Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition)
kam, unddaß ich sie auf Bitten von Pissebœuf, Poussevent und Miroul anstellte, die sie ebenso begehrenswert fanden wie sie unser Brot. Als dann der Frieden kam und Miroul vom König geadelt und zu Monsieur de La Surie wurde, meinte er, daß ein Monsieur de La Surie nicht mehr wie einst Miroul von derselben Traube naschen könne wie seine Knechte. Und als bei unserer Rückkehr von Reims Guillemette untröstlich über Louisons Ankunft war, wußte er sie zu überzeugen, daß sie mangels eines Marquis sich durchaus auch mit einem Junker begnügen könne. Was schließlich Lisette anlangt, die, wie man wohl nicht vergessen hat, während der Belagerung um ein Haar von Landsknechten gebraten und verspeist worden wäre, so nahm ich sie, wie der Leser weiß und wie Doña Clara es mir oft genug vorwarf, einzig meinem großen und vertrauten Freund Pierre de l’Etoile zuliebe ins Haus.
Wenn der Leser mit mir die Zahl meiner Mägde errechnen will, kommt er auf sechs: Héloïse, Lisette, Guillemette, Louison, Mariette und Greta. Und was die Männer angeht, sind es ihrer acht: Faujanet, Pissebœuf, Poussevent, Franz, Caboche, Lachaise und die beiden Pagen Thierry und Luc. Ich kann durchaus verstehen, wenn mein Leser nun findet, daß mein Gesinde – gerade einmal vierzehn Personen – für einen Marquis etwas kärglich ist. Das ist wahr. Aber wie oft beobachte ich, daß Edelleute desto schlechter bedient werden, je mehr Bediente sie haben. Mir jedenfalls sträuben sich die Haare, wenn ich in Adelshäusern dieses Gewimmel unverschämter Lakaien sehe, die lediglich der Repräsentation und Eitelkeit halber da sind und, anstatt zum reibungslosen Ablauf der Dienste beizutragen, diesen durch ihre Vielzahl, ihre Tölpelei und Faulheit nur behindern.
In meinem Hauswesen hat jeder sein Amt, seine Pflichten und seinen Vorgesetzten. Franz befehligt die Diener innerhalb des Hauses, Monsieur de La Surie die Diener außerhalb. Und ich, der König dieses kleinen Reiches, urteile über ihre Vergehen in letzter Instanz. Meine Macht ist wie meine Gnade, nämlich riesengroß, denn entlasse ich einen dieser armen Leute, verdamme ich ihn so gut wie zum Hungertod. So kann ich, nachdem Franz oder Monsieur de La Surie einen Übeltäter mit harten Worten und gerunzelter Stirn abgestraft haben und dieser blaß und zitternd vor mir erscheint, wie Doña Clara nichtohne Übertreibung sagte, ihn »mit freundlichem Lächeln und nachsichtigen Blicken« zurechtweisen.
Ich zahle meinen Leuten keinen höheren Lohn als andere Häuser, aber wenigstens zahle ich ihn jeden Monat, denn es scheint mir ein schändlicher Mißbrauch zu sein, sie jahrelang arbeiten zu lassen, ohne daß sie einen Heller sehen, wie es in diesem Reich so viele hohe Herren und christliche Damen halten, die behaupten, es sei überflüssig, ihnen etwas in die Hand zu drücken, das besorgten sie schon selbst, indem sie uns bestehlen würden. Aber treibt man sie nicht erst zu solchen täglichen Diebereien, wenn man sie in die Notlage bringt, nicht einen Sou im Beutel zu haben, und ihnen obendrein ein schlechtes Vorbild gibt, indem man einbehält, was man ihnen schuldet?
Was mir bei meinen Leuten vielmehr lästig und zuwider ist, hat nicht so sehr mit ihrem Lohn zu tun, auch nicht mit ihrer Verköstigung, sondern daß ich mich gezwungen sehe, sie in ruinöse Livreen zu kleiden, in meinen Farben, mit goldenen Litzen und sonstigen Kinkerlitzchen, und mich überall in ihrer Begleitung zu zeigen, besonders im Louvre, wo ich bei Herren und Damen sehr schief angesehen würde, käme ich allein. Wenn der König mich zu einem Gespräch empfängt, das vielleicht fünf Minuten dauert, muß ich mit Monsieur de La Surie, Thierry und Luc, Pissebœuf und Poussevent, Lachaise und Franz, alle in vollem Ornat, an seiner Tür erscheinen. Und selbst diese siebenköpfige Suite wäre noch dürftig für einen Marquis, wären Franz und Lachaise nicht zum Glück solche Riesen, daß sie die mangelnde Länge meines Gefolges sozusagen durch körperliche Größe wettmachten.
Dies, Leser, ist also das Porträt meines Pariser Stadthauses, der Bestand meines Gesindes und, wenn ich es so nennen darf, die Philosophie meines Regiments. Natürlich weiß ich, daß mein Tableau anrührender wäre, zeigte es auch meine Gemahlin und meine Kinder. Anfangs war ihre Entfernung um ihrer Sicherheit willen erfolgt, denn nachdem sich in Paris die Tyrannei der »Sechzehn« installiert hatte, durfte ich mich dort nur noch in Verkleidung
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