffung verzichtet, doch werden immer so viele Adelshäuser bei Nacht überfallen und ausgeraubt, daß ich drei Doggen gekauft habe, groß wie Kälber und ziemlich scharf. Über Tag halte ich sie an der Kette und lasse sie zur Nacht frei, eine im gepflasterten Hof und zwei im Garten. Aus demselben Grund gehen auch meine Leute, Monsieur de La Surie und ich nie schlafen, ohne Stichwaffen und geladene Pistolen an unserem Kopfende greifbar zu haben.
Als ich den finsteren Bahuet aus meinem Haus verjagte, nahm ich seinen Koch, den Auvergnaten Caboche, in Dienst, weil mir sein Gesicht und sein Bauch gefielen. Suppen und Braten, die er uns auftischte, rechtfertigten mein Vertrauen, und sobald er sicher war, daß er bleiben könne, bat er mich, seine Frau Mariette zu seiner Hilfe einzustellen und auch, damit sie »nach Senf gehe«, wie man in Paris sagt. Was sie vortrefflichbesorgt, indem sie mit meinem Geld genauso besonnen und sparsam wirtschaftet wie mit ihrem eigenen. Mariette ist ziemlich
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