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Der Tag der Messer: Roman (German Edition)

Der Tag der Messer: Roman (German Edition)

Titel: Der Tag der Messer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Lohmann
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Tränen standen in ihren Augen.
    Darnamur verstand ihren Schmerz nicht. War er nicht selbst ein Bewohner der Vorstadt gewesen und hatte sie verlassen, als es zweckmäßig gewesen war? Er verlangte von den Menschen ja nichts anderes, als was er selbst gegeben hatte!
    Am Mittag nach der Schlacht huschte Ganoch käfergroß unter einer Zeltplane hindurch und verharrte in dem dunklen Winkel, wo die Plane am Boden verankert war. Er atmete einige Male tief durch, bis er wieder richtig Luft bekam.
    Es war ein verdammt anstrengender Weg durch das Goblinlager. Zwischen den Zelten gab es wenig Deckung, und der Untergrund war staubig, sodass ein kleiner Gnom bei jedem Schritt einsank und sich mühsam vorwärtskämpfen musste.
    Die Standarten im Lager sahen für Ganoch alle gleich aus: schlecht geschnitzte Stangen mit schwarzen Lappen als Fahnen und einem Sammelsurium von Knochen als Totemzeichen darunter. Nur ein Goblin mochte verstehen, worin der Unterschied liegen sollte. Es hatte also eine Weile gedauert, bis Ganoch den richtigen Ort gefunden hatte.
    Als er sich wieder etwas erholt hatte, schaute er sich in dem Zelt um. Ein gleichmäßiges Schnarchen erklang von einem hohen Lager aus Pelzen. Der Goblin, der dort lag, war kaum zu erkennen. Aber es schlief nur ein einziger Goblin in diesem Zelt, also musste es der richtige sein.
    Ganoch nahm seine große Gestalt an.
    In dem Zelt roch es nach kaltem Rauch. Die Reste eines Lagerfeuers waren zu erkennen, ohne Abgrenzung und Abzug mitten auf dem Boden. Darum herum lagen Waffen und Teile einer Rüstung, die der Bewohner achtlos hatte fallen lassen. Der Goblin schnarchte auf den Fellen und hatte den Eindringling nicht bemerkt.
    Unschlüssig spielte Ganoch mit dem Griff seiner knöchernen Armbrust.
    Da erscholl von draußen ein Ruf: »Gnome! Gnome im Lager!«
    Ganoch biss sich auf die Lippen. Verflucht!
    Der Goblin regte sich, hob den Kopf.
    »Psst!«, zischte Ganoch. Er hob die Hände hoch in einer Geste, die Friedfertigkeit vermitteln sollte.
    »Ein Gnom!«, brüllte der Goblin. Er beugte sich von seinem Lager hinunter, und als er den Arm hob, hielt er einen gewaltigen Krummsäbel in der Hand. »Twankaz zertritt wie Ungeziefer!«
    »Twankaz«, sagte Ganoch halblaut. »Ich komme in Frieden! Ganoch will reden.«
    Er seufzte stumm. Twankaz schien keine Geistesgröße zu sein. Aber das war kein Grund, mit ihm zu reden wie mit einem Kind.
    »Twankaz verhandelt nicht mit Zecken!« Der Goblin sprang auf die Füße und hob den Säbel. »Dein Blut für unser Blut.«
    »Ich will nicht verhandeln«, erwiderte Ganoch. Er rang sich ein Lächeln ab und trat gleichzeitig einen Schritt an die Zeltwand zurück. Von draußen waren Stimmen zu hören und Lärm von weiter her. Das Lager geriet in Aufruhr, aber noch war niemand auf die Vorgänge in Twankaz’ Zelt aufmerksam geworden.
    »Ich bringe ein Geschenk«, fuhr er fort. »Und eine Botschaft. Du bist doch Twankaz, von Hagaz’ Sippe. Sein Leutnant und Zweiter, ein angesehener Krieger.«
    Twankaz zögerte. Er stand auf seinem Lager aus Pelzen wie eine Kriegerstatue auf ihrem Sockel.
    »Twankaz großer Krieger«, sagte er. »Tückischer kleiner Gnom.«
    Ganoch griff unter seine Weste und zog ein Lederetui hervor. Er warf es in Twankaz’ Richtung, wo es aufgeklappt vor dem Goblin liegen blieb.
    Twankaz beugte sich vor. Er ließ Ganoch nicht aus den Augen und hielt den Säbel schlagbereit erhoben, während er mit der Linken das Etui aufhob.
    »Haare?«, knurrte er. »Kleine Gnomenschabe macht Scherz mit Twankaz?«
    »Kein Scherz. Riech daran«, sagte Ganoch.
    Twankaz nahm mit zwei Fingern ein Büschel aus dem Etui und rieb es gegeneinander.
    »Du solltest den Geruch erkennen«, fuhr Ganoch fort. »Goblins haben eine feine Nase für so etwas. Du erinnerst dich an Hagaz’ Kinder? An die Köpfe, die wir ihm gebracht haben? An dem Ort, wo wir sie gefunden haben, stehen noch viele Hälse zur Ernte bereit. Heute Nacht fliegen wir zurück in die Berge und holen den nächsten Sack … mit Köpfen, die zu diesen Haaren passen.«
    Twankaz ließ die Klauenhand sinken. Sein Griff lockerte sich. Feine Pelzhaare schwebten zu Boden. Der Säbel in seiner Hand zitterte. »Mieser Rattengnom …«, knurrte er. »Du bereust …«
    »Aber noch kannst du es verhindern«, unterbrach Ganoch den Goblin. »Sorge dafür, dass Hagaz’ Kopf heute Abend bei Sonnenuntergang fällt, sonst ist deine Familie als Nächstes an der Reihe. Und dann eure ganze Sippe. Dagegen könnt ihr

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