Der Tag Des Falken
an der Durchführbarkeit dieses ehrgeizigen Plans. Und er kämpfte gegen den Schlaf an, während er auf seinen Radarhöhenmesser starrte und die Fluglage der Maschine kontrollierte.
Nach dem anstrengenden Elfstundenflug von Mexiko nach Kolumbien hatte er nur fünf Stunden lang geschlafen, bevor sie nach dem Abendessen wieder losgeflogen waren. Der kurze Zweistundenflug von Valdivia nach Uribia im Norden Kolumbiens, wo sie nochmals getankt hatten, war dagegen eine Kleinigkeit gewesen: Aus irgendeinem Grund war er hellwach und wachsam wie ein Panther gewesen — und hatte geglaubt, dieser Zustand werde anhalten. Fehlanzeige. Als sie nach drei Stunden Flug kurz vor Haiti waren, spürte er heiße und kalte Schauer über seinen vor Erschöpfung zitternden Körper laufen. Er konnte nicht einschlafen, aber er konnte auch nicht wach bleiben.
Jetzt hatte er das Gefühl, kurz davor zu sein, in ein tiefes schwarzes Loch zu fallen, obwohl er sämtliche bewährten Mittel anwandte, um sich wachzuhalten. Der alte Jagdfliegertrick, sich mit der Zunge am Gaumen zu kitzeln, funktionierte nicht mehr. Die Heizung war längst abgestellt. Über Nacken und Rücken geschüttetes kaltes Wasser schien nicht mehr zu helfen. »Übernimm mal für mich, Jörge«, forderte er seinen Copiloten auf. Der Angesprochene reagierte nicht gleich - offenbar war er nicht weniger erschöpft -, aber dann spürte er die Hand des Copiloten am Steuer. Der Pilot stand auf, um sich die Beine zu vertreten und sich einen Becher Kaffee zu holen.
Hinten stand die rechte Laderaumtür offen, so daß der Lärm des 400-PS-Motors der Cessna Caravan ohrenbetäubend laut war.
Trotzdem schliefen die beiden Besatzungsmitglieder fest und schnarchten so laut, daß sie die Windgeräusche und den Motorenlärm noch übertönten. Als der Pilot in seinem Zorn den ersten Mann, den er erreichte, recht unsanft in die Rippen trat, kippte er wie tot zur Seite, schlug mit dem Kopf gegen einen der Glasfaserbehälter mit Kokain und schrak dann auf, als sei auf ihn geschossen worden.
»Wach auf, Dummkopf!« brüllte der Pilot ihn an. »In ein paar Minuten werfen wir die erste Ladung ab!« Auch der zweite Mann rappelte sich nun auf, rieb sich gähnend das Gesicht und ließ seine Arme kreisen, um wieder in Schwung zu kommen. »Was, zum Teufel, ist los mit euch?«
»Entschuldigen Sie, Teniente«, sagte der erste Mann. »Bis vor ein paar Minuten hat uns nichts gefehlt. Aber jetzt... jetzt sind wir einfach weggewesen. Soll nicht wieder vorkommen.«
»Schlafen könnt ihr nach der Landung. Steckt den Kopf aus der Tür oder zwickt euch, aber pennt nicht wieder, sonst geht ihr mit der Ladung über Bord.«
»Tut mir leid, Teniente. Soll nicht wieder vorkommen. Wir sind bloß...«
»Eure Ausreden interessieren mich nicht! Setzt eure Kopfhörer auf und haltet euch bereit!«
»Sie brauchen uns nicht anzubrüllen, Teniente«, antwortete der Sergeant erregt. »Wir sind seit fast dreißig Stunden im Dienst. Wenn Sie uns gerufen hätten, hätten wir uns auch gemeldet.«
»Schnauze halten und gehorchen, verdammt noch mal!« knurrte der Pilot. »Kein Wort mehr, sonst melde ich euch beide zum Rapport.«
Die beiden Männer, von denen keiner nachgeben wollte, standen einander kampfbereit gegenüber. Aber als die Maschine plötzlich schwankte und steil an Höhe verlor, stützte der Pilot sich an der Laderaumdecke ab, machte kehrt und hastete ins Cockpit zurück.
»Was ist hier los?« fragte er seinen Copiloten.
»Entschuldige«, murmelte der andere. »Ich dachte, der Autopilot sei wieder okay, und hab' ihn eingeschaltet. Wir haben fünfzig Meter Höhe verloren, aber ich habe die Maschine im Griff...«
»Den Teufel hast du!« Der Pilot ließ sich auf seinen Sitz gleiten, schnallte sich an und übernahm das Steuer. »Was geht hier vor, verdammt noch mal? Du weißt genau, daß der Autopilot schon seit Stunden nicht mehr funktioniert. Wir benehmen uns wie gottverdammte Anfänger! Jüan und Manuel haben hinten gepennt, und du...«
»Ich weiß. Ich bin bloß verdammt müde, sonst nichts.«
»Heute nacht hat jeder 'ne Ausrede!«
Der Copilot ging nicht weiter darauf ein. Er beschäftigte sich damit, ihren Standort anhand der Anzeige des LORAN-Empfän-gers zu überprüfen. »Den ersten Abwurfpunkt müßten wir in zwölf Minuten erreichen.«
Der Pilot kontrollierte, ob sie die richtige WET-SNOW-Fre-quenz eingestellt hatten, und drückte dann auf den Rufknopf. Als nach fünf Sekunden keine Antwort kam,
Weitere Kostenlose Bücher