Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Tag der Messer: Roman (German Edition)

Der Tag der Messer: Roman (German Edition)

Titel: Der Tag der Messer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Lohmann
Vom Netzwerk:
zweiflügligen Portal. Holzintarsien zeigten eine Gestalt, die einen gewaltigen Drachen an einer Kette hielt. Helles und rötliches Holz deutete Flammen an, die die Szenerie umspielten. Der Hintergrund verschwand in schwarzem Ebenholz.
    Auf einer Bank an der Wand saßen weitere Bittsteller, Gnome, Alben und einige Vampire. Eine in sich gekehrte Nachtmahrfrau hatte mit gesenktem Haupt und zuckenden Ohren ganz hinten Platz genommen. Es waren so viele, die hier warteten. Die Zeit verstrich, und nur ein einziger Alb wurde durch das Portal gerufen. Schon nach wenigen Augenblicken kehrte er zurück und ging fort, doch niemand sonst wurde eingelassen.
    Frafa wartete.
    Endlich öffnete sich das Portal erneut, und ein Alb in Livree rief Frafas Namen. Sie erhob sich mit einem verwirrten Blick auf all die Bittsteller, die schon so viel länger gewartet hatten als sie.
    Der Saal hinter dem Portal schien ganz aus Glas gemacht. Der Boden spiegelte wie Eis, und Leuchter aus Kristall hingen über ihrem Kopf wie reifüberzogene Tropfsteine an einer Höhlendecke. Überall funkelte und gleißte es, und das Licht der Lampen wurde tausendfach zurückgeworfen.
    Frafa legte die Hand auf Balgirs Hals und suchte unwillkürlich nach einem Fenster, nach dem vertrauten Nachtgestirn. Doch hinter den Flammen und den Schatten im Kristall war kein Blick nach draußen.
    Der Alb, der sie eingelassen hatte, blieb am Eingang zurück. Links und rechts davon standen zwei Goblinwachen, die ihren krummen Rücken so gerade streckten, wie es nur möglich war. Der Saal stieg an, in flachen, glänzenden Stufen. An der höchsten Stelle, umgeben von gläsernen Säulen, saß Geliuna auf ihrem Thron.
    Die Schwarze Fei trug ein durchscheinendes Gewand aus schwarzen Schleiern, ein jeder so dünn wie ein Hauch. Weich umspielten sie ihren Leib und mischten sich mit den seidenfeinen schwarzen Haaren, die Geliuna über die Schulter fielen.
    Frafa näherte sich vorsichtig und drückte Balgir fester. Sie wusste nicht recht, wann sie stehen bleiben musste, wann sich verbeugen. Ihre Schritte wurden kleiner.
    Geliunas Haut stach weiß wie Porzellan aus dem schwarzen Gewand hervor, und Frafa erkannte, dass sie schön war. Die Fei war eine Frau, wie sie, und doch betörte ihr Anblick Frafa so sehr, dass ihr die Tränen in die Augen traten. Es war wie ein berückender Rausch, der ihr zu Kopfe stieg.
    Sie konnte nicht mehr weitergehen.
    Sie fiel blind auf die Knie und küsste den Boden zu Geliunas Füßen. Sie liebte selbst diesen Boden, der geheiligt sein musste von der Gegenwart der Herrin. Frafa hatte das Gefühl, dass sie tot hinsinken müsste vor Entzücken, wenn sie nur einen Fußbreit näher trat.
    »Herrin«, grüßte sie. Dann verstummte sie.
    Geliunas Lachen klirrte so hell wie das Kristall über ihren Köpfen.
    »Willkommen, kleine Nachtalbe. Du hattest eine Audienz erbeten?«
    An der Stimme hörte sie, dass Geliuna auf sie zukam. Es schnürte Frafa die Kehle zu.
    »Ihr seid so wunderwunderschön, Herrin«, stieß sie hervor. Sie konnte die Worte nicht zurückhalten. »Ich will Euch dienen immerdar!«
    Frafa wusste kaum noch, was sie hierher geführt hatte. Sie konnte an nichts denken als an die Gegenwart der Fei. Ihre Hände zitterten bei dem Gedanken, Geliuna zu berühren.
    Geliuna lachte wieder. »Tust du das nicht ohnehin, kleine Nachtalbe? Dient mir nicht ganz Daugazburg?«
    Der Rausch verflog. Frafa konnte den Blick wieder heben, und ihr Denken klärte sich. Immer noch war der Anblick der Herrin ihr reines Entzücken, doch zumindest konnte sie die Fei nun ansehen. Sie sah, dass Geliuna ein einziges Schmuckstück trug: Ein roter Rubin schimmerte tief in ihrem Ausschnitt.
    Frafa erinnerte sich wieder, weshalb sie gekommen war. Ohne sich von den Knien zu erheben, nestelte sie aus der Gürteltasche einen Brief.
    »Mein Herr schickt mich wegen Eurer Einladung.«
    »Ich sehe Balgir bei dir, kleine Frafa«, sagte Geliuna. »Beherrschst du das Erbe deiner Tante so unvollkommen, dass du eine andere Tasche benötigst?«
    Irgendwo in Frafas Hinterkopf keimte der Gedanke, dass sie nach einer Entschuldigung suchen sollte, nach einer Ausrede. Der Gedanke starb, ohne eine Spur zu hinterlassen. In Geliunas Gegenwart war nichts als die reine Wahrheit lauter genug, um gesprochen zu werden.
    »Es ist schwer«, brachte sie hervor. »Für kleine Dinge ziehe ich eine einfachere Tasche vor. Auch wenn Bleidan mir gezeigt hat, wie ich Balgirs Form wandeln kann.«
    »Bleidan«, sagte

Weitere Kostenlose Bücher