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Der Tag der Messer: Roman (German Edition)

Der Tag der Messer: Roman (German Edition)

Titel: Der Tag der Messer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Lohmann
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ebenfalls an den Aufstieg. Haro blieb unten zurück. Unruhig trat er von einem Bein auf das andere.
    Ihr Gewicht in Käfergröße reichte aus, das leichte Gewebe straff zu ziehen. Der Schleier mit den beiden Gnomen geriet ins Schaukeln. Magati hatte Audan bald eingeholt und erreichte vor ihm die Höhe der Bettkante.
    Sie spähte hinüber. Audan hielt kurz inne, kletterte ein Stück weiter, wartete wieder. Magati sah zu ihm herab und schüttelte den Kopf.
    Beide Gnome verharrten unschlüssig.
    Dann glitten sie wieder am Vorhang nach unten.
    »Sie ist nicht da«, flüsterte Magati Haro zu.
    »Pst«, wisperte Audan. »Womöglich versteckt sie sich irgendwo anders im Zimmer. Wir müssen nach ihr suchen.«
    »Wo sonst soll sie sich verstecken?«, fragte Magati. Sie sprach immer noch leise, aber ihrem Gesicht war die Verzweiflung anzusehen. »Wir konnten von der Tür den ganzen Raum überblicken. Der Vorhang um das Bett herum war das einzige Versteck. Und ihr habt selbst gemerkt, wie leicht die Vorhänge sind. Wäre die Fei hinausgetreten, während wir uns angeschlichen haben, dann hätten wir die Bewegung gespürt.«
    Die Gnome blickten einander ratlos an. Haro zuckte die Achseln. Man konnte fast so etwas wie Erleichterung aus seinem Gesicht ablesen.
    »Es war alles vergebens«, sagte Magati. »Sie schläft tagsüber nicht. Wer weiß, ob eine Fei überhaupt schlafen muss.«
    »Warum dann das Bett?«, fragte Audan. »Sie kommt bestimmt noch. Wir verstecken uns bei der Tür und warten auf sie.«
    Magati nickte. Gemeinsam schlüpften sie wieder unter dem Vorhangsaum hindurch. Kaum hatten sie ein paar Schritte in den freien Raum hinein getan, da erbebte der Boden unter ihren Füßen. Alles um sie herum trübte sich, wirkte mit einem Mal verzerrt, als würden sie durch Wasser blicken …

6. K APITEL:
U ND HÄTT ER DER L IEBE NICHT …

    Ich hab vor Kurzem mit einem bitanischen Gefangenen geredet. Den verstand ich kaum: Er redete seltsam, und was er mir von der Heimat erzählte, das war ganz hinter der Grenze. Meine Heimat ist das jedenfalls nicht.
    Ich wurde hier geboren. Bitan und die Menschen auf der anderen Seite von den Bergen bedeuten mir nichts. Und geht es euch nicht genauso? Woher unsere Vorfahren auch kamen, heute sind wir hier zu Hause. Aber die Herren von Daugazburg, die Finstervölker, die Alben und die Goblins, sehen nur Feinde und Sklaven in uns. Auch wenn wir keinen Halsreif mehr tragen.
    In Wahrheit ist das hier längst nicht mehr ihre Stadt, nicht mehr ihr Land allein. Wenn ich am Tag auf den Straßen bin, sehe ich fast nur Menschen. Sogar in der Nacht sehe ich so viele Menschen, wie ich andere Völker sehe. Daugazburg ist eine Menschenstadt. Es geht nicht darum, dass die anderen uns unseren Anteil an der Stadt geben. Wir müssen selbst erkennen, dass es unsere Stadt ist, und uns nehmen, was uns zusteht!
    T OMGAS ,
F ÜHRER DER »G ESELLSCHAFT DER FREIEN M ENSCHEN «
    Die drei Gnome liefen aufgeregt durcheinander, aber ringsum war ihnen der Weg versperrt. Sie rannten gegen eine unsichtbare Wand. Audan prallte mit einer solchen Wucht dagegen, dass er sich benommen auf den Hosenboden setzte und die schmerzende Stirn rieb.
    Er hörte, wie Magati aufschrie. Haro stand wie erstarrt da und schaute nach oben. Audan folgte seinem Blick. Eine milchig trübe Blase wölbte sich über ihnen, und dahinter stand ein riesenhaftes Antlitz, das langsam zu ihnen herabsank – die Schwarze Fei!
    Sie lächelte. Ihre Zähne blitzten im Streulicht, das durch den Vorhang vom Fenster hereinfiel.
    »Sieh an.« In ihrer Stimme schwang ein feines Klingen mit wie von klirrendem Kristall. »Wen haben wir denn da?«
    Audan kam langsam wieder zur Besinnung. Die Fei hat eine Schale über uns gestülpt, erkannte er. Die durchscheinende Blase war eine gläserne Kuppel, unter der sie gefangen saßen. Geliuna ging auf die Knie und betrachtete die Gnome wie possierliche Insekten.
    Audan starrte zurück. Er hatte die Herrin noch nie gesehen, und sie kam ihm überirdisch schön vor. Ihm wurde bewusst, wie verwerflich ihr Vorhaben gewesen war. Die Fei war ein höheres Wesen! Sie hatte es verdient zu herrschen. Er schaute in ihre Augen, versank in diesen sternglänzenden Tiefen, bis die Tränen seinen Blick trübten.
    Geliuna hob einen Finger und schlug damit gegen das Glas. Es gab ein Dröhnen wie von einer Glocke, und die drei Gnome saßen mitten darin. Audan fand sich jäh aus seiner Versunkenheit gerissen. Er schrie auf und presste sich die

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