Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Tag der Messer: Roman (German Edition)

Der Tag der Messer: Roman (German Edition)

Titel: Der Tag der Messer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Lohmann
Vom Netzwerk:
Gefährten verlassen hatte, war Darnamur unter der Tür hindurch zurück in den Flur gekrochen. Dort huschte er rasch hinter den Türrahmen und wartete einige Augenblicke ab. Die anderen folgten ihm nicht. Gut.
    Er zog ein Holzröhrchen aus der Innentasche seiner Weste und nahm den Verschluss ab. In dem Röhrchen befand sich eine Salbe, und Darnamur verteilte sie großzügig in seinem Gesicht und auf jedem Stück Haut, an das er unter seiner Kleidung herankam. Den Rest verrieb er auf seiner Kleidung – auf der Lederweste, den Ärmeln seines Leinenhemds und auf der Hose.
    Darnamur zog die Oberlippe hoch und schnüffelte. Er nahm einen leichten Fettgeruch wahr, nicht mehr. Hatte die Paste anders gerochen, als sie frisch gewesen war? Er erinnerte sich nicht. Aber sie wirkte auf magische Weise, und Darnamur hoffte, dass zwölf Jahre da nicht viel ausmachten.
    Und er hoffte weiter, dass die Fei die Magie eines verkleinerten Gnoms auf dieselbe Weise wahrnahm wie Alben und Elfen … und dass sie auf dieselbe Weise getäuscht werden konnte.
    Er kroch wieder unter die Türritze und spähte zurück in den Raum. Von seinen Gefährten war nichts zu sehen. Das Schlafgemach der Fei lag vor dem käfergroßen Gnom wie eine riesige weiße Wüste. Wenn seine winzigen Begleiter dorthinein gegangen waren, mussten sie längst außer Sicht sein.
    Dafür sah Darnamur die Fei am anderen Ende des Raums. Sie kam durch die Schleier, die ihr Bett umgaben. Das Gewebe bewegte sich nicht, es bauschte sich nicht einmal. Die Fei trat hindurch wie durch einen Wasserfall. Die Schleier und ihre feine Kleidung schienen einen Augenblick lang zu verschmelzen, wie eine tintenschwarze Trübung im strahlenden Weiß, dann stand Geliuna im Raum.
    Unwillkürlich wich Darnamur zurück. Er suchte Schutz im Schatten des Türrahmens. Die Fei schritt lautlos durch das Zimmer auf einen kleinen Tisch zu, von dem sie eine große Glasschale herunternahm. Darnamur verfolgte, wie Geliuna abwartete, die Schale schwungvoll auf den Boden setzte und sich dann daran zu schaffen machte. Als sie wieder aufsprang, lächelte er.
    Er wich tiefer in den Schatten unter der Tür zurück. Da riss Geliuna die Tür unvermittelt auf. Darnamur zuckte erschrocken zusammen. Riesenhaft ragte die Fei über ihm auf. Die Dielen des Zimmers hatten unter ihrem Schritt nicht geschwungen. Dabei war Darnamur davon überzeugt gewesen, in seiner Käfergröße jedes große Geschöpf herankommen zu hören!
    Die schwarzen Gewänder der Herrin umflorten ihn wie Qualm. Darnamur haschte danach. Tatsächlich bekam er leichtes Gewebe zu fassen, und er ließ sich mitschleifen. Rasch kletterte er ein kleines Stück höher und hing bald wie eine Laus in einer Kleiderfalte der Schwarzen Fei.
    Die hielt inne und schaute suchend umher. Unwillkürlich zog Darnamur den Kopf zwischen die Schultern und hielt die Luft an. Doch dann raffte Geliuna ihr Kleid enger um sich und ging weiter.
    Darnamur wollte aufatmen, beherrschte sich aber. Langsam und geräuschlos ließ er die Luft aus seinen Lungen entweichen und atmete so flach er konnte. Sein Puls ging rascher. Wieder balancierte sein Leben auf einer Messerklinge. Jetzt blieb ihm keine Wahl mehr. Wenn er überleben wollte, musste er einen übermächtigen Gegner erschlagen! Es war ein gutes Gefühl.
    Dennoch: Es war nicht derselbe Rausch wie in der Drachenhöhle. Der Fei fehlte die Präsenz des Unkwitt, die alles fortgerissen hatte, was den Verstand umgab, alle kleinen Gedanken, jede Ablenkung. Darnamur überlegte, ob er etwas tun konnte, um die Gefahr zu erhöhen … doch nein. Der Auftrag ging vor.
    Geliuna trat vor das nächste Feuer, das hinter Glas den Flur erhellte, und schob mit einem genauen Griff die Scheibe zur Seite. Dahinter führte eine schmale Stiege nach oben.
    Darnamur blinzelte. Er schaute sich nach der Glasscheibe um. Von der Seite her sah er noch immer gelbe Flammen darin tanzen. Das kalte Feuer brannte nicht hinter dem Glas, es brannte im Glas!
    Es war eine Illusion oder ein magischer Taschenspielertrick.
    Die Fei eilte leichtfüßig die Treppe empor. Die Scheibe glitt hinter ihr ganz von selbst wieder an ihren Platz und verschloss den Zugang. Darnamur schaute auf die lodernden Flammen hinab, die sie hinter sich ließen.
    Die Treppe endete in einem Erker an einer Ecke des Turms. Darnamur hing weit unten am Kleid der Schwarzen Fei. Von dort aus konnte er durch die schmalen Fenster nur einen Ausschnitt des Himmels sehen. Graue Wolken hingen so tief, als

Weitere Kostenlose Bücher