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Der Tag der roten Nase

Der Tag der roten Nase

Titel: Der Tag der roten Nase Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mikko Rimminen
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das Ziel, daran war nichts zu ändern, auch wenn ich längst wieder befürchtete, dass etwas schiefgehen könnte. Ich fuhr nach rechts, wo sich der eigentliche Parkplatz befand, ein längliches, schneeweißes Rechteck, das sich in die Schneise schob, und auf dem etwa zwanzig Autos standen, die ebenfalls irgendwie ernst aussahen. Ich brachte das meine zwischen zwei geländefahrzeughaften Brocken unter und blieb erst mal sitzen. Vor mir tat sich der Friedhof auf. Schön war er, von leuchtendem Neuschnee bedeckt, im Sonnenschein unter blauem Himmel, nun war er tatsächlich wie blitzblank gewischt, der Himmel, als wollte jemand der würdevollen und traurigen Zeremonie, die beängstigend kurz bevorstand, die Ehre erweisen. Aus der Ferne schwebte noch eine Prise Schnee heran, um den melancholischenTag zu überzuckern, große, langsame Flocken, die wie Asche vom klaren Himmel segelten.
    Lange saß ich so da. Die ausgelaugten Digitalziffern der Uhr am Armaturenbrett sprangen mit leisem Ticken um. Es war noch gut eine Viertelstunde Zeit, aber als die Wärme sich aus dem Auto stahl und die Scheiben beschlugen, zwang ich mich zum Aussteigen. Ich ging zu dem flachen Verwaltungsgebäude neben der Einfahrt, davor stand ein Schild mit Wegweiser und Lageplan. Eine Zeitlang starrte ich darauf, ohne auch nur eine einzige Wegbiegung zuordnen zu können. Der Schnee röstete bereits meine Zehen in den leichten Schuhen, und alles in allem hatte ich das Gefühl, eine Entscheidung fällen oder wenigstens einen Gedanken formen zu müssen, und zwar schnell. Ich wollte nicht vorzeitig in die Veranstaltung platzen.
    Langsam ging ich los. Der Schnee unter den Füßen knirschte genauso wie mein Nacken und mein Rücken in der Kälte. Im Fenster des Verwaltungsgebäudes goss eine sehr nach Verwaltung aussehende weibliche Person eine vermutlich bis zur Decke reichende Euphorbia und sah mich zu lange an. Flink bog ich nach rechts ab, in einen Weg, der tiefer in das eigentliche Friedhofsgelände hineinführte. Weil mir die Sonne direkt in die Augen schien, konnte ich nur schwer ausmachen, was mich erwartete, aber es war immerhin erkennbar, dass am Ende des Weges blendend weiß ein großer, eckiger Komplex leuchtete, von dem man natürlich leicht ahnte, dass es sich um die Kapelle handelte, da keine weiteren Gebäude zu sehen waren.
    In dem Augenblick begriff ich, dass das Etwas, dasjenige, das da im Fenster zwischen Frau und Pflanze gehangen hatte,eine Uhr gewesen war, genau, eine runde Uhr, eine große, gewöhnliche Behörden-und-Schul-Uhr: Sie hatte eine vollkommen falsche Zeit angezeigt.
    Für einen Moment blieb ich stehen und verschnaufte. Dann musste ich umkehren, fast wie unter Zwang, um mich zu vergewissern, es half nichts, ich musste nachsehen, auf der Uhr, was sie anzeigte. Auf merkwürdig zwiegespaltene Weise stapfte ich weiter, weil meine Beine zwar vorwärtsstrebten, sich gleichzeitig aber auch sträubten, aus irgendeinem Grund schien das rechte Bein eher das willfährige und das linke das unwillige zu sein, womöglich hatte das etwas mit den Gehirnhälften zu tun, ich weiß es nicht, aber mit Sicherheit kam ein ziemlicher Krüppelgang dabei heraus, nicht dass die Leute dort nichts Besseres zu tun gehabt hätten, als mir beim Latschen zuzugucken, aber mir war es unheimlich, alles zusammen, und vor allem das mit der Uhr, das sich als so kompliziert erwies, wie es komplizierter nicht ging; die Uhr im Verwaltungsgebäude zeigte Viertel nach, die Uhr im Auto meines Sohnes hatte Viertel vor gezeigt, und als ich auf meine Armbanduhr blickte, stand sie auf fünf vor.
    Ich rannte los, oder was heißt rannte, auf einem Friedhof rennt man nicht, aber soweit es eben möglich war, lief ich, so, dass es gerade noch an Gehen erinnerte. Dann stand ich auch schon vor der Kapelle; als solche erkannte man sie zumindest an dem riesigen Kreuz, das mitten auf einem karikaturhaften, stirnartig nach vorne ragenden Gebilde oberhalb der Fenster stand. Ich stützte mich zunächst an der Ecke der Kapelle ab und pumpte Atemwolken in die Luft. Kurz driftete ich aus der aktuellen Hektik anderswohin ab und fand es fast entspannend, die eigenen Wölkchen zu betrachten, wie siezum Himmel aufstiegen und abwechselnd von Sonnenstrahlen und träge schwebenden, ursprungslosen Schneeflocken durchstochen wurden.
    Dann, gerade als ich mich wieder auf weitere Beeilung eingestellt hatte, löste sich alles – wenigstens für kurze Zeit – wie von selbst.
    Irgendwo hinter mir

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