Der Tag Des Falken
Besatzungsmitglieder nun auch die schweren Backbord-MGs in ihren Drehkränzen bemannten.
Als die Suchscheinwerfer der Resolute jetzt den Frachter Nu-mestra del Oro anstrahlten, sah Ehrlich ein Schiff, das um die Hälfte länger als sein Kutter, vermutlich doppelt so alt wie die Resolute und unglaublich heruntergekommen war. Rumpf und Aufbauten waren rostigbraun, Farbe blätterte ab, wo noch Anstrichreste vorhanden waren, und in vielen Bullaugen fehlten die Scheiben. An Deck waren Dutzende von Containern gestapelt, die aber nicht mit dem offensichtlich defekten Ladegeschirr der Numestra an Bord gehievt worden sein konnten.
»Seht euch bloß diesen Seelenverkäufer an!« rief Applegate, der den Frachter durchs Glas studierte. »Welcher normale Mensch würde seine Fracht auf diesem Kahn verschiffen?«
»Das hängt ganz von der Fracht ab«, meinte Ehrlich. »Die Numestra sieht wie ein Mülleichter aus, aber sie ist vorhin fast fünfzehn Knoten gelaufen - sie hat also einige PS unter der Haube.
Hinter dieser Sache steckt mehr, als auf den ersten Blick zu erkennen ist.« Er schaltete auf die Außenlautsprecher um. »Achtung auf der Numestra del Orol Hier spricht die United States Coast Guard. Drehen Sie bei, und halten Sie sich zur Durchsuchung bereit.« Er wandte sich an den Navigationsoffizier. »Standort, Mr. McConahay?«
»Zwanzig Seemeilen draußen, Sir - also in internationalen Gewässern...«
»Bestimmen Sie unseren Standort und tragen Sie ihn als Anhaltepunkt ins Logbuch ein«, befahl Ehrlich ihm. »Mr. Apple-gate.
sorgen Sie dafür, daß unser Standort und unsere Absichten an den Bezirk übermittelt werden. Fordern Sie einen weiteren Kutter an, der so schnell wie möglich kommen soll.« Er machte eine kurze Pause.
»Und beantragen Sie Feuererlaubnis für den Fall, daß die Numestra nicht stoppen will.«
»Ja, Sir.« Applegate setzte seine Hör-Sprech-Garnitur auf und begann, dem Nachrichtenraum diesen Funkspruch zu diktieren.
An der Backbordreling des Frachters drängten sich inzwischen immer mehr Besatzungsmitglieder, die ins Scheinwerferlicht blinzelten und auf spanisch fluchten. In ihren Händen sah Ehrlich einige schwere Werkzeuge, aber bisher keine Waffen. Dann wurden die Seeleute von einem bärtigen Dicken in einem weißen Hemd verjagt, der sich mit einem Handlautsprecher mittschiffs an die Backbordreling stellte und die aufkommende Resolute wütend anstarrte.
Der Mann hob seinen Handlautsprecher an den Mund. »Coast Guard, wir euch nicht wollen an Bord«, sagte er in stockendem Englisch.
»Warum ihr uns stoppen?«
Ehrlich gab keine Antwort, sondern erteilte seinem Rudergänger von der Steuerbordnock aus weiteren Anweisungen, während die Resolute bis auf zehn Meter an den rostigen Frachter heranglitt. An Steuerbord wurden dicke Gummifender ausgehängt, und Matrosen standen mit Bootshaken und Leinen bereit, um die beiden Schiffe miteinander zu vertäuen.
Ehrlich streifte seine Schwimmweste über und griff nach einem Handlautsprecher. »McConahay, lassen Sie nochmals unseren Standort und unsere Absichten übermitteln.« Er wandte sich an Applegate: »Dick, Sie übernehmen den Befehl an Bord. Ich gehe rüber, um mit dem Kapitän zu sprechen.«
»War's nicht besser, auf den anderen Kutter zu warten?«
»Bis der kommt, kann's morgen früh sein«, antwortete Ehrlich, während er seine kugelsichere Weste anlegte und einen Webgurt mit Taschenlampe, Funkgerät, Handschellen und Stahlrute umschnallte.
»Ich lasse mir den Namen des Kapitäns und das Originalmanifest geben und bin in ein paar Minuten wieder zurück. Mit der Durchsuchung warten wir, bis der andere Kutter da ist. Okay, bis gleich!« Ehrlich wollte die Brücke verlassen.
»Skipper?«
Ehrlich drehte sich um. Applegate hatte den Waffenschrank an der Rückwand der Brücke aufgesperrt und eine Colt-Pis tole Kaliber 45 mit zwei Reservemagazinen herausgeholt. »Hier, die sollten Sie lieber mitnehmen.«
»Ich wollte nur sehen, ob Sie mitdenken.« Ehrlich lud die großkalibrige Pistole durch, steckte sie ins Halfter, überprüfte das Funkgerät und verließ die Brücke.
Das Prisenkommando stand so, daß die Matrosen sich gegenseitig Feuerschutz geben konnten. Hinter je vier mit Pistolen bewaffneten Männern, die an Bug und Heck für Fender und Leinen zuständig waren, befanden sich drei Matrosen mit M-16 in guter Deckung. Ehrlich hob den Kopf und sah zu den beiden MG-Schützen hinauf. Die Läufe ihrer auf den Frachter gerichteten
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