Der Tag Des Falken
Flugzeug mindestens eine Meile weit weg, sonst knall' ich das Arschloch ab!«
Er stand an der Bordwand, benützte die Kleine auf seinem Arm weiter als Schild und zielte mit seiner Tokarow auf den im
Meer treibenden Scott. Nachdem er sich mit einem raschen Blick davon überzeugt hatte, daß das Schlauchboot nicht näher herankam, wandte er sich wieder dem im Wasser keuchenden Mann zu, dessen Hand mit der Waffe erbärmlich zitterte. »Hey, du dort unten, weg mit der Pistole, sonst knall' ich dich ab!«
Plötzlich zitterte die Hand mit der Waffe nicht mehr. Der Mann stemmte sich mit einem kräftigen Beinscherenschlag fast einen halben Meter aus dem Wasser und drückte einmal, zweimal, dreimal nacheinander ab. Runoz krachte mit zwei Kugeln in der Brust und der rechten Schulter rücklings aufs Deck.
Er ließ die Kleine fallen und griff sich mit der freien linken Hand an seine blutende Schulter. Scott hatte unterdessen das Heck des sinkenden Sportboots erreicht und war dabei, an Bord zu klettern, als Runoz ihn sah und seine Pistole hob. Scott war keine drei Meter von ihm entfernt — ein Ziel, das selbst der sterbende Runoz nicht verfehlen konnte.
So sah Scott sich Runoz gegenüber, der mit einer großkalibrigen, mörderisch aussehenden Schußwaffe auf ihn zielte. Ihm blieb keine Zeit mehr, auszuweichen oder sich auf Runoz zu stürzen. Dann fielen Schüsse. Scotts Körper zuckte, seine Pistole fiel über Bord, und er klatschte ins eisige Wasser zurück, in dem ihn die ewige Nacht des Todes erwartete...
Aber die Nacht kam nicht. Sein Verhalten war eine reflexartige Reaktion auf ein erwartetes Ereignis gewesen. Als er wieder auftauchte, stellte er zu seiner Überraschung fest, daß er noch lebte. Er zog sich wieder an der Bootswand hoch und kletterte an Bord. Der Schmuggler, dessen Oberkörper von zwei Dutzend M-16-Geschossen durchsiebt war, hing über der Steuerbordreling. Auch die mit dem Schlauchboot kaum dreißig Meter entfernten Hammerheads hatten ihr Ziel nicht verfehlen können.
Bis Scott sich wieder an Bord des Sportboots gezogen hatte, war das Schlauchboot heran, und seine Besatzung enterte das tief im Wasser liegende Chris Craft. Die Männer suchten rasch Schwimmwesten für die Kinder zusammen und verfrachteten sie ins Schlauchboot, das sie zur Sea Lion bringen würde. Scott war inzwischen unter Deck verschwunden und ka m wenig später mit einer umgehängten Wolldecke und zwei großen braunen Päckchen in den Händen wieder herauf. Bennett kam ihm an Deck entgegen. »Alles okay, Scotty?«
»Mir ist verdammt kalt, aber sonst ist alles in Ordnung. Sieh dir das an: In den Seitenkästen liegen mindestens hundert solcher Päckchen, und zwei Glasfaserbehälter sind noch gar nicht ausgepackt. Dreihundert Kilo Kokain - im Handelswert von viereinhalb Millionen Dollar.«
»Wir schaffen eine tragbare Pumpe von der Sea Lion rüber und versuchen, den Kahn über Wasser zu halten, bis die Coast Guard da ist und den Stoff übernimmt«, sagte Bennett. Sie beobachteten, wie die Kinder das Schlauchboot für die Fahrt zur Sea Lion bestiegen.
»Mein Gott, was für Verbrecher mißbrauchen Kinder, um ihre Schmuggelware durchzubringen?«
»Ein wirkungsvoller Trick«, meinte Scott. »Diesmal haben wir noch Glück gehabt. Hätte der Kerl nicht das Leuchtfeuer gerammt, hätten wir ihn wahrscheinlich nie gefaßt. Aber wenn ich ans nächste Mal denke...«
Die Seagull war von McLanahans Team wieder an Bord genommen worden. Shark Two-Six, die von Sandra Geffar geflogene AV-22, hatte die Verfolgung übernommen.
Seit der Ablösung der Drohne hatten sie drei weitere Abwürfe auf See beobachtet und weitergemeldet. Die Schmuggler in dem Flugzeug ließen sich durch das Auftauchen von Geffars Maschine nicht im geringsten stören. An den Fenstern auf der linken Rumpfseite sah Geffar winkende Kinder.
Geffar ließ nichts unversucht, um den Piloten wenigstens zum Abdrehen zu veranlassen: Warn schüsse mit der Revolverkanone und einer Sea Stinger, Flug in enger Formation, mit M-16 bewaffnete Männer an der Frachttür der Sea Lion. Der Schmuggler wich etwas aus, wenn der Abstand zwischen ihren Flugzeugen sehr klein wurde, ging dann aber sofort wieder auf Kurs und war nicht von der Küste abzudrängen...
Fast als habe Hardcastle Geffars Gedanken und Zweifel erraten, fragte er auf der abhörsicheren Frequenz an: »Two-Six, Ihr Status?«
»Weiter in enger Formation mit Ziel eins.«
»In ungefähr drei Minuten erreicht ihr die Küste«, teilte
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