Der Tag der Dissonanz
he?«
»Wenn Sie es mir gestatten würden, Kapitän.« Jon-Tom versuchte, gleichzeitig hoffnungsvoll und willig auszusehen.
»Aus fernen Ländern, sagst du? Ist schon eine ganze Weile her, daß wir auf dieser Badewanne andere Musik als das Geschrei gehört haben, das anständige Bürger machen, wenn sie über Bord gehen.« Er blickte nach links. Mudge, Jalwar und Roseroar waren darauf angesetzt worden, die Reling zu polieren.
»Und deine Gefährten? Wie werden die wohl reagieren, wenn sie deine jetzige Arbeit erledigen müssen?«
Jon-Tom fuhr sich mit der Zunge über die Lippen, trat vor und lächelte matt, wobei er das Gesicht so abwandte, daß seine Gefährten es nicht wahrnehmen konnten. »Sehen Sie, mein Herr, was die denken mögen, das kann ich auch nicht ändern, aber mir zerbricht es langsam das Kreuz. Ich habe keinen Pelz wie sie, der mich vor der Sonne schützt, und das scheint ihnen egal zu sein. Warum sollte es mich da kümmern, was sie denken?«
»Das ist wohl die Wahrheit, wie ein armseliger nacktfleischiger Mensch wie du sie sieht. Nicht daß mich das kümmerte, aber...« Nachdenklich hielt er inne, während Jon- Tom den Atem anhielt. »Wir werden dir eine Chance geben, Barde. Ha! Aber«, fügte er in drohendem Ton hinzu, »wenn du mich nur anlügen solltest, um dich um einen Tag säuberer Arbeit zu drücken, dann lasse ich dich die Masten von innen nach außen polieren!«
»Nein, Kapitän, ich würde Sie doch nicht anlügen, nein, mein Herr!« Schlau fügte er hinzu: »Wenn ich kein Barde wäre, wozu würde ich dann ein Musikinstrument mit mir herumschleppen?«
»Als Meister diverser Perversionen wüßte ich da einiges, ha, aber ich sehe schon, daß du dafür nicht die nötige Phantasie besitzt.« Er drehte sich um und rief: »Kaskrel!« Ein Eichhörnchen mit einem zotteligen Schwanz huschte gehorsam heran. »Geh unter Deck und hol das Instrument aus meiner Kabine. Das Ding, das wir aus der Prise dieses Mannes entnommen haben.«
»Aye, aye«, sagte das Eichhörnchen und verschwand in der Luke.
»Folge mir, großer Mann!« Jon-Tom folgte Corroboc nach oben zur Hauptkajüte. Dort ließ sich der Kapitän in einem Korbsessel nieder, der an einem Kreuzträger hing. Der obere Teil des Sessels trug auch eine Vogelstange, was dem Kapitän eine größere Auswahl an Ruhestellungen sicherte. Diesmal entschied er sich für den Korb.
Das Eichhörnchen erschien kurz darauf wieder und brachte Jon-Toms Duar. Der versuchte, sich seine Sehnsucht nach dem Instrument nicht anmerken zu lassen, als er es betrachtete, zumal der neugierige Sasheem dem Matrosen die Treppe hinauf gefolgt war. Das Eichhörnchen übergab Jon-Tom die Duar, und er streichelte sie liebevoll. Sie war unversehrt.
Gerade wollte er mit dem Spielen beginnen, als eine neue Stimme ihn unterbrach.
Zuerst glaubte er, daß die Ohren des Hundes coupiert waren, doch dann sah er, daß sie zerfetzt waren und ungleichmäßige Kanten aufwiesen - das Zeugnis einer weniger entwickelten Chirurgie. Der Hund humpelte und stützte sich auf eine Krücke. Im Gegensatz zu Corroboc besaß er jedoch noch zwei gesunde Beine, hur daß eines davon gute dreißig Zentimeter kürzer war als das andere.Schlaff hingen die Lefzen zu beiden Seiten des Gesichts herab. »Tun Sie's nicht, Käpt'n!«
Corroboc beäugte den Neuangekommenen fragend. »Und was hast du wohl dagegen, Macreeg?«
Der alte Hund sah zu Jon-Tom hinüber. »Es gefällt mir nicht. Wäre besser, ihn weiterhin das Deck schrubben zu lassen.«
Corroboc trat mit seinem Holzbein aus und erwischte die Krücke des Seemanns, der wild nach einer neuen Stütze griff und statt dessen unsanft auf dem Hosenboden landete, vom hämischen Gelächter seiner Bordkameraden begleitet.
»Ha, wo bleibt dein Sinn für das Kulturelle, Macreeg? Hast du etwa nichts für die Musen übrig?«
Weder zornig noch eingeschüchtert erhob sich der alte Seemann langsam und reckte sich zu seiner vollen Größe von nicht einmal eineinhalb Metern empor.
»Ich trau ihm einfach nicht, Käpt'n. Ich mag nicht, wie er aussieht, und ich mag sein Verhalten nicht.«
»Na, ich bin auch nicht gerade in seine nackten Züge verliebt, Macreeg, aber die versauern mir nicht gleich die Leber. Und was sein Verhalten angeht«, - er warf Jon-Tom einen seiner beunruhigenden durchdringenden Blicke zu -, »was ist nun damit, Menschenmann?«
»Wie Sie befehlen, Kapitän«, erwiderte Jon-Tom und senkte den Blick wieder aufs Deck.
Der Papagei ließ den Blick
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