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Der Tag der Dissonanz

Der Tag der Dissonanz

Titel: Der Tag der Dissonanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Dean Foster
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Schleimgesochs!« Dann sprach er seinen Steuermann an: »Wenn sie mit dem Deck fertig sind, jag sie nach vorn, damit sie die Schiffswände von außen schrubben! Laß sie in Netzen runter! Wenn einer durch die Maschen fällt, wird das den anderen eine gute Lehre sein.«
    »Aye, aye, Kapitän!« erwiderte der Steuermann. Corroboc erhob sich auf leuchtendgrünen Schwingen, um zum Hauptdeck hinab zu gleiten. Das Warzenschwein warf Jon-Tom aus zusammen gekniffenen Augen einen Blick zu. »Paß genau auf, was du sagst, und benimm dich, dann kannst du glatt noch ein Jahr leben!« Diese Mahnung endete mit einem dicken grunzenden Lachen. »Willst du immer noch abhauen?«
    Darauf kannst du deinen fetten Schweinehintern verwetten, dachte Jon-Tom zornig, als er sich wieder auf seinen Deckabschnitt stürzte. Das Holz war das einzige, an dem er ohne Gefahr seine Wut auslassen konnte. Irgendwie werden wir hier schon rauskommen und das arme zerschundene Mädchen mitnehmen.
    Ohne es zu merken, hatte der Anblick von Wahnwitz etwas bewirkt, was ihre eigene verzweifelte Lage nicht vermocht hatte: Er zwang ihn dazu zu erkennen, wie egoistisch er die letzten Stunden über gewesen war, als er sich hatte hängenlassen, um sein Schicksal zu bejammern. Er war nicht der einzige, der Probleme hatte. Alle anderen hingen von ihm ab - Mudge und Jalwar und Roseroar und Clodsahamp, der krank und schmerzerfüllt in seinem Baum lag, und nun auch noch Wahnwitz.
    Er hatte es also nicht zurück in seine Heimatwelt geschafft. Pech. Mit Selbstmitleid allein würde er Los Angeles um keinen Schritt näherkommen. Er hatte Freunde, die ihn brauchten.
    Mudge bemerkte sofort, wie sich die Grundeinstellung seines Freundes veränderte. Mit frischer Begeisterung setzte er das Schrubben fort.
    »Arbeiten und den Mut nich verlieren, Kumpels!« flüsterte er Jalwar und Roseroar zu. »Seht ihr den Ausdruck auf dem Gesicht von diesem Burschen da? Den kenne ich. Vielleicht is er ja 'alb verrückt, aber manchmal sind es ja gerade die 'albverrückten, die 'nen Ausweg se'en, wo's keinen zu se'en gibt.«
    »Ich bete darum, daß es so kommt«, flüsterte Jalwar, »sonst sind wir wahrhaftig und endgültig des Todes.«
    »'ne 'albe Chance«, murmelte Mudge. »Mehr braucht er nich. Nur 'ne 'albe Chance.«
    »Möglicherweise geben die ihm nicht mal die«, bemerkte Roseroar.
    Während seine Gefährten in dieser Nacht den Schlaf der Erschöpften schliefen, lag Jon-Tom wach und schmiedete einen Plan nach dem anderen. Corroboc würde ihn schon singen lassen, und wenn es nur aus Neugier war. Die Songs mußten sorgfältig ausgesucht werden, um bei dem Kapitän auch nicht das leiseste Mißtrauen aufkommen zu lassen. Jon-Tom hegte keinen Zweifel, daß der mörderische Papagei ihn sorgfältig beobachten würde.
    Seine Darbietung mußte so sanft und gleichmäßig ausfallen wie möglich. Irgendwie mußte er ein wirkungsvolles Stück finden, das zu dem erhofften Erfolg führte und gleichzeitig völlig harmlos klang. Der Text mußte mächtig, aber unbedrohlich sein.
    Erst nachdem er im Geist ein Programm zusammengestellt hatte, erlaubte er es sich, in einen unruhigen, sorgenerfüllten Schlaf zu fallen.
    Am nächsten Morgen ließ der erste Maat sie den Sockel des Großmasts schrubben. Corroboc schlenderte an ihnen vorbei, ohne die Arbeit zu begutachten, und Jon-Tom drehte sich langsam zu ihm um und sagte unterwürfig: »Bitte um Verzeihung, Kapitän.«
    Der Papagei drehte sich um, die Flügelspitzen in die schlanke Vogelhüfte gestemmt. »Vergeude nicht meine Zeit, mein Junge. Du hast genug zu tun.«
    »Das weiß ich wohl, Kapitän, aber es ist wirklich die völlig falsche Arbeit. Mir fehlt die Ausübung meines gewählten Berufs, die des Barden. Meine Kenntnis von Liedern aus fernen Ländern ist unübertroffen.«
    »Ach ja, Junge?«
    Jon-Tom nickte heftig. »Ich kenne wundervolle Akkorde und Verse von größter Schönheit und kann meinem Instrument die zartesten und wohlklingendsten Klänge entlocken. Sie werden feststellen, daß sie dem Ohr zuhöchst schmeicheln, und manchmal sind sie, so muß ich leider gestehen, sogar etwas gewagt.« Er riskierte ein vielsagendes Augenzwinkern.
    »Ich verstehe«, war zunächst Corrobocs einzige Antwort. Und dann: »Könnte es sein, daß du schon nach einem einzigen Tag erkannt hast, wo deine wahren Interessen liegen? Ha, was die Wahrheit und ein bißchen Sonne doch alles bewirken können. Du möchtest für dein Abendessen lieber singen als schrubben,

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