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Der Tag der Ameisen

Der Tag der Ameisen

Titel: Der Tag der Ameisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Werber
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meinte sie.
    »Sie glauben, daß Sie den Mörder der Brüder Salta und Caroline Nogards finden werden?«
    »Ich will’s jedenfalls probieren. Das wird meinen Lesern gefallen.«
    »Sie wollen mir also nicht erzählen, wie weit Sie bei Ihren Nachforschungen gekommen sind?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Besser wir gehen jeder seinen eigenen Weg. So kommen wir einander nicht in die Quere.«
    Méliès nahm sich einen von seinen Kaugummis. Beim Kauen fühlte er sich plötzlich wohler. Er erkundigte sich: »Was ist hinter der schwarzen Tür?«
    Angesichts dieser abrupten Frage war Laetitia Wells einen Moment überrascht. Eine kurze, rasch verhüllte Verlegenheit.
    Sie zuckte die Achseln.
    »Mein Arbeitszimmer. Ich zeige es Ihnen nicht. Das ist ein echtes Heiligtum.«
    Daraufhin zog sie eine Zigarette heraus, steckte sie auf eine lange Zigarettenspitze und zündete sie mit einem Feuerzeug in Form eines Raben an.
    Méliès kam auf seine Sorgen zurück: »Sie wollen das Geheimnis Ihrer Nachforschungen wahren. Ich werde Ihnen hingegen sagen, wie weit ich gekommen bin.«
    Sie blies eine kleine perlmuttfarbene Rauchwolke aus.
    »Wie Sie möchten.«
    »Fassen wir zusammen. Unsere vier Opfer waren beim LAC
    beschäftigt. Man könnte an ein düsteres Motiv wie beruflichen Neid denken. In den großen Unternehmen sind Rivalitäten nicht selten. Die Leute reißen sich dort darum, befördert zu werden oder ein höheres Gehalt zu bekommen, und in der Welt der Wissenschaft sind die Leute oft geldgierig. Die Hypothese mit dem rivalisierenden Chemiker ist plausibel, geben Sie’s zu.
    Er hat seine Opfer durch ein starkes Mittel mit Langzeitwirkung vergiftet. Das paßt absolut zu den Geschwüren im Verdauungstrakt, die bei der Autopsie festgestellt wurden.«
    »Sie verrennen sich wieder, Kommissar. Sie sind besessen von Ihrer Idee mit dem Gift und vernachlässigen unentwegt die Angst. Auch ein supergroßer Streß kann zu Geschwüren führen, und unsere vier Opfer haben alle große Angst gehabt.
    Die Angst, Kommissar, die Angst ist der Schlüssel des Problems, und weder Sie noch ich haben bis jetzt verstanden, was den Schrecken ausgelöst hat, der ihnen allen im Gesicht geschrieben stand.«
    Méliès protestierte: »Natürlich habe ich mich nach der Angst gefragt und nach allem, was den Leuten angst machen kann.«
    Sie blies eine neue Tabakwolke aus.
    »Und was macht Ihnen angst, Kommissar?«
    Sie hatte ihn kalt erwischt, denn er hatte ihr die Frage stellen wollen.
    »Na ja … hm …«
    »Es gibt doch sicher etwas, das Sie mehr ängstigt als alles andere, oder?«
    »Das will ich Ihnen sagen, aber dafür sagen Sie mir genauso aufrichtig, was Sie erschreckt.«
    »Einverstanden.«
    Er zögerte, dann stotterte er.
    »Ich habe … ich habe Angst … ich habe Angst vor Wölfen.«
    »Wölfen?«
    Sie brach in Lachen aus und wiederholte »vor Wölfen«, »vor Wölfen«. Sie stand auf und schenkte ihm Ambrosia nach.
    »Ich habe die Wahrheit gesagt, jetzt sind Sie dran.« Sie stand auf und schaute aus dem Fenster. Sie schien in der Ferne etwas Interessantes wahrzunehmen.
    »Hm … ich, ich habe … ich habe Angst … ich habe Angst vor Ihnen.«
    »Hören Sie auf, sich lustig zu machen. Sie haben mir versprochen, ehrlich zu sein.«
    Sie drehte sich um und stieß eine neue Rauchwolke aus. Ihre lila Augen funkelten durch den türkisfarbenen Rauch wie Sterne.
    »Aber ich bin doch ehrlich. Ich habe Angst vor Ihnen, und durch Sie vor der ganzen Menschheit. Ich habe Angst vor Männern, Frauen, Alten, Kindern. Wir führen uns alle wie die Barbaren auf. Ich finde uns körperlich häßlich. Keiner von uns ist so schön wie ein Tintenfisch oder eine Fliege …«
    »Na, also wirklich!«
    An der Haltung der jungen Frau hatte sich etwas geändert. Ihr so gut beherrschter Blick schien einen Makel zu haben. In diesen Augen lag Wahnsinn. Sie war von einem Gespenst besessen und lieferte sich nach und nach dem Irrsinn aus.
    Überall brachen die Sperren. Es gab keine Zensur mehr. Sie hatte vergessen, daß sie mit einem Polizeikommissar redete, den sie kaum kannte.
    »Ich finde uns angeberisch, hochmütig, selbstzufrieden, stolz, weil wir Menschen sind. Ich habe Angst vor den Bauern, den Priestern und den Soldaten, ich habe Angst vor den Ärzten und den Kranken, ich habe Angst vor denen, die mir Böses, und vor denen, die mir Gutes wollen. Wir zerstören alles, was wir anfassen. Wir beschmutzen, was uns nicht zu zerstören gelingt.
    Unserer unglaublichen Fähigkeit zu

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