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Der Tag der Rache. Private Berlin

Der Tag der Rache. Private Berlin

Titel: Der Tag der Rache. Private Berlin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Patterson , Mark Sullivan
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das war es nicht.
    Mattie wusste, wie Parkinson aussah. Ihre Mutter war daran gestorben. Der Tremor dieses Mannes war anders, was ihr komisch vorkam. Dennoch empfand sie Mitleid mit dem älteren Herrn, als er seine Aktentasche entgegennahm und den Pförtnern seinen Besucherausweis zurückgab.
    Mattie konnte sein Gesicht nicht sehen, doch aus einem unerklärlichen Grund blickte sie ihm hinterher, als er den Bürgersteig entlangschlurfte, bevor sie den Pförtnern ihre Dienstmarke und ihren Ausweis zeigte und ihre Waffe abgab.
    Sie ging übers Gelände zum Lesesaal, wo sie eine der Angestellten fragte, wie sie am besten an die Unterlagen eines ostdeutschen Waisenhauses mit dem Namen Waisenhaus 44 gelangen könnte.
    Die Angestellte runzelte die Stirn und ging zu einer Kollegin. »D ie Unterlagen hat bereits ein anderer Besucher auf dem Tisch«, sagte sie, als sie zurückkam.
    Überrascht überflog Mattie den Lesesaal mit ihrem Blick. »W elcher?«
    »U nser Grundsatz ist, keine…«, begann die Angestellte nervös.
    Mattie beugte sich über den Schalter und zeigte ihre Dienstmarke. »W ir ermitteln in einem Mordfall«, unterbrach sie leise. »W elcher?«
    Die Angestellte zog die Augenbrauen zusammen und deutete zu einem Tisch hinten links. »D ort saß er, aber dann ist er in den Mikrofilmraum gegangen.«
    »W ie sieht er aus?«, wollte Mattie wissen.
    »E in älterer Mann. Ein Professor aus Heidelberg, glaube ich. Er hat Parkinson. Sie können ihn nicht übersehen.«
    »I st schon passiert«, stöhnte Mattie. »H aben Sie die Kartons angefasst, nachdem er gegangen ist?«
    »E r trug Baumwollhandschuhe, wenn es das ist, was Sie meinen«, erwiderte die Angestellte. »D a kommt doch keiner drauf, dass er jemanden umgebracht hat. Geht ja wohl auch schlecht. Er hat Parkinson. Das hat er mir selbst gesagt. Ich glaube nicht, dass dieser alte Mann einer Fliege was zuleide tun könnte.«

46
    Ich versuche, nicht zu hyperventilieren, während ich mit dem Wagen ein gutes Stück vom Bundesarchiv Richtung Osten fahre und mir schließlich die Perücke vom Kopf reiße.
    Ich habe die Frau an der Pforte des Bundesarchivs erkannt. Es war dieselbe, die ich mit dem großen Glatzkopf vor dem Schlachthaus gesehen habe. Und auf Christophs Festplatte befanden sich Dutzende von Fotos mit ihr. Sie heißt Mattie Engel. Sie und Christoph waren zusammen, ich glaube auch verlobt. Sie und Christoph arbeiteten für Private. Sie hat einen Sohn, Niklas.
    Sie sucht nach mir, was mich völlig nervös macht. Doch da ist noch mehr. Ihr Gesicht– ja, Mattie ähnelt meiner Mutter, und das macht mich wütend.
    Einen Moment lang bekämpfe ich den Drang, mein gesamtes Geld zu schnappen und aus Berlin und Deutschland zu verschwinden. Südamerika? Nein, komme ich mit wachsender Wut zu dem Schluss, die Schlampe wird nichts finden. Aus dem Bundesarchiv habe ich alle Unterlagen mitgenommen. Es ist, als hätten Christoph und die anderen nie existiert. Auch ohne Masken sind sie in der großen, weiten Welt so unsichtbar, wie ich es bin.
    Zehn Minuten später stelle ich mein Audi Coupé in der Garage zwischen dem weißen Kastenwagen und dem Mercedes ab. Als ich mir sicher bin, dass mich niemand sieht, steige ich aus und klettere hinten in den Ladebereich, wo ich mich abschminke.
    Ich habe noch einige Stunden zu arbeiten. Kunden und Geschäftspartner treffen. Ich muss vorzeigbar sein. Doch während ich in den Rückspiegel sehe, fällt mir Mattie Engel wieder ein. Die in mir aufsteigende Nervosität hat mir über die Jahre gute Dienste geleistet. Christoph war mit ihr befreundet gewesen. Selbst wenn sie ihre offizielle Beziehung beendet hatten, muss sie noch Gefühle für ihn hegen, was heißt, sie hat allen Grund, mir nachzustellen. Und das wiederum heißt, dass sie gefährlich ist– sehr, sehr gefährlich.
    Und deswegen, meine Freunde, beschließe ich hier und jetzt, dass ich, wenn die Zeit es verlangt, auch Mattie Engel unsichtbar machen muss. Doch bis dahin muss ich mich um andere Menschen kümmern, Menschen, die mich erkennen und mir die Maske vom Gesicht reißen könnten.

47
    Der kleine Hein Wagner drehte eine erloschene Zigarre zwischen den Lippen, während er Daniel Brecht und Jack Morgan mit zusammengekniffenen Augen ansah. »S ie glauben, es gab eine Absprache?«, fragte er mit rauchiger Stimme. Der kleine Hein, ein Liliputaner, war Schwarzmarktbuchmacher und hatte jahrelang für Brecht als Informant gearbeitet. Jetzt saß er zur Mittagszeit mit Brecht und

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