Der Tag der Messer: Roman (German Edition)
sich die Knochenmesser immer getroffen haben.«
»Ich weiß«, sagte Wito. »Wo finde ich ihn?«
»Er wurde hingerichtet«, sagte Magati. »Noch zu Zeiten der Fei. Aber soviel ich gehört habe, war es nichts Politisches. Er hat geschmuggelt und ist aufgeflogen.«
»Genau«, sagte Audan. »Aber vorher hat Darnamur deine Familie in einer von Beuzabars Lieferungen versteckt. Vielleicht ist noch irgendein Pascher übrig, der mehr darüber weiß.«
Wito suchte nach Hinweisen, wo Cleuda und die Kinder geblieben waren. Er hatte ein schlechtes Gewissen, weil er so viel Zeit auf seine eigenen Angelegenheiten verwendete. Aber je schwerer es wurde, etwas darüber herauszufinden, umso mehr Sorgen machte er sich.
Schon im Labyrinth hatten Audan und Magati ihm berichtet, dass Cleuda und die Kinder in Sicherheit waren. Darnamur hatte sie erst einmal versteckt und vor dem Winter in die Berge gebracht. Aber erst jetzt, nach seiner Rückkehr, war Wito bewusst geworden, wie ungewiss diese »Sicherheit« tatsächlich war.
Darnamurs ganz spezieller Haufen, die Knochenmesser , hatten sich darum gekümmert, und nur wenige waren eingeweiht gewesen, alles enge Kameraden von Darnamur und alte Veteranen aus den Spähtrupps der Fei. Und die waren inzwischen alle im Felde, und die meisten von ihnen waren tot. Wito hatte bisher keinen Gnom aufspüren können, der wusste, wohin genau man Cleuda gebracht hatte.
»Ihr habt sie Menschen anvertraut?«, fragte er.
Magati blickte verlegen zur Seite. »Es waren natürlich auch ein paar von Darnamurs Spähern dabei. Wäre etwas schiefgelaufen, hätten wir sicher davon gehört.«
Wito atmete tief durch. Er konnte es Darnamur nicht vorwerfen, dass so wenige Bescheid wussten. So war es für Cleuda und die Kinder am sichersten gewesen. Vermutlich war es ohnehin überflüssig, nach ihnen zu suchen. Sobald die Lage in Daugazburg sich beruhigt hatte und wieder Verbindung zu allen Siedlungen in den Zinnen und den Schraffelgraten bestand, würde sich herumsprechen, dass er zurück war. Und Cleuda würde wieder nach Daugazburg kommen, wo auch immer sie sich jetzt versteckte.
Wenn die Lage sich je wieder beruhigte!
Aber jeden Tag verließen Flüchtlinge die Stadt, aus Furcht vor den anrückenden Bitanern. Wenn Daugazburg unterging, würden die Überlebenden in alle Himmelsrichtungen zerstreut, und sie würden Verfolgte sein. Wito wusste nicht einmal, wohin er sich dann wenden sollte, um zumindest seine Familie wiederzufinden.
Außerdem hatten die Bitaner in den Bergen gehaust, Vorposten verwüstet und Festungen geschleift. Womöglich war auch das Versteck seiner Familie darunter gewesen …
Nein. So durfte er nicht denken! Cleuda und die Kinder waren wohlauf. Und sie alle würden standhalten und die Grauen Lande wiederaufbauen. Wie konnte es anders sein nach allem, was sie durchgemacht hatten?
Als seine Freunde sich verabschiedeten, sah Wito all das Volk auf dem Gang: seine eigenen Wachen und die Wachen der Fraktionen im Rat, die jeden Zugang zum Turm der Fei überwachen ließen.
Ihm blieb keine Zeit für weitere Nachforschungen. Er hatte ein halbes Jahr versäumt und wusste nicht, wie er das in wenigen Tagen nachholen sollte! Man erwartete Entscheidungen von ihm, die Ratssitzungen mussten vorbereitet werden, Absprachen waren zu treffen …
Wito konnte immer mehr nachfühlen, wie Darnamur zumute gewesen sein musste. Der hatte sich um alles gekümmert! Darnamur hatte einen Platz in jedem wichtigen Ratsausschuss besetzt, er hatte nach wie vor seine eigene politische Partei geführt und sich den unmittelbaren Oberbefehl über alle Truppen vorbehalten.
Wito war nur noch Vorsitzender des Rats, alle anderen Aufgaben hatte er anderweitig verteilt. Er konnte loslassen. Während er hier in der Kanzlei saß, traf sich der Generalstab mit dem neuen Verteidigungsausschuss. Ein Offizierskorps, das fast ausschließlich aus Gnomen bestand, musste einem Nachtalb, einem Menschen und einer Goblinfrau Rede und Antwort stehen. Das war ungewohnt für alle Beteiligten. Aber Wito war überzeugt, dass alle Völker und alle Parteien umso schneller zusammenwachsen würden, wenn sie sich zusammenraufen mussten .
Er wandte sich den Akten zu und versuchte, sie zu ordnen. Er hatte ein Menge Aufgaben abgegeben. Die Arbeit sollte ihm also leichter fallen!
Darnamur hatte sich um alles gekümmert. Trotzdem konnte Wito kaum aufzählen, worum Darnamur sich nicht gekümmert hatte: um den Aufbau einer zivilen Verwaltung; die
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