Der Tag Des Falken
Rückenlehne des erhöhten Sitzes für den Steuermann, während das Boot durchs schlammige Wasser raste. Der Mann am Bootsbug hatte eine Schrotflinte in der rechten Armbeuge und hielt sich mit der linken Hand fest. Der Junge konnte entführt worden oder ein unschuldiger Verwandter der Schmuggler sein, der sich zu einer Bootsfahrt hatte einladen lassen, ohne zu ahnen, daß er als lebender Schutzschild gegen die Hammerheads mißbraucht werden würde.
Sobald eine größere freie Wasserfläche vor ihnen lag, ging Geffar bis auf drei Meter über das Luftschraubenboot hinunter. Es geriet fast außer Kontrolle, weil die Rotorstrahlen der Sea Lion seine Steuerflächen trafen. Der Steuermann rief dem Bewaffneten etwas zu, der prompt seine Schrotflinte hob, rasch zielte und auf die Sea Lion schoß...
»Nein!« rief Geffar und wich nach links aus, als der Mann gerade abdrückte. Sie spürte einen heftigen Schlag irgendwo rechts hinter dem Cockpit der AV-22, stieg sofort um einige hundert Fuß und überprüfte ihre Instrumente. »Rechten Flügel kontrollieren«, verlangte sie über die Bordsprechanlage. Eines der vier Besatzungsmitglieder blickte aus dem Fenster neben der Frachttür.
»Ich sehe ein paar große schwarze Flecken auf der Flügelunterseite und an den Klappen«, lautete seine Meldung. »Aber das Triebwerk scheint in Ordnung zu sein, und ich sehe keine Flüssigkeiten austreten.«
»Gut, die Maschine fliegt einwandfrei... wir bleiben also dran.«
Sie kurvte nach rechts, fand das Luftschraubenboot wie der und schloß allmählich zu ihm auf. »Hey, ich sehe den Jungen nicht mehr!«
sagte sie dann plötzlich. »Er hat hinter dem Steuermann gestanden und sich am Sitz festgehalten. Jetzt ist er ver-
schwanden. Er muß über Bord gefallen sein...« Geffar ging abrupt in den Schwebeflug über. »Schlauchboot klarmachen. Zwei Mann Besatzung. Ich will, daß der Junge gefunden wird.« Sie ging langsam aufs Wasser hinunter und öffnete die Heckrampe. Keine fünf Minuten später hatte die Sea Lion das Luftschraubenboot wieder eingeholt.
»Siehst du ihn irgendwo auf dem Boot?« fragte Geffar ihre Kopilotin.
»Negativ.« Herndon beobachtete mit heruntergeklapptem Te-
leskopvisier das unter riesigen Magnolien verschwindende und wieder auftauchende Luftschraubenboot. »Er ist wirklich nicht mehr an Bord.«
»Two-Six, hier Boot eins«, funkte einer der beiden abgesetzten Männer. »Wir haben ihn gefunden, ihm scheint weiter nichts zu fehlen...«
Geffar wählte den Waffenbehälter mit der Revolverkanone, wartete einige Sekunden, bis er ausgefahren war, aktivierte das Ringvisier und betätigte den Wahlschalter WARNING/TARGET.
Dann zentrierte sie das Visier auf das Luftschraubenboot und überließ die Nachführung dem Infrarotsensor im Bug der AV-22, um sich ganz aufs Fliegen der Maschine konzentrieren zu können.
Nachdem sie weitere dreißig Fuß gestiegen war, um in sicherer Höhe über den Bäumen zu sein, drückte sie auf den Feuerknopf der Revolverkanone.
Aus zunächst unerklärlichen Gründen schlug die Geschoßgarbe aber nicht wie vorgesehen fünfzig Meter vordem Boot ein, sondern die 30-mm-Geschosse durchsiebten das Luftschraubenboot mittschiffs. Der Motor explodierte in einem hellgelben Feuerball; das Boot überschlug sich mehrmals, wobei der Glasfaserbehälter und einer der Schmuggler durch die Luft flogen. Der auf seinem Sitz angeschnallte Steuermann wurde von dem explodierenden Motor buchstäblich zerfetzt und klatschte ins Wasser, als das brennende Boot sich überschlug.
»Shark, hier Two-Six«, funkte Geffar, »gegenwärtige Position für Customs aufzeichnen. T/iel angegriffen und vernichtet.« Als sie die Revolverkanone sicherte, zeigte sich, daß der Wahlschalter WARNING/TARGET in Stellung TARGET geblieben war.
Geffar schluckte schwer, legte den Schalter auf WARNING um und fuhr fort: »Ich fliege zurück, um einen Überlebenden und mein Schlauchboot aufzunehmen. Ende.«
Als Geffar in Alladin City landete, stand dort ein Krankenwagen bereit, aber der Junge, der vom Luftschraubenboot gefallen und aus den Marschen gerettet worden war, konnte ohne fremde Hilfe zum Wagen gehen. Geffar ging zu Whipple, der eine halbe Stunde vor ihr mit sechs Kindern an Bord gelandet war. Whipple lag auf der offenen Heckrampe der AV-22 und ließ seine durchschwitzte Kombi in der Sonne trocknen.
Hardy und die restliche Besatzung halfen der Bodenmannschaft, die Sea Lion wieder flugklar zu machen.
»Alles okay, Whip?« erkundigte
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