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Der Tag der Messer: Roman (German Edition)

Der Tag der Messer: Roman (German Edition)

Titel: Der Tag der Messer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Lohmann
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er bedächtig. Er sah aus wie ein Mann, dessen Welt soeben wieder in Ordnung gebracht worden war.
    »Gut«, sagte er. Er tat einen Schritt auf den Schreibtisch zu und streckte eine Hand aus. »Gebt mir die Befehle. Ich werde sie übermitteln. Ich bin … nur der Kanzler. Ich habe stets nur Befehle weitergeleitet. Die Fei hätte niemals einen Alb in ihrem Umfeld geduldet, der selbst stark genug wäre, um nach der Macht zu greifen. Sagt das eurem Herrn, dass ich ein guter Mittelsmann bin und gewiss nicht vorhabe, einem der Großen im Kampf um den Thron im Wege zu sein.«
    Darnamur schob die Briefe zu dem Alb hin. »Macht Eure Arbeit gut, und es wird keinen Kampf um den Thron geben. Womöglich behaltet Ihr sogar Euren Posten, und nur die Gestalt auf dem Thron wird eine andere sein.« Er zwinkerte.
    Fadin verzog einen Mundwinkel. Er blickte auf den Gnom hinab. »Aber bestellt Eurem Herrn auch, dass er sich irgendwann zeigen muss. Das Volk muss seinen Herrscher sehen – zumindest die Mächtigen werden wissen wollen, wem sie gehorchen sollen.«
    Nachdem der Kanzler die Briefe genommen hatte, lehnte Darnamur sich ein wenig zurück. Er hielt immer noch die Armbrust in der Hand, aber sein Lächeln wirkte entspannter. »Gemach, gemach, Kanzler Fadin«, sagte er. »In den nächsten Stunden wird erst einmal gezählt werden müssen, wie viele Mächtige in Daugazburg überhaupt noch geblieben sind.«
    Der Nachtalb warf einen letzten Blick auf die beiden Gnome, dann eilte er zur Tür.
    »Denkt daran«, rief Darnamur ihm hinterher. »Wir Gnome sind überall. Wir beobachten alles. Und ganz besonders, wie Ihr Euch sicher vorstellen könnt, werden wir in den nächsten Stunden Euch im Auge behalten!«
    Als Fadin fort war, wechselten die beiden Gnome einen Blick. Darnamur legte die Armbrust weg.
    »Wird es reichen?«, fragte Dranjar misstrauisch.
    »Für eine Weile«, erwiderte Darnamur. »Dein Auftritt hat ihn ziemlich beeindruckt. Und meine Geschichte von dem geheimnisvollen, mächtigen Verschwörer im Hintergrund wird ihm auch zu denken geben.«
    »Es ist eine zweifache Täuschung«, wandte Dranjar ein. »Wie lange kann sie bestehen bleiben? Eine endgültige Lösung wäre mir lieber.«
    »Die Gefahr ist überschaubar und der Nutzen groß. In einem hat der Kanzler recht: Seine Macht verdankte er stets nur seinem Amt und der Protektion der Herrin. Was seine magischen Kräfte und sein Ansehen anbelangt, ist er nicht eben der bedeutendste Nachtalb von Daugazburg. Er wird erst dann etwas unternehmen, wenn er sich einem Großen anschließen kann. Das verschafft uns genug Zeit.«
    Dranjar wandte sich um. Er hob ein hölzernes Röhrchen vom Boden auf und warf es seinem Hauptmann zu. Der fing es in der Luft auf. Es war die hölzerne Salbenbüchse mit der Paste, die einen verkleinerten Gnom vor den Sinnen magiebegabter Geschöpfe schützte.
    Vor zwölf Jahren hatte Darnamur sie auf einer Mission erhalten, um unbemerkt in eine Elfenfestung zu schleichen. Inzwischen wusste er, dass sie auch gegen Nachtalben und Feien wirkte. Aber das Röhrchen war leer, und nur winzige Reste klebten noch an dem Holz. »Jedenfalls werden wir nicht mehr viele Alben mit solchen Auftritten beeindrucken können«, sagte Dranjar. »Wir brauchen mehr von dieser Paste, damit wir wirklich überall sein können.«
    »Ich weiß«, erwiderte Darnamur. »Aber bis wir welche bekommen, werden wir uns auf andere Weise behaupten müssen.«
    Er warf den Behälter zu Dranjar zurück. »Und nun leg das Ding wieder neben die Tür, mach dich klein und kriech hinein. Damit wir zumindest die Alben beeindrucken können, die sich hier in die Schreibstube verirren.«
    Frafa wurde von Geräuschen geweckt, die sie nicht einordnen konnte. Sie drehte sich auf die andere Seite und fand sich Auge in Auge mit Balgir wieder, der die Vorderbeine auf die Bettkante stellte und züngelte.
    Müde schob sie das Taschentier fort und setzte sich auf. Durch das runde Fenster fiel graues Licht in ihre Kammer. Die Sonne stand noch über den Zinnen der Stadtmauern, und Aldungans Turm badete im milden Winterlicht.
    Ein Brausen erklang von draußen, und allmählich konnte Frafa Stimmen und Schreie ausmachen. Auf den Straßen herrschte Aufruhr, zu einer Stunde, da eigentlich nur Menschen zu stummen Sklavendiensten unterwegs sein sollten.
    Frafa schwang die Beine über die Bettkante und lief zum Fenster. Balgir brachte seinen Schwanz in Sicherheit, huschte unter das Bett und äugte von dort aus zu ihr empor.

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