Der Tag der Messer: Roman (German Edition)
Rock aus, aus zahlreichen sich überlappenden Lederstreifen gebildet. Im Fallen holte Dranjar aus und stieß den Dolch hinein.
Die Klinge aus Drachenbein schnitt in das harte Leder und fing den Sturz ab. Dranjar hing an dem ledernen Rock, dicht über dem Knie des Goblins, und versuchte zu klettern. Doch das Leder war zu glatt und bot keinen Halt. Dranjar nahm ein zweites Messer zu Hilfe. Hand über Hand arbeitete er sich an der Rüstung empor. Nur auf den Beschlägen konnte er manchmal eine Rast einlegen.
Der Pelzkopf merkte nichts davon. Dranjar grinste, biss die Zähne zusammen und kletterte weiter.
Endlich erreichte er den Gürtel. Von dort aus konnte er auf den Mantel des Goblins hinüberspringen, wo er sicheren Halt fand. In dem faltenreichen Kragen machte er es sich schließlich bequem.
Wenn er den Pelzkopf ungesehen begleitete, würde er vermutlich eher etwas über Bathas Schicksal erfahren als durch ein offenes Gespräch.
Er steckte die Waffen weg, hielt sich mit einer Hand an der Falte fest und reckte den Kopf. Es war dunkel hier, ein unbeleuchteter Treppenaufgang. Der Goblin bewegte sich nach unten. Es dauerte eine Weile, bis Dranjar klar wurde, was da geschah.
»Ja!« Unwillkürlich ballte er die Faust. Der Goblin stieg in die Kellergewölbe. Eben dorthin, wohin Batha den Goblins vorletzte Nacht gefolgt war.
14. K APITEL:
… UND G OBLINS IN DER S TADT
Ein Volk rechtloser und besitzloser Sklaven ruhigzuhalten erfordert maßlose Gewalt. Denn ein Sklave hat wenig zu verlieren, aber viel zu gewinnen. Wir müssen also Gruppen schaffen, die etwas zu verlieren haben. Sie haben weniger Gründe, sich gegen uns aufzulehnen, und sind viel leichter zu treffen, wenn wir sie maßregeln müssen.
Im Hohen Rat sitzen privilegierte Gruppen der anderen Völker. Wir geben ihnen etwas, nämlich Macht und Besitz. Dafür werden sie von sich aus ihre Volksgenossen zur Ordnung rufen, weil ein jeder, der unsere Ordnung in Frage stellt, auch ihre Stellung bedroht.
Auf Dauer wird das uns Gnome entlasten. Konflikte werden in die anderen Völker hineingetragen und verhindern ein starkes Bündnis gegen uns. Wir werden nicht länger mit großem Kraftaufwand ganz Daugazburg allein in der Waage halten müssen. Wir brauchen nur noch einen kleinen Finger auf die Waagschale zu legen, um jeweils in unserem Sinne auszutarieren.
D ARNAMUR , DER G NOM ,
VOR DEN F ÜHRERN VON K NOCHENMESSERN UND G RÜNEN L ANDEN
Die Goblins der Stadt versammelten sich auf dem Drauzwinkel, eine Kolonne neben der anderen. Der Platz glänzte vor Gold und Stahl. Die Fledermausschwingen auf den großen Schilden gemahnten an die Fei und an ein vergangenes Zeitalter.
Darnamur sah weitere Truppen, die aus den Nebenstraßen strömten. Zu der Garde gesellten sich Kompanien in einfacher Wehr, uneinheitliche Rüstungen aus Eisen und Leder, Schilde mit aufgemalten Fratzen und blutroten Symbolen, die Bewaffnung ein Sammelsurium aus Säbeln, Beilen, Stabkeulen, Morgensternen und Speeren. Der einzige Schmuck dieser Goblins bestand aus Knochen und Zähnen, die zwischen den schwarzbraunen Scharen weiß schimmerten.
In den geschlossenen Reihen der goldgerüsteten Garde fand man auch leichter bewaffnete Krieger: Bogenschützen, die in den Schildwall der Infanterie eingebettet waren. Zum ersten Mal bekam Darnamur eine Vorstellung davon, wie viele Goblins Mataz und Fitwiz nach der Zerschlagung der Stadttruppen in ihre Reihen aufgenommen hatten. Er schätzte die Zahl der angetretenen Krieger auf etwa fünftausend.
»Bald haben wir Feuer im Kessel, im Kessel!« Smatra zupfte Darnamur am Wams. »Pfeilschwärme aus meiner Maschine, das werden die Burschen kriegen, kriegen.«
Darnamur wandte sich vom Drauzwinkel ab. Er stand auf der Mauerkrone beim Tor des Blutes und hatte einen guten Blick in beide Richtungen. Vor den Mauern marschierte das feindliche Heer auf, die Goblins von Hagaz. Die Greifen und Drachen von Daugazburg kreisten über den Häuptern der Feinde. Hinter ihnen sank ein blutroter Sonnenball, von milchigem Dunst verhangen, dem Horizont entgegen. »Wenn alles gut geht«, sagte Darnamur zu dem Kobold, »brauchen wir deine Maschine heute nicht. Die Schlacht wird vor den Toren geschlagen.«
Ganoch nahm Darnamur das Sichtglas aus der Hand, das Smatra für sie bereitgestellt hatte, ein langes Rohr mit gläsernen Linsen im Inneren und mit Einstellrädern außen. Das »Weitsichtglas«, wie Smatra es nannte, machte entfernte Einzelheiten so gut erkennbar, als
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